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Mit dem Roller nach Jerusalem...Mauszeiger auf Foto zeigt Bildtitel, Texte / Fotos Audios © Burkhart Rüchel Seite 08 - Ungarn / Serbien You can use the google-translator. 2010_06_28 - Montag, Reisetag 078
Ungarn. Gleich an der Brücke der Bahnhof, ich rolle einige hundert Meter an der Donau aufwärts und finde eine Stelle wo ich endlich einmal wieder baden kann! Das Wasser ist zwar immer trübe aber erfrischt herrlich!
![]() 2010_06_29 - Dienstag, Reisetag 079 Den ganzen Vormittag besichtige ich die alte Festung Monostor, bei dem ausgedienten schweren Russenpanzer gibt es mal wieder eine unliebsame Köter-Begegnung - der Typ schaut in aller Ruhe zu wie mich sein Jagdhund angeht, ankläfft - und fragt noch ob ich Angst hätte! Dabei würde ich aus der Töle am liebsten Hackfleisch machen - aber man ist zu gut für diese Welt. Doch später lässt mich der Mann durch eine verschlossene Hinterpforte ein und ich bin ohne Eintrittskarte im Festungsgelände, laufe durch die weitläufigen Gänge und Kasematten. Die Festung mit Stadt Komarom hat eine wechselvolle Geschichte erlebt, gilt als der grösste neuzeitlichste Festungsbau in Mitteleuropa, der Festungsteil "Monostor" wurde zwischen 1850 und 1871 erbaut. Im letzten Jahrhundert hat sie keine Rolle mehr gespielt, die Russen nutzten die Anlagen im Kalten Krieg zwischen 1946 und 1991 als geheimes Waffenlager. Von ihrer Anwesenheit zeugen neben diversen Graffiti ein paar alte Fahrzeuge und Kanonen, auch moderne Graffiti gibt es ohne Ende, Inhalt immer etwa: Ich war hier! Und die einen ritzen Hakenkreuze in die Wände und die andern zerstören die wieder - dementsprechend kaputt sind die historischen Wandanstriche.
![]() Nach meinem Festungs-Aufenthalt schaue ich in die Stadt, an einer Kreuzung bei einer Kirche steht der grosse steinerne Sarkophag, das nächste Bild zeigt das Filmtheater. Einen Friseur finde ich kurz vor der Donaubrücke, die Dame versteht mich nicht und ich sie nicht, sie kann weder deutsch noch englisch, trotzdem bekomme ich einen Kurzhaarschnitt. So schnell bin ich noch nie geschnitten worden! Und hier werden die Haare nach dem Schneiden gewaschen! Andre Völker - andre Sitten... Bei TESCO direkt an der Brücke gibt es eine kleine Poststelle, doch die wollen meine Sendung nicht annehmen! Mit knapp 28oo Gramm zu schwer, warum die das nicht als Paket schicken? Die Tante am Schalter versucht mir zu erklären dass ich zu einer Post muss - nehmen die hier nur Briefe? Na, ich mache die Sendung um einen Reiseführer leichter - nun wiegt das knapp 2 kg und wird angenommen, kostet allerdings 5800 Forint - das sind bei einem Wechselkurs von 275:1 etwa 21 Eus für eine Briefsendung oder Päckchen. Immerhin noch besser als die 41 Eus in der Slovakei... Nur einen Radladen oder Werkstatt wegen der gebrochenen Schelle finde ich nicht, auch kein Schrottrad wo ich mir sowas abbauen kann. Setze mich Richtung Ortsausgang in die kleine Wirtschaft "Polo Italbolt", hier ist noch die Zeit stehen geblieben! Überhaupt erinnern Slovakei und Ungarn noch sehr an meine Eindrücke von vor der Wende - da war ich zweimal per Autostop bis Bulgarien... Erst am Abend finde ich am Stadtausgang eine Honda-Werkstatt mit Fahrrad-Laden, denen zeige ich kurz den Defekt und der Meister holt einen ich glaub noch aus der DDR stammenden Dynamo-Halter. Genau das Richtige, ich lasse mir einen zweiten geben und nachdem meine Taschen abgeladen sind montiere ich alles bis 19.30 (die andere Schelle ist auch fast durchgebrochen - ein Wunder dass dieses Klingel-Blech überhaupt 18oo km hielt!). Selbstsichernde Muttern haben die hier nicht - so wird nach guter alter Väter Sitte mit einer zweiten Mutter gekontert, die beiden Schellen kosten 2 Eus. Im Schaufenster der Firma steht eine Honda CB 750 Four - auch schon ein Oldtimer! Weit komme ich heute nicht mehr, suche mir in der Nähe einen Platz zum Schlafen. Auf einer grossen Wiese gegenüber des Camping-Platzes hat ein ungarischer Zirkus "Colonel" oder "Coronel" seine Wagenburg, daneben baue ich mein Zelt.
