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in 1oo Tagenvon ehemals Deutsch Ostafrika ins frühere Deutsch Südwestafrika(Mauszeiger auf Bild zeigt Bildtitel, unterstrichene u. fett gedruckte Wörter sind weiterführende links) You can use the translator from German to English Seite IV
TanzaniaTreibgut im Wami-Delta:
Irgendwo ganz woanders gab es Niederschläge - der Regenzeit gemäß. Der Wami-River war angeschwollen, über seine Ufer getreten und hatte riesige Flächen überschwemmt. Sollte ich nun alles wieder zurück fahren - und zum zweiten Mal teures Löwenfutter abgeben? Das hieße das Schicksal herausfordern. Ich wage es, zumal ja nur partiell die Straße überflutet ist und das Wasser zunächst nur bis an die Radachsen reicht, gelegentlich auch mal bis über die Räder. So komme ich die ersten Kilometer ganz gut voran, auch noch als die trüben Wasser bis zum Oberrohr reichen. Die halbwegs dichten Packtaschen verleihen den nötigen Auftrieb und das Fahrrad schwimmt sogar, kann aufrecht geführt werden wenn ich durch tiefere Bereiche wate. Zwischendurch auch mal Strecken über trockenen Grund.
Beim nächsten überschwemmten Stück reicht dann auch bald das Wasser bis zum Kinn und ich muß auf Zehenspitzen waten, sehe aber gar nicht weit schon die Straße wieder. Dann schwimme ich eben die letzten 20 oder 30 Meter samt Fahrrad. Dummerweise habe ich jedoch nicht die von der Seite kommende Strömung genug bedacht die jetzt gegen das schwimmende Fahrrad drückt das sich nun auf die Seite legt. Während die Packtaschen voll laufen werde ich von der Flut mitgenommen. Schwimmend, das Rad mit einer Hand hinter mir herziehend erreiche ich die Äste eines aus dem Wasser ragenden Baumes, kann mich mit einer Hand an ihnen festhalten. Wie jetzt weiter? Das Fahrrad gegen die Strömung um den Baum herum drücken Richtung Straße zurück erweist sich als undurchführbar, zumal sich längst Äste und Treibgut verfangen haben.
Zu meinem Glück waren mir zwei junge Männer gefolgt die mich nun von sicherer Stelle leiten wie ich aus dem Schlamassel wieder herausfinden könnte: mit der Strömung zurückschwimmen und versuchen sie zu erreichen. Mit großer Kraftanstrengung gelingt es, die Männer helfen das nun um einige zig Liter Wasser schwerere Fahrrad aus dem Wasser zu zerren. Kurz verschnaufen und wir wuchten die ganze Fuhre zur überfluteten Straße zurück zu einer Stelle an der man sicher stehen kann. Nun zeigen Sie mir wie man Hindernisse solcher Art bezwingt: nämlich entgegen der Strömung an der Untiefe vorbei! So hat man die beste Chance trotz abgetrieben zu werden die Richtung einigermaßen beizubehalten. Doch ein Spaziergang ist das jetzt trotzdem nicht, die beste Möglichkeit muß erst unter Wasser ertastet werden, teilweise versinken wir im Morast oder müssen schwimmen - und zerren zu dritt das Fahrrad mit, schieben mit letzter Kraft durch Schlamm, über oder unter Baumstämmen, Treibholz usw. hindurch. Diese schwierige Strecke haben wir irgendwann bewältigt, einer der Männer begibt sich auf den Rückweg, während David mich auch noch bei einem ähnlichen Wegstück tatkräftig unterstützt. Irgendwann sind wir dann endlich auf sicherem Gebiet, nur noch gelegentlich ist die Straße überflutet, doch die schlimmste Strecke ist überstanden.
Hatte den größten Teil der Strecke ohne Schuhe zurück gelegt aus Furcht diese könnten dabei ganz aufweichen und den Geist aufgeben. Habe nun an den Beinen viele Schrammen und Kratzer, in den rechten Fuß auch irgendetwas eingetreten. Verloren habe ich bei diesem Parkour nur die beiden Wasserflaschen die der Auftrieb aus ihren Halterungen drückte, alles andere war mittels Gurten und Spanngummies ausreichend gesichert. Schlimm jedoch daß die professionelle Kameraausrüstung (Nikon D3 mit zwei Vario-Optiken), Netbook, Smartphone, das einfache Zweittelefon sowie der Metalldetektor komplett geflutet sind. Das trübe Wasser das überall herausläuft gibt wenig Anlaß zur Hoffnung daß irgendeines der Geräte nach dem Trocknen wieder funktionieren wird. Irgendwo auf trockenem Land abseits der Straße breite ich meine gesamte, umfangreiche Ausrüstung zum Trocknen aus, baue auch das Zelt fürs Nachtlager. Am nächsten Morgen habe ich bei Verlassen des Zeltes einen mächtigen Krampf in einem Bein, beim Strecken stütze ich mich auf das vordere Zeltgestänge welches durchbricht, später provisorisch repariert wird. Ein Massai treibt seine Rinder vorbei, bittet um etwas Wasser. Fast den ganzen Tag verbringe ich damit alles zu drehen und zu wenden, mache bei der Gelegenheit gleich mal Inventur und staune wieviel Zeug ich mit habe... Als erstes nimmt der einfache Tachometer seinen Dienst wieder auf, wenn auch der Kilometerzähler genullt ist und die Digitalanzeige noch lange beschlagen bleibt. Es geht weiter nach Mtoni, an der Kreuzung zur Hauptstraße falle ich erst einmal in ein Restaurant ein! Die