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Mit dem Roller nach Jerusalem...

Mauszeiger auf Foto zeigt Bildtitel, Texte / Fotos Audios © Burkhart Rüchel

Seite 04 - Tour Neustart - Deutschland

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2010_04_16 - Freitag, Reisetag 005

Nachdem ich mich in Berlin neu sortiert hab erfolgt am Freitag, d. 16.04. der Tour-Neustart, nun doch alleine (was ich nie wollte): per Mitfahrgelegenheit nach Erfurt, mein Roller samt Gepäck steht dort ja noch. W. ist abwesend, ich packe mein Zeugs schnell zusammen und fahre den Abend noch los. Im Steigerwald am Hang oberhalb der Gera mein kaltes Nachtquartier, sehr laut ausserdem, nichts mit Wanderers Ruh: "die Vögelein schweigen im Walde" wenn dauernd der ICE oder ein ewig langer Güterzug durchs Tal donnert! Früh um 8.oo gehts weiter, auf den Feldern liegt noch gefrorener Tau. In Möbisburg mache ich ein Paket fertig und schicke das überzählige Gepäck, u.a. auch die Reifen die ich für W. mitgenommen hatte, zurück nach Berlin. Weiter geht es über Waltersleben, Eischleben, Ichtershausen (Foto vom Heldendenkmal) nach Arnstadt (Foto Schloss und Ruine Neideck). Ich unterhalte mich eine ganze Weile mit einem ehemaligen Tropenlandwirt - der war früher u.a. in Syrien tätig gewesen und erzählte von der Deutschfreundlichkeit der Araber, "Wüstenfuchs" Erwin Rommel usw. stünden dort noch in hohem Ansehen!
Hinter Arnstadt quäle ich mich den ewig langen und furchtbar steilen Wanderweg "von Bach zu Goethe" hoch, muss mehrfach verschnaufen. Da wünscht man sich eher ein Geländefahrzeug! Irgendwann bin ich auf dem Kamm angekommen. Nicht lange dauert es und ich muss die erste Zecke entfernen, auch die erste hungrige Mücke des Jahres stellt sich ein. Überm Wipfratal steht ein mittelalterliches Sühnekreuz, die nächsten Fotos entstehen an den Felsabstürzen (alles verwitterter Muschelkalk) oberhalb Plaue/Crawinkel. Die Nacht zum Samstag verbringe ich auf dem Reinsberg, mit 604 Metern der höchste Berg in dieser Gegend. Es gibt ein paar kümmerliche Reste einer mittelalterlichen Raubburg - die Reinsburg. Sie wurde im Jahre 1290 von König Rudolf von Habsburg und der Stadt Erfurt erobert und anschließend zerstört.
Da es ein schöner Platz ist (abgesehen von vielen lauten Sportfliegern überm Thüringer Wald) entschliesse ich mich auch den Sonntag hier zu bleiben. Tagsüber schauen einige Wanderer vorbei, meist ältere Paare, auch 3 mountain-biker, einige Läufer die für diverse Marathons und den nächsten Rennsteiglauf trainieren. Ich erfahre dass in der Gegend schon ein Wolf gesichtet wurde.
19.04. früh packe ich dann meine Sachen zusammen und wandere die Bergkämme weiter, bin Mittag in Martinsroda, am frühen Nachmittag in Ilmenau. Am Imbiss Ortseingang trinke ich nach langer Zeit wieder einen (schlechten) Kaffee, etwas später verschenke ich meinen Flaschenhalter an einen Jungen mit MTB, mich hat das Ding nur gestört - man musste dauernd aufpassen dass man sich die Knie nicht stösst, es passte auch keine Flasche wirklich hinein. Am Flaschenhalter lag es nicht, sondern am Ort der Anbringung.
Später sitze ich in der Cafeteriea (Stahl/Glas/Beton) "Röntgenbau" der Technischen Universität Ilmenau und aktualisiere das Tour-Buch, lade nebenbei die Akkus von Telefon, netbook und Kamera. Mit Internet sieht es hier im Ort schlecht aus, frage mehrere Studenten wie man in der Uni wlan-Zugang bekommt, klappt nichts - habe sowas bisher noch nicht erlebt. Der Ausschank hier wird gerade geschlossen (15.oo) und so bleibt es wohl bei dem einen Kaffee, kann immerhin hier weiter sitzen bleiben. Draussen kleben rechte Plakate gegen Kapitalismus/Kommunismus und gegen Islamisierung.
In Ilmenau fallen mir viele vom Schicksal gezeichnete Menschen auf, meist im besten arbeitsfähigen Alter. In den 30er Jahren war die Gegend schon einmal Notstandsgebiet - und seit der Wende wieder, haben doch die Glas- und Porzellanfabriken dichtgemacht. Dem entsprechend ist die Arbeitsmarktlage ziemlich desolat, viele sind auch hier in irgendwelchen Massnahmen, andere haben sich aufgegeben. Die Uni ist nur ein kleiner Arbeitgeber.
Überall in der Gegend steht was von olle J. W. v. Goethe - der wäre wohl immer mit dabei gewesen seinerzeit, man bekommt den Eindruck dass ohne ihn hier sonst gar nichts passiert wäre! Also irgendwie stark übertrieben, man nimmt den als Aushängeschild und macht darüber alle anderen die sich hier irgendwie über die Jahrhunderte verdient gemacht haben vergessen...
Finde spätabends dann endlich am Ortsausgang eine Möglichkeit des Internet-Zugangs ("IKL" - keine Ahnung was das heissen soll, sieht eher aus wie eine Massnahme vom Arbeitsamt) - schon schlimm für eine Universitäts-Stadt dass man hier so lange nach suchen muss, auch absolut umständlich wie ich hier meine paar Daten ins Netz kriege - tiefste Provinz eben...