![]() 2010_06_30 - Mittwoch, Reisetag 080 Der Zirkus rückt ab bevor ich aufstehe, als ich dann aus dem Zelt komme ist die Wiese leer, nicht mal ein Foto habe ich machen können. Frühstück im Zelt, vom Spar hole ich einen grossen Joghurt, mit dem Telefon detektiere ich in der Nähe bei einer Wohnanlage w-lan, an die schattige Hauswand gelehnt mache ich den aktuellen Datentransfer. Es geht weiter - um die grosse Donau-Schleife abzukürzen und aus dem Mückengebiet heraus zu kommen will ich nun über Land fahren, auf der 1 bis Almasfüzito - bis dahin ist sogar ein Weg neben der Strasse. Am Ortseingang eine grosse Aluminium-Fabrik mit verwaistem Kulturhaus. Dass es schon vor Mittag sehr heiss ist erwähne ich nur am Rande. Die Hauptstrasse verlasse ich - fahre über Naszaly, dann Tata wo ich am Ortseingang eine kleine Wirtschaft aufsuche um die grösste Mittagshitze abzuwarten. Sowas gibt es in diesen Ländern eben noch überall, selbst kleine Dörfer haben oft mehr als eine Kneipe (hier wird viel Billard gespielt, auch viel "gedaddelt" - Automatenspiele, früher waren die noch mechanisch und hiessen "Einarmige Banditen"), auch viele kleine Läden gibt es trotz der Supermärkte in grösseren Ortschaften. Nur die Verständigung ist sehr schwer, eigentlich geht es nur mit Zeichensprache, weder deutsche, englische noch russische Vokabeln helfen weiter. In Ungarn wird viel Rad gefahren, zumindest auf dem Lande. Man nutzt das Fahrrad als Fortbewegungsmittel - weniger als Sportgerät. Und viele Fahrzeuge aus der ehemaligen Ostblock-Produktion sieht man noch im Alltag: Trabant 601, Trabant 1.1, verschieden Skoda, Barkas, Wartburg 353 und 1.3, Shiguli / Lada usw. - alle recht gut erhalten, nicht wie in der Ex-DDR wo die bald nach der Wende heruntergeritten und entsorgt waren.
![]() Nachmittag bin ich in Tata, eine recht grosse Stadt mit einer beeindruckenden Wasserburg (im Burggraben eine Fischzucht). Sie war im 14. und 15. Jahrhundert unter Sigismund und Matthias Königssitz und später ein wichtiger Verteidigungspunkt gegen die Türken, ab Mitte 18. Jahrhundert war die Burg im Besitz der Familie Esterházy. Leider steht vom Hauptteil der Burg nur noch etwa ein Viertel, doch das ist beeindruckend genug, ebenso die dazugehörigen Wehranlagen - der grosse runde Turm (ohne Bild) hatte sicher mehr als 10 Meter Durchmesser! Die Mühle an der Burg hat 5 Wasser-Räder. Ich bleibe bis in den späten Nachmittag in der Stadt, dann geht es auf der Strasse 1 weiter über Vertesszölös (da steht die alte Feuerwehrspritze). Der nächste Ort ist Tatabanya - eine grosse, lange Stadt die anscheinend nur aus alten Neubauten und kleinen Hochhäusern besteht. Auch hier steht eine alte Wasserspritze vor der Feuerwehr (Hersteller; Kohler Istvan, Budapest), sonst ist von dem Ort nicht viel zu berichten von meiner Seite. Am Ortsausgang gibt es einige alte Luftschutzbunker mit den typischen Splitterschutzwänden davor, leider alles verschlossen und versperrt. Nichts deutet darauf hin für welche Einrichtung die gedacht waren, sicher waren sie seinerzeit für die Arbeiter und Angestellten der Industriebetriebe angelegt.