Bedienung liegt faul herum, ist wie üblich ignorant und unfreundlich. Sämtliche Bewegungen der Frau laufen in slow motion ab, ein blaues Auge hatte sie sicherlich nicht umsonst bekommen. Bestelle mein Bier wie immer selbst an der Bar, ebenso das Essen. Die Straße nach Bagamoyo wird ausgebaut, überquere den Fluß Ruvu, es ist nicht mehr allzu weit und ich komme am späten Nachmittag in Bagamoyo an. Checke in der schönen "Marynice Place Lodge" unweit des alten Forts ein. Zimmerpreise zwischen 30.000-35.000 Shilling, doch gibt es auch günstigere? Auf die Frage: "wie günstig" meine ich: 15.000. Dafür bekomme ich dann ein Zimmer im Obergeschoß, es ist eine furchtbare Schinderei bis das schwere Fahrrad die enge Treppe hochgewuchtet und mit im Zimmer ist. In der Nacht regnets stark und ich muß an David, seine Familie und an die anderen Bauern im Wami-Delta denken. Wie sie wohl die nächste Zeit überstehen? Breite im Zimmer wieder Teile meiner Ausrüstung zum Trocknen aus, so unter anderem die 5 Eisenbahn-Bücher aus Mombo, meine ganzen Papiere, Landkarten - und die Technik. Ein Ventilator an der Decke sorgt für die nötige Luftbewegung. Als nächstes - und letztes - funktioniert auch das alte Nokia-Telefon wieder, irgendwann erkennt es sogar (bis auf häufige Aussetzer) die Speicherkarte, kann somit die offline-Landkarten wieder nutzen. Leider ist die 5-Megapixel-Telefon-Kamera beschädigt und somit nur noch sehr trübe Aufnahmen möglich. In der lodge gibt es sogar seltenes w-lan das diesen Tag funktioniert, kann über whatsapp meinen Verwandten und Freunden Nachricht senden. Bagamoyo hat viel alte Bausubstanz, einiges nur noch Ruinen. Versuche lange vergeblich eine halbwegs brauchbare Ersatzkamera zu bekommen. Die einzige Möglichkeit nach stundenlangem Abklappern der Läden des ganzen Ortes versucht mir der Betreiber eines Elektroladens seine einfache, alte, klapprige Nikon DX Spiegelreflex-Digitalkamera mit Standardobjektiv 18-55 anzudrehen. Der Preis ist mit 700.000 Shilling unangemessen hoch, wer weiß wie alt der Akku ist - und ich verzichte. In der Nähe meines Quartiers eine Reihe Bars und ich komme mit einem jungen Mann mit Rasta-Look ins Gespräch. Der hat unübersehbar teilweise indische Wurzeln, arbeitet als tourguide für Touristen, raucht fleissig seine Tüten (als ich ihn am nächsten Tag wieder treffe ist er total hibbelig - wahrscheinlich Entzugserscheinungen). Trinke drei Serengeti, eine der Bierflaschen zischt beim Öffnen nicht (Flaschen werden generell im Beisein des Kunden geöffnet damit dieser sicher sein kann daß dem Getränk nichts beigemischt ist - wie etwa Gift oder sogenannte KO-Tropfen!), schmeckt auch eigenartig. Gebe das Bier zurück, die Verkäuferin guckt komisch, gibt mir jedoch ein neues. Arabischer Friedhof
Obwohl es in der "Marynice Place Lodge" sehr unpersönlich zugeht entschließe mich eine zweite Nacht hier zu verbringen (bei der Schlüsselabgabe und dem checkout schaut mich der Hausherr nicht mal an). Bei einer Schule nahe des alten Forts gibt es leckeres Wasserfruchteis für 200 Shilling, hier mache ich natürlich öfter Halt. Unterhalte mich mit dem Lehrer Luben der nebenan wohnt, mir sogar mal zwei Eis spendiert. Es ist angenehm sich einmal wieder mit einem gebildeten Menschen auf Englisch zu unterhalten - die einfachen Menschen auf dem Lande sprechen meist nur Kisuahili. Schenke ihm eine Sammlung deutscher Kinderlieder mit Noten, alles nach der Flutung aufwändig getrocknet. An einem Tag tauen alle Kühltruhen auf und das Eis ist hin. Im Ort rattern die Notstromaggregate weil es wieder einmal einen der häufigen Stromausfälle gibt. Somit ist im Quartier auch kein w-lan. Die beiden Steckdosen im Zimmer (normalerweise gibt es in Afrika höchstens eine Steckdose die selten Strom gibt) funktionieren nicht, die beiden Steckdosen im Hof sind belegt. Somit ist das Laden meines Telefones einmal wieder nicht möglich. Das letzte Mal gelang es mir im Hotel in Korogwe alle meine Akkus zu laden - wenn mich das auch eine schlaflose Nacht kostete. Jedenfalls nehme ich auf meine nächste Afrika-Tour einen Phasenprüfer mit! Deutscher Friedhof am Strande des Indischen Ozeans (2018 noch einmal komplett fotografiert, siehe hier). Der Text auf einer Tafel:
Der Text mag zwar "politisch korrekt" sein, doch gibt er keinerlei Auskunft wie die meisten Deutschen hier seinerzeit ihr Leben verloren. Die Angehörigen der Schutztruppe werden kaum eines natürlichen Todes gestorben sein. Man verschweigt einen Zusammenhang mit dem sog. Araberaufstand, ebenso ob diese Menschen im Kampf gefallen sind (immerhin geben hierüber zwei der Grabinschriften Auskunft) - oder hinterrücks ermordet! Deutsche als Opfer? Das kann und darf nicht sein, schon gar nicht während des heute zu einem Befreiungskampf hochstilisierten Aufstandes den man auch gleich noch zu einem Volksaufstand umdeutet.