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2010_04_20 - Dienstag, Reisetag 009

Im "Forellenhof Meyersgrund" sitze ich morgens bei Kaffee, habe nebenbei Strom und nutze die Zeit am Rechner, so viel Zeit wie in Ilmenau will ich nicht wieder dran setzen. So bereite ich lieber alles unterwegs mal vor und wenn ich irgendwo internet-Zugang habe sende ich das.
Hier gibt es sogar einen Campingplatz, habe mich jedoch südlich Manebach auf eine Lichtung gelegt, im letzten Licht neben einem kleinen Gebirgsbach mein Zelt aufgeschlagen, von irgendeinem Gipfel tönte ein Waldhorn den Abendgruss. Das Tachometer zeigt inzwischen 0401 km.
Nun fahre ich die Ilm stromaufwärts (sie entspringt ein paar hundert Meter von hier), nehme weiter die Bundesstrasse 4 über Coburg nach Bamberg. Südlich Manebach sehe ich von der Strasse aus eine Höhle, da krieche ich natürlich hinein. Ich zwänge mich durch die Spalten, das Diodenlicht der Fahrradbeleuchtung gibt aussreichend Licht, irgendwo sehe ich einen kleinen Aufkleber fluoreszieren - mit einer kleinen gelben Ente drauf! Ein Stück weiter fängt dann etwas an zu quäken - ein an die Feldwand geschraubter Tongenerator, wahrscheinlich mit einem Bewegungsmelder oder Lichtsensor bestückt. In der Höhle liegt noch Eis, die Felsspalten sind so eng dass es mich nicht weiter hinein zieht, zumal da mit Sicherheit keine Schätze zu entdecken sind...
Überhaupt wurde die Gegend bergbaulich seit vielen hundert Jahren intensiv genutzt, sind wahrscheinlich viele Berge ausgehöhlt wie Schweizer Käse. Auch wurde im Zweiten Weltkrieg die Produktion vor allem von Waffen in unterirdische Anlagen verlegt sowie geheime Kommandobauten errichtet - die bekanntesten sind wohl bei Nordhausen / Harz die Produktionsanlagen der V-Waffen, in der Nähe von Arnstadt das Jonastal wo bis heute nicht restlos geklärt ist was da eigentlich alles passiert ist - die Spekulationen reichen bis zu Atomwaffenversuchen...