Durch die schon ländliche Vorstadt strebe ich wieder zurück an die Hauptstrasse 1, schaffe noch ein paar Kilometer, die grösste Tageshitze ist vorbei. An einem Restaurant (Höhe etwa Szarliget) mache ich erschöpft Halt um ein Bier zu nehmen, komme mit einem Paar mit Kind ins Gespräch - und werde sofort spontan zum Nachtquartier eingeladen! Der Journalist László und seine Frau Zsófia (frühere Meisterin im Triathlon) wohnen in einem kleinen Ort in der Nähe, fahren dann mit dem Wagen langsam voraus während ich hinterher hechle. Sie haben ein hübsches Haus in Bodmer, ich darf in einem grossen Zimmer mit Küche und Bad im Erdgeschoss logieren, geniesse nach langen Tagen einmal wieder eine Dusche und ein richtiges Bett, kann sogar an einem richtigen Schreibtisch hier weiter schreiben.
![]() 2010_07_01 - Donnerstag, Reisetag 081 Im Ort liegen noch einige Sandsäcke vom letzten Hochwasser. Ein paar Hühner und einen grossen Hahn (Tonaufnahme) gibt es hier am Haus, ebenso je 3 Hunde und Katzen. Als mein Interesse für Oldtimer bekannt wird stellt sich heraus dass es hier im Ort einen Sammler mit vielen PKWs ab den späten 40ern gibt - die darf ich mir ansehen. Hinterher macht László eine Probefahrt mit meinem Roller!
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László und Zsófia erstellen / bearbeiten / betreuen Anträge für Wirtschafts-Förderung und -Entwicklung, sie hat einen Doktor-Titel. Zwei Kinder von László leben in Berlin, sein Sohn hat auf der Filmhochschule in Potsdam-Babelsberg Dramaturgie studiert, eine Tochter ist Schauspielerin. Vielleicht treffen wir uns einmal in Berlin wenn sie ihre Kinder besuchen!
![]() 2010_07_02 - Freitag, Reisetag 082
Nach einem kurzen Frühstück packe ich zusammen und 9.30 es heisst: Auf Wiedersehen / Viszontlátásra ! Es war sehr angenehm bei László und Zsófia - vielen Dank für die liebe Aufnahme!
![]() gesamt: 2011 km. 2010_07_03 - Samstag, Reisetag 083
Pusztaszabols - um Sieben Uhr wecken mich die Kirchenglocken, eine Stunde später fahre ich los, erst einmal zum Bahnhof (Tonaufnahme - Abfertigung Schienenbus) zurück und etwas einkaufen. Am Bahnhof eine uralte Dampf-Lokomotive, im Ort fährt noch jemand einen alten Skoda aus den 60ern. Das russische Siegesdenkmal sieht aus wie teilweise zerstört.
![]() gesamt: 2045 km. 2010_07_04 - Sonntag, Reisetag 084
Über die Stadt Dunaújváros gibt es wenig zu sagen, da stand früher nur ein Dorf, in den 1950er Jahren haben die Kommunisten dort Industrie hingesetzt und eine Stadt dazu gebaut - mit einer Sparausgabe der Stalin-Allee (von 1951 bis 1961 Jahre hiess der Ort Stalinstadt), der Rest sind Neubauten aus den 1970/80er Jahren, eine Altstadt habe ich nicht gesehen. Die Industrieanlagen von Stahl- und Betonwerk sehen von aussen aus wie zu weiland DDR-Zeit - ziemlich marode. Es gibt aber ein modernes Reifenwerk des südkoreanischen Unternehmens "Hankook" das hier seine grösste europäische Reifenfabrik errichtet - die beliefern u.a. die lokale VW-Produktion.