Wie allerdings die Grabstätte des District Commissioner Bamphilde auf den deutschen Friedhof kommt bleibt unklar, zumal auch kein zeitlicher Zusammenhang besteht.
Denkmal für während des Araberaufstandes verurteilte und gehängte Anhänger Buschiris:
Ein weiteres Beispiel für die Umdeutung damaliger Geschehnisse ist ein Denkmal für mit der Todesstrafe verurteilte Aufständische. Diese werden nun sogar bereits als Revolutionäre bezeichnet! Kein Wort über ihre Taten und die Gründe ihrer Verurteilung. Statt dessen wird einmal wieder der Eindruck erweckt daß Deutsche überall wahl- und grundlos Menschen massakrierten!
Altes Fort (2018 noch einmal komplett fotografiert, siehe hier): Als ursprünglich 2stöckiger Wohnturm wahrscheinlich von Abdallah Selemani Marhabi erbauen lassen ist es das älteste noch existierende Steingebäude Bagamoyos. Um 1856 wurde durch den Sultan Majid von Sansibar ein Fort darum errichtet, dieses gelangte 1890 in den Besitz des Händlers Sewa Haji. 1894 übernahm den Gebäudekomplex die deutsche Verwaltung und nutzte ihn als Garnison der Schutztruppe. Nach dem Ersten Weltkrieg von den Engländern in ein Gefängnis umgewandelt wurde er nach der Unabhängigkeit Polizeistation und Internat.
Um das Fort besichtigen zu können knöpft man mir 20.000 Shilling ab (schwarze Besucher brauchen nichts zu bezahlen)! Da wird man als armer Wanderer nur weil man nicht die richtige Hautfarbe hat gnadenlos abkassiert, muß diesen ganzen Betrieb alleine finanzieren. Also wieder einmal die übliche Wegelagerei. Das Fahrrad vor der Museumsverwaltung abgestellt wäre dort angeblich sicher. Ein junger Mann führt mich ungefragt durch die völlig leeren, staubigen, verfallenen Anlagen und leiert die geschichtlichen Eckdaten herunter die man auch aus dem Internet bekommen kann. Als ich zufällig mal aus dem Turm herunter zu meinem Fahrrad blicke sehe ich 4 der Museumsangestellten an meinem Fahrrad und der Ausrüstung herumfummeln!
Historische Bauten und Ruinen in der Altstadt (2018 noch einmal komplett fotografiert, siehe hier):
Natürlich kommt mal wieder einer angescheißert und meint ich brauche eine kostenpflichtige Genehmigung zum Fotografieren. Den herrsche ich an, meine daß ich in dem blöden Fort gerade 20.000 bezahlen mußte und daß das wohl mehr als genug sei. Da ist er still.
Boma / Bezirksamt (2018 noch einmal komplett fotografiert, siehe hier): Dieses Gebäude wurde zwischen 1895 und 1897 gebaut und diente bis zum ersten Weltkrieg als Amtssitz der deutschen Bezirksverwaltung. 2009 wurde mit Renovierungsarbeiten begonnen, seitdem befindet sich die Anlage in diesem Zustand.
Hafen am Fischmarkt:
Hafen, früheres Zollamt (2018 ebenfalls noch einmal fotografiert, siehe hier):
In Bagamoyo stelle ich fest daß die teure Manitou-R7-Federgabel nach vielleicht 1000 km ihren Geist aufgegeben hat! Die Feststellung funktioniert auch nicht lange, so habe ich nicht nur keine 120 mm Federweg mehr sondern muß nun die nächsten paar tausend Kilometer auch noch 120 mm tiefer gelegt fahren. Was das für die Haltung, Fahrkomfort, Straßenlage usw. bedeutet kann sich mancher sicherlich vorstellen. Dar es Salaam erscheint wie eine riesige Kleinstadt mit ein paar Hochhäusern im Zentrum wo natürlich die Banken, Energie- und Telekommunikationskonzerne residieren. Extrem viele Menschen, hektischer Verkehr, extrem dreckig, überall Müll, Gestank und Lärm, der Zustand der Straßen katastrophal. Völlig unverständlich wie ein Gemeinwesen so herunterkommen kann. Habe keinen Bedarf irgendwo zu verweilen. Die Stadt - immerhin die frühere Landeshauptstadt - eine Ansammlung von Ramschläden mit Billigprodukten und Plagiaten aus China. Kaufe immerhin ein neues Smartphone, doch ist dafür keinerlei Hülle, Zweitakku oder auch nur eine Displayschutzfolie zu bekommen. Stabiles Internet gibts ebenfalls nicht, somit auch keine Möglichkeit einige Apps oder offline-Karten aufzuspielen. Einen Akku mal richtig zu laden auch hier unmöglich - kaum hat man sich mal umgedreht hat der nächste Idiot das Ladegerät wieder aus der Steckdose gezogen! Das ist mir bisher fast jedesmal passiert. Eine brauchbare Ersatzkamera zu bekommen ebenfalls Fehlanzeige. Fahre stundenlang von einem Geschäft zum anderen, das einzige was nach langem Suchen zu bekommen wäre sind völlig überteuerte, abgegriffene Ladenhüter wie etwa Nikon D5200 und D5300.