Schön ist die Anteilnahme die ich überall auf meiner Tour erfahre - nicht nur der Kontakt mit den Freunden und Verwandten daheim sondern auch von Leuten mit denen ich unterwegs ins Gespräch komme oder die mich über meine website anschreiben! Vielen Dank einmal an dieser Stelle an alle!!!

Foto Heldendenkmal 1870/71 in Stützerbach (ein Teil der Inschriften ist herausgemeisselt - wohl mal wieder nicht politisch korrekt gewesen), am Ortsausgang liegt im Strassengraben immer noch Schnee, bei "Rickes Imbiss" gönne ich mir eine gute Thüringer Rostbratwurst. Nun geht es bald nur noch bergab, ich muss wohl einen Gebirgskamm überschritten haben! Bei Schmiedeberg erreiche ich eine neue Höchstgeschwindigkeit von knapp 53 km/h. Es geht an der Nahe entlang, durch Schleusingerneundorf weiter die Bundesstrasse 4 entlang die meist nur mässig befahren ist. Wenn LKWs kommen bzw. stärkerer Gegenverkehr mache ich natürlich die Strasse frei. Vor Schleusingen steht an einem Kreisel: "Free Tibet!", am Marktplatz Schleusingen lege ich eine Rast am Brunnen ein - obenauf die Heilige Elisabeth von Thüringen, ich sehe mir die Bertholdsburg an. Weiter geht es dann über Wiedersbach, Battendorf, Brünn nach Eisfeld wo einige Fotos entstehen - u.a. vom Schloss, davor eine Büste des Heimatdichters Otto Ludwig.
Die Nacht verbringe ich hinter Eisfeld an einem kleinen Waldsee auf weichem Mooslager gegenüber einer kleinen Insel. Das Tachometer zeigt 52 km für den Tag, 0453 km Gesamtstrecke.

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2010_04_21 - Mittwoch, Reisetag 010

Gegen 10.oo fahre ich ab (es sind keine 8 Grad Celsius und ich wünschte ich hätte Handschuh dabei), bald erreiche ich den ehemaligen Grenzübergang Eisfeld-Rottenbach, nun bin ich schon "im Westen". Die Strassenränder sind hier deutlich weniger vermüllt als in Brandenburg und Thüringen (die nehmen sich beide nicht viel), ich fahre über Neukirchen, Unter- und Oberlauter - dort beim Bäcker komme ich mit den ersten "Bayern" - die bestehen darauf dass sie eigentlich Oberfranken sind - ins Gespräch, ein älterer Herr erzählt u.a. vom Kriegsende das er als 13jähriger erlebte: er hätte einen Cousin bei der LAH gehabt der Anfang der 40er schon den Zusammenbruch prophezeite und dass man die Verantwortlichen aufhängen würde; auch ergab sich in der Gegend dann die "Gespensterdivision" den Alliierten - als die u.a. ihre Fahrzeuge an Russen und Polen abgeben mussten hätte ein Kradfahrer sein überschweres Gespann das ihn den ganzen Krieg treu begleitete mit Vollgas einen Abhang runterfahren lassen...
Als ich bald weiter rollere finde ich am Strassenrad ein Paar neuer Arbeitshandschuhe!
Mittags bin ich im schönen Coburg und frage lange nach einem Internet-Cafe, am Theaterplatz finde ich eins und nutze die Gelegenheit, wer weiss wann ich einmal wieder dazu komme hier zu aktualisieren. In der Zwischenzeit unterhalte ich mich mit einem Ex-Feldjäger der Bundeswehr, er erzählt nicht nur seine ganzen Krankengeschichten - er wäre auch Seneschall bei der Freimaurern, hätte mütterlicherseits jüdische Vorfahren. Jedenfalls ziemlich interessant. Als ich meine Daten soweit habe stellt sich heraus dass die PC-Einstellungen meinen Datentransfer nicht zulassen. Ich muss also einen anderen Internet-Laden suchen und finde in der Nähe einen der von einem Palästinenser betrieben wird, dort ist dann alles gar kein Problem.
Nahebei das Coburger Stadtschloss "Ehrenburg" (Herzogliches Residenzschloss bis 1918), später schiebe ich den Roller zur Veste Coburg mühevoll hinauf. Das hat sich auf jeden Fall gelohnt! Die Kunstsammlungen sind bedeutend, es wird aber gleich geschlossen, so sehe ich mir die Veste nur von aussen an. Bei der rasanten Abfahrt wird ein neuer Rekord erreicht: 64 km/h!