![]() Bis Paks fahre ich heute noch, warte eine gute halbe Stunde auf die Fähre die mich übersetzt, das kostet mit Roller zusammen 400 Forint (275 : 1). Auf der anderen Seite lädt das sandige Ufer zum Baden ein, das Wasser ist recht sauber, die Strömung ziemlich stark. In der Nähe baue ich im Wäldchen mein Zelt wieder mit Moskito-Kopfschutz auf - bin so froh dass mein Zelt ebendalls einen Moskito-Schutz hat. 19.oo liege ich schon drin, koche nach langer Zeit einmal wieder ein Süppchen. Kränkle ein bischen, habe einen etwas dicken Hals sicherlich vom vielen Schwitzen und der dauernden Zugluft. gesamt: 2092 km. 2010_07_05 - Montag, Reisetag 085 Morgens gibt es ein paar kurze Schauer, bleibe deshalb länger liegen, packe erst gegen 11.oo alles zusammen. Am Strand bade ich noch einmal, dann geht es weiter nach Géderlak (die Schilder meinen wohl den Donau-Radweg), Dunaszentbenedek (Kirche und Kriegerdenkmal) und Uszód. Ab Foktö geht der Weg auf dem Damm entlang, weite Strecken tiefer Sand durch den ich mühsam schiebe (der Ungar mit Fahrrad flucht fürchterlich), erst nach einigen Kilometern wird es etwas besser. Beim Fähranleger Meszesidunapart nehme ich ein Bier, es liegt ein Schiff mit dem Namen Ruse (Stadt in Bulgarien, an der Donau). Der Dammweg ist wenig ereignisreich - immer nur geradeaus, fast wie Autobahn. Links wechseln sich Felder mit Mais, Sonnenblumen oder Getreide ab - teilweise noch unter Wasser, rechts des Dammes Pappelwäldchen, teils kleine Ansiedlungen - beim Hochwasser vor ein paar Wochen stand - und steht teils immer noch - einiges unter Wasser, oft lange stehende, faulige, übel riechende Tümpel. In Ersekcanád haben sie um einen Baum ein Haus gebaut.
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Baja ist eine recht grosse Stadt (früher hoher Deutschen-Anteil) mit einem Korso und mehreren Kirchen, bei der kleinen grauen Kirche steht die Tür offen und ich schaue hinein, da sitzt eine kleine christliche Gemeinde in der Runde während draussen die Kinder spielen denen natürlich mein Roller auffällt, als sie mitbekommen dass ich Deutscher bin zählen sie im Chor von eins bis zehn, schauen mich mit grossen Augen an!
![]() Tag: 85 km, gesamt: 2177 km. 2010_07_06 - Dienstag, Reisetag 086 In Csátalja sehe ich wieder ein Pferdefuhrwerk - die sind hier oft noch im Einsatz, bald bin ich in Hercegszántó / Santovo (schon mit kyrillischen Buchstaben) kurz vor der Grenze die ich etwas weiter 10.3o überschreite. Die Zöllner auf beiden Seiten sind vom Roller sichtlich überrascht, sowas sehen die nicht alle Tage - und dann bin ich schon in Serbien! Der Grenzort heisst Backi Breg, in Kolut pflücke ich die ersten Äpfel! Mir entgegen kommen zwei bepackte Radler - die Chemnitzerin Anne und der Schweizer Thomas, die hatten sich gerade vor 10 Minuten getroffen und wollen nun ein Stück zusammen fahren. Sie hat in Kairo in einer Buchbinder-Werkstatt gearbeitet und ist bis heute 45oo km geradelt - alleine! Sowas ist schon sehr ungewöhnlich für eine Frau. Sie fährt etwa 100-120 km pro Tag. Thomas war auch am südlichen Mittelmeer unterwegs, lebte u.a. im Libanon - nun ist er ebenfalls auf der Heimreise (mit 120-150 km per Tag). Wir sitzen eine Weile im Schatten zusammen.
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Im nächsten Ort Bezdan brauen sich dicke Wolken zusammen, es gewittert leicht - doch zu mehr als einem anhaltenden Nieselregen und etwas kühlem Wind reicht es nicht.