Habe in Daressalaam einen ganzen Tag verloren, nichts als Streß u. Ärger gehabt. Als ich am Abend die Stadt verlasse fängt es auch noch an zu regnen, und zwar richtig! Wolkenbruchartig und stundenlang. Stelle mich außerhalb der Stadt unter ein Vordach, doch der Wind drückt den Regen darunter sodaß ich samt Fahrrad bald total nass bin. Zum Glück läßt die schwangere Verkäuferin eines Getränkeshop ihren Laden länger offen sodaß ein paar Leute und ich dort im Trocknen sitzen können. Da die Männer natürlich eine Menge Bier und Schnaps während der langen Wartezeit trinken wird es zwischenzeitlich auch mal ungemütlich wenn die Unterhaltung zu laut wird und die Stimmung umschlägt. Doch hinaus zurück in den Regen ist eine schlechte Alternative. Draußen staut sich der Verkehr. In der Dunkelheit wäre mein Fahrrad eine leichte Beute, unmöglich bei diesem Unwetter jemanden zu verfolgen.
Als der Regen endlich nachläßt reihe ich mich in die Reihe der aus der Stadt strömenden Fußgänger ein, nach mehreren Kilometern baue ich dann neben einem Fabrikgelände auf einer leicht erhöhten Stelle im hohen Gras mein Zelt auf. Alles ist nass, esse noch eine Büchse Fisch und trinke ein Tütchen Schnaps. Auch in der Nacht regnet es noch mehrfach. Am nächsten Morgen sehe ich sogar mal einen Rennrad-Fahrer, dann einen Jogger. Die Bauern sind mit Brandrodung beschäftigt, oft wird Holzkohle in Erdmeilern hergestellt. Stromleitungen werden an bereits stehende Masten montiert. Strom gibt es hier südlich von Daressalaam noch nicht, somit auch kein kaltes Bier, nur warmes! In Mwalusembe Village werde ich vom Betreiber eine Bar zum familiären Mittagessen eingeladen. Gegessen wird mit Fingern, der Maisbrei zu kleinen Bällchen geformt die man in Sauce mit kleinen Fischchen oder in Gemüse tunkt. Es ist ein schönes Erlebnis mit Joseph und seiner Familie.
An der Straße sind Mangos zum Verkauf aufgeschichtet, am Hause dicht dabei kaufe ich dann für 800 Shilling zwei. Eine Frau, ein Mann, der Großvater und viele Kinder hier, alles spielt sich auf dem Boden vor dem Haus ab.
Die Sonne kommt heute gar nicht heraus, dunkle Wolken sind schon lange zu sehen, in Bungu beginnt es sich einzuregnen. Sitze unter dem Reetdach einer geschlossenen Bar und warte besseres Wetter ab. Zum Briefeschreiben ist das Dach nicht dicht genug.
Je näher ich dem Rufiji komme desto mehr Wasser steht rechts und links der Straße, ist mehr und mehr Land unter. Am Abend überquere ich den Fluß, begleitet von einer Gruppe Jugendlicher die teilweise zu zweit auf ihren klapprigen Fahrrädern sitzen, einige Kilometer versuchen mit mir Schritt zu halten. Bin schon fast über die große Brücke als mir ein uniformierter Wachmann mit seinem Motorrad folgt, unter anderem erzählt er daß Damm, Straße und auch die Brücke von Deutschen gebaut wurde. Die Bewohner der Gegend haben sich mit ihrer Habe vor dem Hochwasser auf den Straßendamm geflüchtet. Vor vielen Jahren war das Delta als Nebenschauplatz des Ersten Weltkrieges Schlupfwinkel des deutschen Kleinen Kreuzers Königsberg bevor er am 11. Juli 1915 von einer 20fachen Übermacht zusammengeschossen, nach schweren Treffern anschließend von seiner Besatzung aufgegeben und versenkt wurde. Die Geschütze baute man aus, versah sie in Daressalaam mit Lafetten und Rädern um damit die Kämpfe der Schutztruppe zu unterstützen, ebenso schloss sich die Besatzung der Truppe an. Unter anderen beschreibt Richard Wenig, der bei den Kämpfen einen Teil seines linken Fußes verlor und den ganzen Feldzug unter Paul von Lettow-Vorbeck bis zum Kriegsende mit machte, anschaulich diese Ereignisse in seinen Büchern. Überhaupt verdient der Kampf dieser kleinen deutschen Streitmacht die unbesiegt erst nach dem deutschen Waffenstillstand die Waffen im damaligen Rhodesien (heute Zambia) niederlegte mehr Aufmerksamkeit, ist dieser Heldenkampf mit klassischen Vorbildern wie etwa der Anabasis Xenophons durchaus vergleichbar.
Die Reste des Wracks der Königsberg sind natürlich längst im Schlamm versunken, die Gräber der 33 bei den Kämpfen Gefallenen befinden sich auf dem Gelände des damaligen Feldlazaretts in N.
Ich fahre noch mehrere Kilometer bis ich in eine etwas höhere Lage komme und etwa 10 Meter neben der Straße, gedeckt von einigen kleinen Büschen, mein Nachtlager errichte. Das Klima hier ist aufgrund der riesigen Wasserflächen, starker Verdunstung sowie gelegentlichem Regen und geschlossener Wolkendecke sehr schwül und drückend. Südlich des Rufiji ein kleiner Ort namens Nyamwage. In einem der nächsten Dörfer trägt ein junger Mann ein T-Shirt mit dem Abzeichen eines Rocker-Clubs: "West Coast Choppers". Als ich ihm die Bedeutung des groß abgebildeten Eisernen Kreuzes erkläre ist er desinteressiert, dafür hört ein anderer Mann - in einem Shirt mit UNICEF-Aufdruck - aufmerksam zu. Er arbeitet als Techniker im lokalen Gesundheits-Stützpunkt. Der Betreiber des Ausschanks hat Zahnschmerzen und macht ein leidendes Gesicht. Ein alter Mann dessen Gesicht von Lähmungen gezeichnet ist erscheint, bringt in einer alten Cremedose ein bräunliches Pulver, wickelt etwas davon in Zeitungspapier und gibt das dem Leidenden. Der soll mit einen Sud oder Aufguss daraus Spülen und Gurgeln. Die Besitzer der großen Überlandbusse dekorieren die Heckfenster mit ihren jeweiligen Idolen. So sieht man nicht nur Stier oder Löwe abgebildet sondern auch die Konterfeis von etwa Bob Marley, Osama bin Laden, Muammar al-Gaddafi und andern.