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Weiter geht es über Untersiemau (Foto: Wegsäule mit Sonnenuhr) - danach ist die Landschaft weithin aufgerissen für die geplante ICE-Strecke Nürnberg-Dresden, in Zilgendorf ist gerade Schrottaktion und es liegt ein altes, gut erhaltenes Hercules-Damenrad herum (ich überlege kurz ob ich nicht umsteige). Altenbanz, Stadel und in der Dämmerung erreiche ich die grosse Klosteranlage Banz, schiebe mit letzter Kraft die richtig steile Anfahrt hinauf. Frage nach einer einfachen Herberge für mich müden Pilger. Die junge Dame am Empfang meint das ginge nur für Seminarsteilnehmer, telefoniert aber ob man nicht eine Ausnahme machen könne. Als die Zusage kommt soll dann die Übernachtung 55 Eus incl. Frühstück kosten, und der Roller soll auf den unbewachten Parkplatz ausserhalb (da stehen Schilder die auf Diebstahlgefahr hinweisen). Na, das ist dann doch nichts für mein schmales Reisebudged und ich ziehe vor auf der Wiese gegenüber die Nacht zu verbringen, baue im allerletzten Schummerlicht das Zelt auf, mein Abendbrot ist heute trocken Brot und eine Zwiebel, ich mache mir Glühwein, es war den ganzen Tag lausekalt. Tageskilometer / Gesamtkilometer: 52 / 0504 km.
Als ich vor dem Einschlafen nochmal vors Zelt trete sehe ich zwischen den Blinklichtern zweier Flugzeuge eine Sternschnuppe fallen und wünsche mir was...

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2010_04_22 - Donnerstag, Reisetag 011

Der Himmel ist voller Kondensstreifen - sie fliegen also wieder was das Zeug hält (der isländische Gletscher-Vulkan Eyjafjalla spuckte riesige Wolken aus Asche in den Himmel - in weiten Teilen Europas kommt der Flugverkehr zum Erliegen, erst am 17. Mai wird Entwarnung gegeben). Ich sehe mir das beeindruckende Kloster Banz an. Benediktiner Mönche gibt es schon lange nicht mehr, ebensowenig die "Heiligen Engel", im 2. Weltkrieg war die Anlage Lazarett, danach Altenheim, heute ist hier die politische Hanns-Seidel-Stiftung drin (der war in den 1960ern ein bayrischer Ministerpräsident).
Ich besehe mir die Klosteranlage, an der Klosterkirche hängt ein Plakat auf dem Pilgerreisen in alle Herren Länder angeboten werden - natürlich mit Flugzeug per Pauschalreise. Als die Klosterkirchenglocke 12 schlägt verlasse ich diese Stätte, im Wald unterhalb der Klosters entdecke ich Bärlauch und ernte eine Mahlzeit, in Hausen werde ich zu Bier und Grillwurst eingeladen und habe in der Wirtschaft direkt am Main angenehme Unterhaltung mit einem Ehepaar (Foto) und dem Vertreter der Brauerei (der mir einen "Saidler" schenkt - so heissen hier die Bierkrüge). Der Main wird am kleinen Kraftwerk vis-a-vis überquert, in Raundorf stehen die Gartenzwerge Spalier, am Nachmittag bin ich im Wallfahrtsort Vierzehnheiligen. Hier finde ich nette Aufnahme im Diözesanhaus der Franziskusschwestern, bekomme ein kleines, einfaches Zimmer für 22 Eus mit Frühstück, habe grosses Glück - normalerweise ist hier alles ausgebucht! Das Haus hier ist modern zurecht gemacht, die meisten Wallfahrer und Gäste wollen heutzutage keinen Komfort mehr missen. Als erstes nehme ich eine heisse Dusche, rasiere mich endlich einmal wieder. Am Abend trinke ich in der Klosterbrauerei zwei naturtrübe leckere Biere, komme mir in der Wirtschaft vor wie in einem Fernsehschwank auf Bayern-III - angenehm urige und laute Athmospäre, die ganze Ausstattung - niedrige Decke, Holzstühle - alles passt.
Zurück zum Quartier sehe ich in der Ferne die Silhouette vom Kloster Banz.