![]() Tag: 53 km, gesamt: 2230 km. 2010_07_07 - Mittwoch, Reisetag 087
In Lugovo sind schon die ersten gelben Pflaumen reif (die Sauerkirschen sind nun fast vorbei), Zarkovac hat einen Schrottplatz, in Stapar nehme ich in einem Strassencafe nach langem einmal wieder Kaffee zu mir. Die Preise sind hier rekordverdächtig - ein Kaffee kostet 30 Dinar, das sind bei einem Kurs von etwa 103 : 1 umgerechnet 30 Cent!
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Vor Srpski Miletic ist eine grosse Ziegelei mit altem Ringofen, da streife ich übers Gelände, bestaune die vorsintflutliche, urige und simple Technik, beim Starten eines dieser Kleintraktoren mache ich eine Tonaufnahme. Diese Technik des Ziegelbrennens ist uralt, das gabs in Deutschland bis zur Wende teilweise auch noch - jetzt nur noch als Museum z.B. nördlich Berlins zu besichtigen. Jedenfalls ist es im Ofen schön warm - sie haben gut eingeheizt!
Bei einem Cafe gibt es w-lan, es dauert nicht lange und ich lerne Peter kennen - der hat mit seiner Frau 40 Jahre in Mönchengladbach / Deutschland gearbeitet, spricht sehr gut Deutsch, mit slang aus dem Ruhrpott! Als ich ihn bitte mir auf einen Zettel auf Serbisch zu schreiben (damit ich auf den Dörfern bischen herumfragen kann): "Gibt es hier im Ort ein altes Motorrad mit Seitenwagen?" erzählt er mir folgende Geschichte:
Peter gibt mir noch seine Telefonnummer - falls ich in Serbien mal in Not bin, dann fahre ich weiter. Der nächste Ort ist Ratkovo - da nehme ich auf den Abend noch 2 Bier. Das Lagerbier ist ganz gut - kein Vergleich zu der Plörre zuletzt. Eine Weile sitze ich über meinen Fotos, dann noch etwas draussen, merke dass aus dem "dicken Hals" eine Erkältung geworden, meine Stimme ganz rauh und tief, völlig ungewohnt ist, fühle mich recht schlapp. Als ich abfahren will unterhalte ich mich noch mit einem jüngeren Typen der weder Deutsch noch Englisch kann - was lernen die hier eigentlich für Fremdsprachen in der Schule? Jedenfalls ist dieser Mann (schätze so um die 30) total verernstet, jedes Lachen verloren - sicher vom Bürgerkrieg her geprägt. Irgendwie gelingt es ein paar Infos zu meinem trip auszutauschen, dann fahre ich ab, ärgere mich hinterher dass ich ihm nicht einmal die Hand gedrückt habe! Wie gehts uns nachgeborenen Deutschen doch gut, viele meinen die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben und glauben zu wissen wo es langgeht, was richtig oder falsch sein soll, wer die Guten und wer die Bösen sind - wie viele Leute bilden sich ein über andere urteilen bzw. alles beurteilen zu können - dabei wurden wir doch nach 1945 alle irgendwie gepampert. Aber das ist wohl eins der deutschen Grundübel alles besser wissen zu wollen: Am Deutschen Wesen soll die Welt genesen! Dabei zeigt sich neben grosser Inkompetenz oft die totale Intoleranz, und das obwohl man die Toleranz laufend im Munde führt...
Tag: 56 km, gesamt: 2286 km.
![]() 2010_07_08 - Donnerstag, Reisetag 088
Die Nacht bis auf die dicke Erkältung gut geschlafen, morgens fährt auf dem Feldweg vor dem Zelt ein Lada Niva vorbei.
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Habe langsam den Eindruck genug Alteisen fotografiert zu haben, kanns aber einfach nicht lassen - das wirkt sicher längst einseitig, langweilt bestimmt manch aufmerksamen Leser. Eigenartig dass das Alte so anziehend wirkt - das ist eben "der Charme des Morbiden"...