Bin in Ostafrika oft gefragt worden ob ich mir nicht eine Frau suchen und im Lande bleiben will, doch sind hier die Frauen hier schon rein äußerlich - bis auf seltene Ausnahmen - wenig attraktiv. Kurz und unförmig bewegen sie sich wie alte Trampeltiere, bar jeden Reizes - Begriffe wie Charme oder Anmut wären hier völlig fehl am Platz. Dazu sehr unangenehme, rauhe, laute Stimmen - wie alte Hexen. Sie sprechen sehr schnell, es hört sich immer nach Keifen und Ärger an. Und wenn sie lachen wird die Milch sauer...
Als ich mal wieder Rast mache - der übliche Tee hier ist ganz ausnahmsweise einmal ungesüßt - meint jemand daß gerade ein Weißer auf einem Fahrrad vorbei fährt. Springe auf und rufe dem hinterher, nach einigem Zögern hält der Mann, wendet und kommt zurück. Der erste fernreisende Radfahrer den ich treffe. Wir rasten nun gemeinsam, bin froh mich endlich mal wieder mit einem Intellektuellen unterhalten zu können. Israel ist jüdisch-amerikanischer Jura- und Ökonomiestundent (sicher später mal ein Banker oder Wirtschaftsanwalt, Tonaufnahme) und auf dem Weg nach Durban, Südafrika. Ursprünglich per Anhalter unterwegs hat er sich irgendwo ein altes, leichtes Trekking-Fahrrad mit schmalen Reifen besorgt. Gebe ihm Öl für seine Kette, wir fahren dann den Tag gemeinsam weiter, doch kann ich mit meinem schweren Rad sein Tempo von etwa 26-27 km/h nicht lange mithalten, zumal es seit heute früh nach einer kalten Cola in meinem Bauch grummelt, Kopfschmerzen dazu kommen, die Augen gereizt sind und die rechte Fußsohle stark geschwollen ist. So trennen wir uns dann am späten Nachmittag. Nach 24 Tagen bereitet der Fahrradsattel trotz aller Einstellerei immer noch mächtige Schmerzen, ist der Hintern teilweise wund. Jeder Radfahrer weiß daß die wenigsten Sättel etwas taugen, höchstens für kleinere Touren. Man sollte die Konstrukteure mal zwingen an 3 aufeinander folgenden Tagen jeweils 100 Kilometer zu fahren - dann wären die Sättel sicherlich besser - und keine Folterinstrumente!
Vor Nangurukuru hält ein Wagen mit drei indischstämmigen Tanzaniern und wir unterhalten uns eine Weile, ihre Vorfahren sind in den 1890ern ins Land gekommen. Sie schenken mir heißen Tee mit Milch aus einer Thermoskanne. Bei einer Verkehrskontrolle treffe ich auf zwei Weiße - einen Deutschen und einen Schotten - die hier für ein Landwirtschaftsprojekt tätig sind. Da sie 15 km/h zu schnell gefahren sind müssen sie 30.000 Shilling bezahlen.
Heute sind wieder viele Berge zu überqueren und ich frage mich des öfteren warum ich mir das alles antue! In Mavuji werde ich bei meiner Mittagsrast vor einem Laden mal wieder von einem Verrückten belästigt. Der Typ markiert den Kämpfer, wird vom Ladenbetreiber mehrfach weggejagt, teils unter Androhung von Schlägen - doch kommt er immer wieder. Baut sich dauernd vor mir auf, kommt immer dichter, klatscht furchtbar laut in die Hände und stößt unartikulierte Laute aus. Der nervt total, Ignorieren hilft leider gar nichts, soll ich wegen dem Idioten bei dieser Mittagshitze weiterfahren? Einige Kilometer danach, in Kiwawa, verfolgt mich der nächste widerliche Verrückte durch den ganzen Ort und ich fahre lieber gleich weiter, zumal das Halten hier nicht lohnt. Nur ein paar grüne Bananen und Kokosnüsse sind das einzig angebotene Obst. In einem der nächsten Dörfer bekomme ich für 1000 Shilling dann doch noch ein Abendbrot: Reis, eine Sauce in der ein einsames, kleines, komplettes Fischchen schwimmt, sowie ein Schälchen Bohnen. Dazu ein warmes Bier für 2500 Shilling. Und bleibe ungestört.