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Der Roller hat bis jetzt gut durchgehalten, es gibt eigentlich nichts wirklich zu kritisieren. Musste nur einmal die hintere Bremse richtig einstellen, obwohl Shimano-DeoreXT hat die jedoch hinten wenig Wirkung. Die Reifen halten ebenfalls sehr gut durch bisher und das bei jedem Untergrund - egal ob Schotter, Split, Waldboden oder Asphalt, ausser bei schlammigen Acker natürlich. Geländeprofil brauche ich nicht, habe ich doch keinen Radantrieb. Vorn ist ein Continental TopContakt drauf, hinten Schwalbe Marathon TourPlus. Mit meinen Schuhen habe ich eine gute Wahl getroffen - leichte, halbknöchelhohe Wanderschuhe mit VIBRAM-Sohle, schätze die werden die Tour durchstehen.

2010_04_23 - Freitag, Reisetag 012

Wallfahrtsort Vierzehnheiligen. Der Sage nach ist im 15. Jahrhundert an einer Stelle innerhalb der Basilika (natürlich vor deren Bau) einem Hirten der Erlöser im Kreise von 14 Knaben erschienen - diese gelten seitdem als die 14 Nothelfer. Die Basilika ist unbedingt sehenswert, sowas bekommt man im gottlosen Norddeutschland (wozu ich Berlin zähle) nicht zu sehen. Man nennt diese Gegend "Gottesacker"; es soll eine gewisse Heilkraft von den Wallfahrtsorten hier ausgehen (Kloster Banz, 14Heiligen, Staffelberg) - ich verstehe bloss nicht dass es Leute gibt die mit PKW hier rauffahren und sich dann grosse Wirkung erhoffen. Um die Basilika sind heute die ganzen Andenkenläden geöffnet.

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Mittags breche ich auf zum Staffelberg - da haben vor etwa 5ooo Jahren schon die Kelten gesiedelt, später die Germanen. Archäologisch ist alles längst erschlossen, fanden Ausgrabungen sicher nicht nur die letzten 40 Jahre statt. Auf einem Acker oberhalb der Brauerei auf dem mehr Steine als Erde zu liegen scheinen finde ich ein paar Versteinerungen ("Ammonshörner" = Ammoniten, ca. 65 Millionen Jahre alt) aus dem Juras/Kreidezeit, der Landwirt kommt mit dem Trekker und grüsst freundlich - in Brandenburg hätte man gleich versucht mich zu verjagen! Wir unterhalten uns eine ganze Weile, ich erfahre einiges zur wirtschaftlichen Situation, der Acker ist vom Kloster gepachtet - natürlich wird auch hier viel von der EU gefördert!
Auf dem Staffelberg ist nicht nur eine hübsche kleine Kapelle sondern auch eine kleine, gutgehende Gastwirtschaft. Ich gönne mir ein fränkisches, naturtrübes Bier: "Sankt Georgenbräu", Buttenheim), überrede später den Wirt mir ein zweites zu spendieren, genisse die herrliche Aussicht übers Maintal, Bad Staffelstein, Lichterfels und die umliegenden Dörfer. Auf dem Staffelberg ist eine Pflanzenvielfalt die jeden Steingartenbesitzer in Verzückung versetzen würde. Ich finde netten Kontakt zu Leuten aus der Gegend, es ist ein richtig warmer Tag, ich entschliesse mich hier eine Nacht zu bleiben. Am Osthang des nächsten, östlich gelegenen Berges - ich glaube der heisst Spitzberg - schlage ich mein Zelt auf. Am Nordhang des Berges ist ein älteres, grosses Loch - etwa 5 m Durchmesser und 2 m tief (da waren wohl mal Schatzsucher am Buddeln), in der Nähe finde ich ein kleines Bronzeplättchen ca. 1,5 x 3,5 cm, ob das was antikes ist?