Tag: 61 km, gesamt: 2347 km 2010_07_09 - Freitag, Reisetag 089
Die Tage vergehen. Schwer vorzustellen wie ich den Sommer in Berlin verbracht hätte, bestimmt mal eine Tour an die Ostsee gemacht, ansonsten sicher die meiste Zeit in Mauerpark und Mauersegler abgehangen, gewartet dass was passiert.
aus wikipedia:
Im Museums-Gebäude findet eine Pressekonferenz zum Thema "Zukunft der Donauregion" statt: Tonaufnahme, ich marschiere dort natürlich hinein, sehe mir die kleine Ausstellung an. Der Ton-Meister arbeitet noch mit der guten, alten Nagra.
![]() Als die Glocke der Garnisionskirche zu 12.oo läutet: Tonaufnahme mache ich mich langsam wieder auf die Reifen, schaue bei dem kleinen Militär-Stützpunkt vorbei, an der Feuerwehr zeigt man mir stolz eine deutsche Feuerwehrfahne, bei einem Bäcker sitze ich eine Weile - dann verlasse ich Novi Sad.
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An der Strasse ist eine Geschwindigkeits-Kontrolle, bin jedoch nicht zu schnell gefahren und werde nicht angehalten, die Kirche etwas weiter ist offen und ich entzünde eine Kerze.
![]() Tag: 54 km, gesamt: 2400 km 2010_07_10 - Samstag, Reisetag 090
Novi Pazova: ein Bäcker mit riesiger Kaffee-Maschine aber Kaffee gibt es keinen. Vor Mittag ist es schon so heiss dass ich kaum weiter rollern mag, doch Beograd / Belgrad ist nicht mehr weit - 25-30 km. Im Schatten eines Baumes sitzend habe ich w-lan, schicke die letzten Bilder ins Netz und frage meine emails ab.
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Ein Stück weiter beginnt der Strand-Boulevard, einige Händler bieten ihre Waren an, bei dem Spielzeugbauer Zlatko Skender sehe ich mir interessiert das Holzspielzeug an - und Schwups schenkt Zlatko mir eine kleine hölzerne Gitarre (etwa 15 cm). Alle Versuche das Souvenier zurückzuweisen scheitern - wo soll ich damit noch hin auf dem Roller? Notgedrungen stecke ich das gute Stück ein. Etwas weiter ein Harmonika-Spieler: Tonaufnahme-1, Tonaufnahme-2.
![]() Tag: 41 km, gesamt: 2441 km 2010_07_11 - Sonntag, Reisetag 091
Langer Schlaf ist mir die Nacht nicht vergönnt: Tonaufnahme Disco, als die Glascontainer in der Gegend geleert werden stehe ich auf. Beim Waschen - liegend im Zelt, aus Wasserflaschen - habe ich mittlerweile Routine, es folgt ein gutes Frühstück - ebenfalls wie so oft liegend, dann packe ich zusammen, stelle fest dass ich zum Glück gestern Nacht auf der Baustelle nichts liegen lassen habe. Schiebe den Roller wieder auf den grossen Uferweg - da sind schon die ersten Jogger und Inline-Skater unterwegs. Ich sehe dass es ein paar hundert Meter weiter einen grossen Park gibt der sich weit besser zum Campieren eignet, gegenüber der Festung Belgrad überquere ich die Donau. Ich treffe einen sehr, sehr alten Mann der schrittchenweise und mit Krückstock voran tappt, ich versuche mit ihm ein paar Worte zu wechseln, er zeigt auf sich und meint mehrfach: "neunhundert!", lässt sich nicht beirren als ich sage er meine sicher er sei "nur" 90 Jahre alt. Gegen 10.oo erlebe ich einen serbisch-orthodoxen Gottesdienst: Tonaufnahme, dorthin kommt nach einer Weile auch ebenjener alte Mann. Der Gottesdienst ist schon stark beeindruckend, die Gemeinde singt sehr schön, die Kirche reich ausgemalt. Anschliessend läuten die Glocken: Tonaufnahme
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Ich rolle den ganzen Abend durch die Stadt, versuche heraus zu finden was Belgrad von anderen Metropolen unterscheidet ausser der Architektur die hier ihren ganz eigenen Charme hat - es gibt die verschiedensten Platten-Bauten, Gründerzeit-Häuser, die üblichen klassizistischen Grossbauten im Zentrum. Auf dem Boulevard die Strassenmusik die wohl überall in Europa zu hören man genötigt wird: Tonaufnahme, etwas Polizei- und Milizpräsenz, leider fehlen oft die Strassen-Schilder. Als es längst dämmert sehe ich Ruinen, die kommen mir irgendwie bekannt vor (von Fernsehaufnahmen), als ich nähertrete kommt aus einem Wachhäuschen ein Militär-Polizist, von ihm erfahre ich dass die Ruine das ehemalige Verteidigungs-Ministerium ist welches bei den Nato-Bombenangriffen 1999 zerstört wurde. Ich frage ihn ob er sich mit mir fotografieren lässt - vor neutralem Hintergrund.