Das nächste Quartier in einer Lodge für 15.000 Shilling. Die beim Durchqueren des Wami-Deltas erhaltenen Schrammen und Kratzer haben sich mittlerweile fast alle entzündet. Schuld daran sind vor allem die unzähligen Fliegen die sich auf jede Wunde, auf jedes Essen stürzen, dazu kommen noch die hier meist katastrophalen hygienischen Verhältnisse. Das bundesdeutsche Pflaster taugt nichts, hält einfach nicht - zumal alles nass geworden war. Die von einer kleinen Wunde entzündete Fußsohle macht einige Probleme, kann kaum auf die Pedale treten, überhaupt kaum auftreten, nur hinkend gehen. Die Lymphknoten in der Leistengegend sind geschwollen. Muß also den Abszess mal wieder öffnen, plempere ein Desinfektionsmittel über Fuß und Victorinox-Multitool um mich im Licht der Energiesparfunzel sowie meiner Taschenlampe selbst zu "operieren". Nach mehreren Tagen geht dann die Schwellung langsam zurück, wird mein Allgemeinbefinden deutlich besser. Brauche so keine zweifelhafte, afrikanische, medizinische Versorgung in Anspruch nehmen.
Da ich heute trotz allem 94 km schaffte werfe ich mir gegen Krämpfe auch noch eine Magnesiumtablette ein. Leider ist mal wieder kaum an Schlaf zu denken - der Propeller läuft nur im An/Aus-Modus, wenn er läuft ist der Lärm nicht zu ertragen, wenn er still steht ist die reinste Sauna im Zimmer. Außerdem ist die halbe Nacht nebenan Remmi Demmi... Habe also so gut wie nicht geschlafen, staune mal wieder mit wie wenig Schlaf man auskommt. Frühstück gibts leider keines in der Lodge, 8.30 Uhr sehe ich zu daß ich weiter komme. Von den letzten sechs Tagen meiner Reise sind leider die Fotos im Orkus des Smartphones verschwunden. Erst ab Lindi, im Süden Tanzanias, gibt es wieder Bilder.
Ruine der Boma sowie Reste der Kaserne. Im Jahre 1911 als Sitz Bezirksamt, die Kaserne als Polizeikaserne genannt:
In einem Imbiss glaube ich mal wieder unter Irren gelandet zu sein, zwei Fernseher laufen und aus den Lautsprechern scheppert wieder was nur aus ihnen herauszurotzen ist. Selbst Zellstoff in den Ohren nützt nichts gegen diesen infernalischen Krach!
Dann gehts auf der B5 Richtung Südwesten, wieder von der Küste weg ins Landesinnere. Laut Karte sind dort auch etwa 400 Kilometer unbefestigter Straße zu bezwingen.
Die Fliegenplage ist wieder mal unerträglich. In einem Laden der neben Lebensmitteln und Getränken auch ein umfangreiches Sortiment an Fahrradteilen führt kaufe ich für 3.000 Shilling ein paar Sandalen. Als ich später während der "schlimmen Stunden" raste und chips & eggs essen will vergehts mir bevor ich überhaupt die Bestellung aufgebe: ein Typ am Nebentisch frisst und schmatzt wie ein Schwein, sabbert jedes Stück Kartoffel auf ekelhafte Weise in sich rein, rülpst furchtbar. Als er endlich fertig ist macht er auch keine Anstalten zu verschwinden. Abgesehen davon auch hier wieder furchtbar lauter Krach aus den Boxen.
Zum Glück reiht sich hier Dorf an Dorf und bereits 2 Kilometer weiter finde ich einen Imbiss wo es den üblichen Reis mit Fischsauce gibt (incl. kleinem Fischlein darin). Nur dringt auch hier wie üblich aus jeder zweiten Hütte furchtbar laute "Musik". Überhaupt kotzt mich mittlerweile total an daß mir in jedem Kaff die Leute entgegen- oder hinterhergröhlen! Habe so meist keine Lust auch nur anzuhalten und fahre lieber weiter. Masasi ist eine Ansammlung von vielen Hütten, Läden, kleinen Restaurants und Bars, aus jeder dröhnt so laut es geht "Musik" - bis die Boxen platzen! Doch nicht genug, irgendeine Telefongesellschaft macht Werbung für ihre Produkte und fährt noch mit einem LKW durch den Ort auf dem riesige Lautsprecherboxen montiert sind. Hab den Eindruck unter Irren zu sein! Es ist unerträglich, esse mit Zellstoff in den Ohren wieder mal "chips & eggs" und sehe zu daß ich weiter komme. Beginne langsam die Normaltouristen zu verstehen die lieber in einem Geländewagen, nur ihren Interessen folgend (Landschaft und Tiere gucken), kaum mal aussteigend an vielem vorbeifahren. Mit dem ganzen Müll, Dreck und Gestank, mit dem ganzen Elend, mit der permanenten Bettelei nichts zu tun haben wollen. Im ganzen Land die gleichen desolaten Zustände, die schlechte Versorgung, dazu kaum lokale Unterschiede in Architektur oder im Charakter der Menschen. Wenn man das oft genug erlebt hat reicht es einem auch irgendwann. Es lohnt einfach nicht. Angenehme menschliche Kontakte sind sehr selten, das Interesse geht über das Woher und Wohin nicht hinaus, zumal im zweiten oder dritten Satz bereits Start und Ziel verwechselt werden. Dafür wird aber fleissig überall die Hand aufgehalten... Was auch mal wieder nervt und leider öfters vorkommt: nachdem ich einen Typen der ebenfalls mit Fahrrad unterwegs ist und dabei fast einschläft überhole hängt der sich nun an meine Fersen, klebt wie eine Schmeißfliege hechelnd an meinem Hinterrad. Seine Karre quietscht, scheppert und klappert, fühle mich wie gehetzt. Bald reicht es mir und ich fahre so langsam daß er mich überholen muß. Jetzt drehe ich den Spieß aber um und hetze ihn, jetzt sehe ich ihn vor mir schwitzen. Dummerweise fahre ich bald in beißendem Schweißgeruch der mich die Verfolgung abbrechen läßt. Vom "Negerschweiß" hatte ich bisher nur gelesen - ist Ostafrika lerne ich ihn kennen!