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2010_04_24 - Samstag, Reisetag 013

Um den Staffelberg zieht eine Prozession mit Fahnen, Blasmusik und Gesang, in der Ferne geht ein Schäfer mit seiner Herde, im Geröll sehe ich eine grüne, etwa 15 cm lange Eidechse, auch kleinere ca. 5 cm braune. Als ich abfahre komme ich mit einem Radfahrer (ehemaliger Sportler, Sportflieger usw.) ins Gespräch, er lädt mich zu Brotzeit und Bier ein und ich steige noch einmal mit auf den Staffelberg wo wir lange im Sonnenlicht auf der Terrasse sitzen. Auf dem Gipfel spielt jemand Minitrompete, da mache ich trotz Wind Film- und Tonaufnahmen: Tonaufnahme-1, Tonaufnahme-2: "Friesenlied" !!!. Die Abfahrt ist wieder sehr rasant die unbefestigten Wege mit 50 km/h, im Sprung gehts über die querlaufenden Regenrinnen.

Friesenlied:

Wo die Nordseewellen spülen an den Strand,
Wo die gelben Blumen blühn ins grüne Land,
Wo die Möwen schreien schrill im Sturmgebraus,
Da ist meine Heimat, da bin ich zu Haus.

Well'n und Wogen sangen mir mein Wiegenlied,
Hohe Deiche waren mir das "Gott behüt",
Merkten auch mein Sehnen und mein heiss Begehr:
Durch die Welt zu fliegen, über Land und Meer.

Wohl hat mir das Leben meine Qual gestillt,
Und mir das gegeben, was mein Herz erfüllt.
Alles ist verschwunden, was mir leid und lieb,
Hab das Glück gefunden, doch das Heimweh blieb.

Heimweh nach dem schönen, grünen Marschenland,
Wo die Nordseewellen spülen an den Strand,
Wo die Möwen schreien, schrill im Sturmgebraus,
Da ist meine Heimat, da bin ich zu Haus.

Friesenlied plattdütsch:

Wo de Nordseewellen trecken an de Strand,
Wor de geelen Blöme bleuhn int gröne Land,
Wor de Möwen schrieen gell int Stormgebrus,
Dor is mine Heimat, dor bün ick to Hus.

Well'n un Wogenruschen weern min Weegenleed,
Un de hohen Dieken seh'n min Kinnertied,
Markten ok min Sehnen un min heet Begehr:
Dör de Welt to flegen, ower Land un Meer.

Wohl hett mi dat Lewen all min Lengen still,
Hett mi all dat geven, wat min Hart erfüllt;
All dat is verswunnen, wat mi drück un dreev,
Hev dat Glück woll funnen, doch dat Heimweh bleev.

Heimweh nach min schöne, gröne Marschenland,
Wor de Nordseewellen trecken an de Strand,
Wor de Möwen schrieen gell int Stormgebrus,
Dor is mine Heimat, dor bün ick to Hus.

Weiter über Pfersdorf, Unterneuses, Ebensfeld, Unterleiterbach, Zapfendorf (Foto: Prozession), Oberunterndorf. In Hallstadt bin ich etwa 18.oo, eine halbe Stunde darauf in Bamberg das ich mir wegen der vorgerückten Stunde nicht mehr ansehe, ich fahre den Regnitz-Kanal entlang, am südlichen Ortsausgang ist grosse Techno-Mucke auf den Sportplätzen und die Jugend strömt da hin, fahre noch ein paar Kilometer am Main-Donau-Kanal entlang, schlage auf einer Wiese mein Zelt auf.