![]() 2010_07_12 - Montag, Reisetag 092
Wie ich morgens (Tonaufnahme) feststelle schlug ich mein Zelt genau unter einem Pflaumenbaum auf, ich hab etwas zu tun die zerdrückten Pflaumen abzuwaschen. Der Kunststoff der Packtaschen löst sich langsam auf, auch die Tasche die ich obenauf schnalle muss genäht werden - zum Glück habe ich Nadeln und Garn dabei. Das grosse Neubau-Viertel mit vielen modernen Grossbauten aus Stahl/Glas/Beton durchfahre ich, habe inzwischen mitbekommen dass der Fluss dem ich folgen wollte gar nicht die Donau ist sondern die Sava, es geht also wieder ins Zentrum, fahre erst nach Osten durch die Stadt, dann nach Norden. An einem Sportplatz stehen ausgebeinte Militär- und Feuerwehr-Autos, ich durchfahre eine Schranke und mache Fotos von den Fahrzeugen, als ich fertig bin kommt ein blau Uniformierter und meint dass wäre Polizei-Gelände, ich verlasse also den Platz - da ist der Roller weg den ich an der Zaun gelehnt hatte. Eine Gruppe Feuerwehrleute steht abwartend, ich sehe den Roller hinter einer Ecke - sie haben sich eine Spass erlaubt. Dass auf dem Gelände nichts wegkommt war mir schon klar gewesen, doch nun fragen sie woher und wohin, ich werde zu Kaffee und Cola eingeladen, sitze mit der ganzen Berufsfeuerwehr zusammen, die warten auf einen Einsatz. Viele Fragen muss ich beantworten, einige Leute sprechen ein brauchbares Schul-Englisch - wesentlich besser als meines, Englisch gabs an meiner Schule nicht, nur etwas Französisch und ich glaub insgesamt acht Jahre Russisch. Mit Russisch kommt man hier auch nicht viel weiter, das liegt zum einen daran dass die Leute hier auch nicht unbedingt begeistert russisch lernten sondern auch daran dass die hier zwar kyrillische Buchstaben haben - aber auch welche die mir völlig unbekannt sind. Auch gibt es nicht sehr viele Worte die mit dem Russischen gleich sind.