Nicht weit hinter Masasi hört die Asphaltstraße auf und es geht auf teils üblen Behelfswegen neben der erst im Ausbau befindlichen A19 her (Tonaufnahme). Erlebe auch wieder häufig daß Kinder zur Straße gerannt kommen und mir fordernd zurufen: "Give money!"
Kaum habe ich bei dem zweispitzigen Berg am Abend etwas abseits der Straße mein Nachtlager gerichtet hält auf der Straße dicht anbei ein LKW, macht den Motor aus, kurz darauf ein zweiter. Großes Palaver der Straßenbauarbeiter. Kann die Männer von meinem Zelt aus gut sehen, hoffe nur daß das umgekehrt nicht der Fall ist. Bin wie so oft total froh daß ich seinerzeit ein naturfarbenes Zelt kaufte (bis auf das blöde, riesige Logo des Herstellers auf einer Seite)! Zum Glück fährt ein LKW irgendwann weiter, bald ist es so dunkel daß die Gefahr des Entdecktwerdens vorüber ist. Die werden wohl ebenfalls dort an der Sraße übernachten. Kann lange nicht einschlafen, gedenke im Bett meiner Ahnen und frage mich was ich hier eigentlich so fern der Heimat mache. Schlafe diese Nacht sehr gut, auch wenn ich des harten Untergrundes wegen oft aufwache. Träume intensiv.
Werde früh wach, mache mich fertig, hänge alles zum Trocknen auf und bin beim Zähneputzen als die Bauarbeiter unweit von mir auf mich aufmerksam werden, herüber rufen doch mich nicht weiter belästigen. So bin ich schon kurz nach 7.00 Uhr reisefertig. Ein trüber Tag heute, die Sonne wird wohl gar nicht heraus kommen.
Die Strecke ist in furchtbarem Zustand, eine Tortur für den geschundenen Hintern. In Tunduru nehme ich mal wieder ein Gästezimmer. Es soll erst 12.000 kosten, doch handele ich auf 8.000 herunter. Im ersten Zimmer kein Strom, werde umquartiert sodaß ich endlich mal wieder den Telefonakku laden kann. Dafür gibt es ausnahmsweise mal zwei Steckdosen die sogar funktionieren! Zur Ausstattung gehört auch ein kleiner Ventilator. Das Fahrrad ist mit mir im Zimmer. Spüle meine Wäsche durch, leider ist hier im Gästehaus mal wieder Remmi Demmi.
Hier einmal die unterschiedlichen Zustände der meist neben der im Bau befindlichen neuen Straße A19 befindlichen Behelfspiste nordwestlich von Tunduru:
Auch hier sind Chinesen mit dem Straßenbau beschäftigt. Was jedesmal auffällt: sie ignorieren einen vollständig! Einer versteckt sich unter der Krempe seines Hutes, ein anderer sitzt im Schatten eines Baumes und gibt vor zu telefonieren. Dabei hätte ich mich so gerne mal mit ihnen unterhalten, erfahren wie sie Land und Leute wahrnehmen. Am Abend trinke ich in der Bar eines Dorfes noch zwei Bier, komme auch mit den Männern die schon zu trunken sind um sich noch einigermaßen zu unterhalten ins Gespräch und man spendiert mir sogar ein Bier. So ist es schon recht dunkel als ich mich auf den Weg mache einen Schlafplatz zu finden. Da ich im Dunkeln nichts besseres finde, das Gelände neben der Straße auch abschüssig ist schlafe ich in den Nähe von drei großen Sendemasten direkt am Wegesrand. Das Handy hat keinen Empfang, obwohl bei den Masten die ganze Zeit ein Aggregat läuft. Werde weder in der Nacht noch am Morgen von den Leuten entdeckt die ohne mich zu bemerken vorbei laufen! Da steht man quasi neben denen und die kriegen nichts mit! Deren Wahrnehmung scheint ja mächtig schlecht zu sein, zumal ich das schon mehrfach erlebte. Leider finde ich am nächsten Morgen keine Möglichkeit etwas zu Essen zu kaufen, muß mit leerem Magen losfahren. Bei einer Rast in einer kleinen Bar auf dem Lande lerne ich den älteren Straßenbau-Ingenieuer Ewald John kennen der mir nicht nur ein Safari spendiert sondern nach einer Weile anbietet mich samt Rad die 78 Kilometer bis zum nächsten größeren Ort Namtumbo mitzunehmen. Laden die Fuhre hinten auf seinen Pick Up und los gehts auf der ab hier fast fertigen Asphaltstraße die nur noch streckenweise geteert werden muß. Zwischendurch gelegentlich ein Stop wo der Ingenier den chinesischen Vorarbeitern - hier bauen wie in Afrika üblich die Chinesen die Straßen - sehr herrisch Anweisungen gibt. Fuchtelt mit den Armen, kann sich natürlich mit ihnen nicht recht verständigen. Doch die nehmens gelassen. Ewald ist nicht gut auf die Chinesen zu sprechen, meint er hasse sie - und die wären so arrogant! Als ich bemerke daß es hier ja auf zig Kilometer keine Siedlung gibt meint er das wäre bloß eine Gegend für Affen und Elefanten. Habe überhaupt alle Afrikaner schlecht auf die Chinesen zu sprechen erlebt, bis auf einen einzigen der wohl einen guten Posten bei ihnen hat. Die Chinesen gelten in den Augen der Einheimischen vor allem als arrogant. Doch ist das womöglich nur die asiatische Zurückhaltung? Glaube vor allem daß die Chinesen mit der lauten, unbeherrschten Art der Schwarzen nicht zurecht kommen. Hätte mich gerne mal mit ihnen über ihre Sicht auf die Afrikaner unterhalten und wie sie als fleissiges Volk mit der schwarzen Mentalität und Arbeitsauffassung zurecht kommen...