Tachometerstand: 0566 km.

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2010_04_25 - Sonntag, Reisetag 014

Der Vormittag ist so heiss dass ich mein Frühstück mit freiem Oberkörper einnehme, das Thermometer zeigt 35 Grad Celsius in der Sonne, bin sowieso schon recht braun gebrannt. Hinterher nehme ich noch ein Cigarillo. Als eine grosse rötliche Zecke auf mich zukraxelt packe ich zusammen, fahre den Kanal weiter entlang. Es ist kein einziges Schiff zu sehen - wie ich dann von einem Angler erfahre sind an den Schleusen Baumassnahmen und die Schiffahrt ruht deswegen. Auf den tollen Radwegen den Kanal entlang sind viele Radfahrer unterwegs, einige Jogger und natürlich Leute mit Hunden.
Da ich keine Karten dabei habe (die blieben mit dem 2. Roller in Erfurt) orientiere ich mich wenn nichts ausgeschildert ist meist grob am Sonnenstand, habe auch einen Kompass dabei, frage gelegentlich die Leute. Zur Not habe ich immer noch die elektronischen Karten im Telefon, kann da auch meinen Standort ermitteln.
In Hirschaid gönne ich mir wieder ein gutes fränkisches Bier - ein "Rittmayer" aus Hallendorf, dabei sitze ich wieder einige Zeit am netbook. Es heisst ja die Sachsen brauen ein gutes Bier - aber die sollen einmal nach Franken fahren !!!
Heggolsheim, in Paulsdorf steht auf einem Grundstück ein ausgedienter Zirkuswagen, ein Fachwerkhaus wird wieder aufgebaut, da tut ein Unimog seinen Dienst. Forchheim, einige Kilometer vor Erlangen werde ich von einem Ehepaar die mit Rädern unterwegs sind und denen ich mit dem Roller auffalle spontan zu einer Herberge eingeladen. Das nehme ich dankbar an, werde herzlich aufgenommen - wir schwatzen lange die halbe Nacht, es ist richtig nett bei Uli und Udo. Im Gästebett schlafe ich herrlich, nach einem guten Frühstück fahre ich am nächsten Tag erholt weiter.

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2010_04_26 - Monntag, Reisetag 015

Erlangen sehe ich mir nach der Abfahrt an - auf dem Markt der Pauli-Brunnen, das Schloss des Markgrafen war Witwensitz - heute die Friedrich-Alexander-Universität. Es gab hier wie in Brandenburg die Hugenotten, an einer Laterne sehe ich dass Baumeister Schinkel auch in Erlangen tätig war. Die Neustädter Kirche ist Universitätskirche, die Hugenottenkirche leider geschlossen.
Später geht es weiter den Kanal entlang. Eine ehemalige Mülldeponie ist mit Solarzellen bestückt und liefert seitdem Strom (eigentlich könnte man doch auch die Faulgase verwerten). Als die Wasserstrasse die Rednitz überquert bade ich nackt im Kanal, gegenüber gucken die Radfahrer bissel komisch, ich schiebe den Hang zum Rednitztal herunter und stehe nun unterhalb des Kanals, da sind die Wände voller Graffiti. Auf den Wiesen suche ich mir einen Platz zum Schlafen, der Kanal dient mir als kleiner Schallschutz zur Autobahn die dahinter parallel verläuft.
Das Tachometer zeigt inzwischen 0637 km.