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Belgrad liegt hinter mir, in Sichtweite der Donau geht es einer Dorfstrasse entlang bis nach einigen Kilometern ein Wagen neben mir hält, der Fahrer meint die Strasse wäre bald zu Ende, macht mir begreiflich dass ich zurück muss, nach sechs Ampeln links abbiegen und auf die Hauptstrasse muss. Also geht es wieder zurück, da nicht genau klar ist ob der wirklich Ampeln oder Kreuzungen meinte schiebe ich nach etwa 5oo Metern den Hang hinauf. Bald bin ich total nass geschwitzt, das Wasser läuft nur so an mir herab, beisst in den Augen. Es dauert lange bis ich oben bin, habe einen schönen Blick übers Donau-Tal, folge der sich stetig verbreiternden Strasse, munter geht es nun bergab, die Gegend ist sehr ländlich und ursprünglich, voll krasser Gegensätze - reiche, pompöse Villen neben völlig verfallenen Bretterhütten, dazwischen Landwirtschaft auf typisch balkanische Art, vorsintflutliche Technik, für einen landesunkundigen ist oft wenig System erkennbar, sieht es oft wenig ordentlich aus, zumal auch ohne Ende Müll überall herumliegt. Da wiedermal diese ganze Gegend für die Nokia- und ADAC-Karten unbekanntes Land ist fahre ich nach Kompass - immer gen Osten. Die Strasse wird wieder schmaler und schmaler, irgendwann geht es kaum noch weiter, ein Bauer macht mir begreiflich dass bald Schluss ist! Mir bleibt nichts anderes übrig als die vielen munter bergab gerollten Kilometer nun wieder mühevoll zurück zu schieben. Das Duschen im Tennis-Club war völlig umsonst. So bin ich irgendwann wieder auf dem Hang den ich anfangs erklommen, geniesse nur kurz das Donau-Panorama unter mir und beschliesse auf der anderen, linken Seite der Donau weiter zu fahren. Es geht also wieder nach Belgrad hinein, die östlichste Brücke ist eine ächzende Stahlkonstruktion über die der rege Verkehr donnert. Auf der anderen Seite stosse ich das erste Mal in Serbien auf den Donau-Radweg! Schöne Schilder mit der Nummer 6 denen ich versuche zu folgen. Weit komme ich nicht, in der Siedlung östlich der Brücke sitzen ein paar Männer beim Bier, ich rolle vorbei - und wieder zurück, der Ausschank ist aber leider schon geschlossen. Trotzdem bekomme ich ein Bier, werde in die Runde aufgenommen, der Ausschank-Inhaber hat mal in Deutschand gearbeitet und spricht recht gut Deutsch, mit einem Ex-Soldaten unterhalte ich mich lange - obwohl wir beide unsere Englisch-Kenntnisse jenseits von Schulen erwarben unterhalten wir uns ganz gut, politisieren und philosophieren sogar ein bischen. Es kommt noch ein "big boss" dazu, ich frage ob das der Bürgermeister sei - das ist er nicht, aber sowas Ähnliches!
![]() 2010_07_13 - Dienstag, Reisetag 093
Die Nacht ist halb Sechs zu Ende, packe meine paar Sachen zusammen und wir ziehen los, seine Arbeitsstelle ist nicht weit. Dann fahre ich alleine weiter - so früh war ich noch nie unterwegs, überlege kurz ob ich mich noch einmal irgendwo hinlege. Der Donau-Radweg ist dann bald zu Ende, keine Ahnung wo er weiter gehen soll, auch Schilder fehlen gänzlich. Es bleibt mir also nichts weiter übrig als die Hauptstrasse zu suchen - dann fahre ich etwa 5 km auf der Autobahn Richtung Pancevo. Als ich sehe dass der Donau-Radweg die Autobahn unterquert wuchte ich den Roller über die Leitplanke und folge dem Radweg - mehr als ein Feldweg ist es nicht, der führt bald darauf auf den Deich, ist dann nur noch als Spur im Gras zu erahnen. Viele Radler werden hier kaum unterwegs sein, das kostet Zeit und Kraft hier erst einen Trampel-Pfad anlegen zu müssen, bald finde ich wieder eine Hauptstrasse der ich folge, der Fluss Tamisch wird überquert dann bin ich in Pancevo.
Tag: 74 km, gesamt: 2588 km
![]() 2010_07_14 - Mittwoch, Reisetag 094 Bereits beim Losfahren bin ich nass gschwitzt, in Dubovac kommen mir zwei Polizeiwagen entgegen - einer schleppt den anderen ab. Im Dorfladen hole ich einen Liter Joghurt (0,70 Eus), dann geht es weiter. Nach 11 km ist an der Strasse einmal wieder ein Donau-Radweg-Schild - vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer - das ich mir genauer besehe, ein Spruch verdient hier zitiert zu werden:
Vracev Gaj, vor Bela Crkva der erste Badesee mit Camping-Platz da bade ich ausgiebig. Einem Mann fehlt die linke Hand und der rechte Unterarm - sicherlich ein Opfer der Bürgerkrieges.
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