Bei einem anderen Halt weist er seinen Fahrer an eine große, grüne Schlange zu überfahren die hier wahrlich niemandem etwas zu leide tut. Ein völlig unnötiger Tod. In Namtumbo angekommen fahren sie mich zu einem sehr großen Gästehaus wo ich für 15.000 Shilling die Nacht unterkomme. Ein großes Zimmer, Doppelbett mit Moskito-Netz, in der Naßzelle großartige, verchromte Duscharmaturen aus denen wie meistens kein Tröpfchen kommt, es steht wie üblich ein Eimer Wasser daneben. Immerhin kommt aus einem Hahn ein dünnes Fädchen Naß. Auch der Fernseher ist nicht in Gang zu bringen was mich nicht weiter stört. Spüle meine Wäsche durch und hänge sie im Zimmer an den Spanngummies auf. In der Freiluft-Bar furchtbar laute Musik. Mitten in der Nacht werde ich aus dem Tiefschlaf gerissen weil jemand wie irre an die Tür hämmert. Nachdem ich mich angezogen hab und öffne stehen mehrere Männer in Zivil vor dem Zimmer: Razzia! Umständlich werden meine Papiere im Licht einer starken Taschenlampe besehen, jede Menge Fragen gestellt. Keiner der Typen stellt sich vor oder weist sich aus, erfahre auch nicht was die eigentlich wollen. Können die nicht zu einer ganz normalen Zeit ihrer Arbeit nachgehen? Lasse die Männer spüren daß ich mächtig sauer bin, nach einer ganzen Weile ziehen sie weiter zum nächsten Zimmer, schrecken das ganze Haus auf.
Frühstück gibts leider nicht im Gästehaus nahe am Stadtrand. Habe keine Lust ins Zentrum zurück zu fahren, werde wohl unterwegs was kriegen. In einem der nächsten Dörfer nehme ich dann zum üblichen, stark gesüssten Tee fünf der kleinen, frittierten Reisklöße. Einige Kilometer weiter gelüstet es mich nach einem zweiten Frühstück: eine süsse Suppe und ein Eintopf aus verschiedenen Bohnen. Der Händler vor dessen Geschäft das Essen feilgeboten wird besteht darauf mein Essen zu bezahlen! Das nehme ich natürlich dankbar an. Endlose Berge sind mal wieder zu bezwingen, schweißgebadet schiebe ich gegen an. Habe den Eindruck daß die Straße über jeden Berg läuft - statt dran vorbei oder drum herum. Nach 15.00 Uhr ist nirgendwo mehr was zu Essen zu bekommen, noch nicht einmal heißer Tee. Bin total KO trotz langer Rast in den Mittagsstunden, mangels Strom gibts nirgendwo ein kühles Bier. Trinke dann im letzten Ort vor Songea also ein warmes, esse 4 kleine Packungen Kekse dazu. Ein Schild an der Straße gibt darüber Auskunft daß US-Amerikaner den Ausbau bezahlen - und Chinesen sie bauen! Das letzte Foto in einem Dorf in dem ich den Eindruck habe daß alle Erwachsenen besoffen sind! Zumindest die denen ich begegne...
Songea ist eine große Stadt mit der üblichen Ansammlung von Läden voller Billig-Produkten aus Fernost. Man denke einmal daran daß vor dem Zweiten Weltkrieg die im sächsischen Zschopau ansässige Firma DKW, später aufgegangen in der Auto Union, als seinerzeit weltgrößter Motorrad-Produzent nahezu die ganze Welt mit Motorrädern belieferte. Nach dem Krieg wurde die DKW RT 125 von den meisten Ländern nachgebaut, sogar von Harley Davidson!
Songea scheint kein unbedeutender Ort zu sein, ist in besserem Zustand als viele andere. Natürlich dominiert auch hier das chinesische Warenangebot. Muß mich erneut mit Bargeld versorgen, wer weiß wann es wieder eine Gelegenheit gibt. Heute am Freitag leider riesige Schlangen vor den Banken. In der NMB-Bank tausche ich dann Geld um, muß von einem zum andern Schalter, das dauert ewig! In einem Restaurant nehme ich eine Suppe in der neben drei Kartoffeln ein Hühnerbein schwimmt, einige Stunden später einmal wieder "chips & eggs", diesmal mit einem Salat und scharfer Beilage dazu.
Da es in der Nacht stark geregnet hatte, ich mein Zeug klatschnass verpackte hänge ich alles an einer Bar am Ortsausgang zum Trocknen auf, trinke derweil zwei Castle Milk Stout, schreibe an meinen Briefen an die Lieben zu Hause weiter.
In Lilambo höre ich Gesang in einer Kirche, stelle das Fahrrad ab, trete ein und setze mich mit auf eine Kirchenbank. Eine Frau bedeutet mir mich auf die andere Seite, zu den Männern zu setzen. Erlebe einen typischen, ostafrikanischen Gottesdienst mit Gesang, Tanz und Getrommel. Werde willkommen geheißen und soll ein paar Worte zur Gemeinde sprechen. Anschließend segnet mich Pfarrer Augustino Rashid Muhumba, die Gemeinde betet für mich. Es ist ein bewegendes Erleben hier fernab der Heimat.
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