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2010_04_27 - Dienstag, Reisetag 016

Durch Fürth fahre ich nur durch, ab Stadtpark Wiesengrund nun immer an der Pegnitz entlang. Es soll im Fluss sogar Otter geben, an einer Brücke sehe ich einen grell orangen Fisch sich gegen die Strömung flussaufwärts quälen. Hat da jemand seinem Koy-Karpfen die Freiheit gegeben?
Bald bin ich in Nürnberg - im Flusstal der Pegnitz ist ein Becherschöpfwerk in Betrieb. Das Fachwerkhaus mit den roten Balken steht am Maximilianplatz und heisst "Weinstadel", im 13. Jahrhundert verlief hier die "vorletzte" Stadtmauer, im 15. Jahrh. war es ein Siechenhaus für Leprakranke, ab ca. 1571 Weinlager - und ist heute Studentenwohnheim; weiter ist der Henkersteg mit Henkerturm zu sehen - da wohnte sein Mitte des 15. Jahrhunderts der Scharfrichter. Am Köpfleinsberg steht ein Denkmal für die Gefallenen von 1870/71 sowie die der beiden Weltkriege. Von hier aus sieht man schon die Kaiser-Burg. Am Nassauerhaus ist nicht nur eine Sonnenuhr sondern auch eine Gedenktafel von 1952 für die bis dahin noch nicht zurückgekehrten Gefangenen und Vermissten des Zweiten Weltkrieges. Das Haus ist das letzte erhaltene Romanische Turmhaus aus dem 12./13. Jahrh. mit Aufbauten und Chörlein vom Anfang des 15. Jahrhundert. Gegenüber die Evangelisch-Lutherische Kirche Sankt Lorenz.
Die nächste Kirche ist die Katholische Pfarrkirche "Unsere Liebe Frau", dort übt sich eine Frau gerade im Orgelspiel, ich mache eine kleine Filmaufnahme. Weiter ein Portal des alten Rathauses, die Industrie- und Handelskammer, die Kirche Sankt Sebald (dort hat jemand was auf eine Infotafel gekritzelt und die Zahlen verwechselt - der meinte wohl 10 : 1) und der dazugehörige Pfarrhof, die Stöpselgasse. Die letzten Aufnahmen sind von der Kaiserpfalz (die Jugendherberge im ehemaligen Kornspeicher dort ist mir zu teuer, ausserdem müsste ich da erst beitreten - das kostet auch nochmal mehr als 20 Eus). Bei der Tourismusinformation erfrage ich ein Motorradmuseum - mir wird das Museum für Industriekultur empfohlen, die hätten bis 18.oo geöffnet.

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In einen Waschsalon gehe ich hinterher, versuche irgendwo Internet zu bekommen, wird aber nichts. Beim ADAC frage ich nach den kostenlosen Autokarten fürs Ausland, bekomme natürlich keine da ich nicht mehr Mitglied bin. Als ich frage ob man nicht mal eine Ausnahme machen könne sagt die Dame: Sie möchte deswegen ihren Job nicht verlieren! Beim Chef wird mir angetragen die normalen Karten zu kaufen - oder ADAC-Mitglied zu werden, ich solle durchrechnen was günstiger für mich ist! Na, ich verzichte. Und dafür habe ich noch jahrelang Mitgliedsbeitrag gezahlt - auch nachdem ich schon längst kein KFZ mehr hatte...
Als ich später am Museum für Industriekultur ankomme haben die natürlich gerade zu - Dienstags nur bis 17.oo auf, da hat mich also die Touristinfo falsch beraten!
Ich seh zu dass ich weiter komme, fahre am "Business-Turm" vorbei, die Stadt nimmt kein Ende. Irgendwann komme ich zum Reichsparteitagsgelände. Die Kongresshalle ist nicht fertiggestellt worden - mit Kriegsbeginn 1939 wurden die Arbeiten eingestellt.
Ausser dem Hallen-Rohbau gibt es noch Aufnahmen vom Zeppelinfeld mit der grossen Tribüne - Vorlage dafür war der Pergamonaltar (Berliner Pergamon-Museum). Das Kreuz haben die Amerikaner nach dem Krieg gesprengt, nutzten das Gelände u.a. als Militär-Paradeplatz. 1967 wurden die Säulengänge von der Stadt Nürnberg gesprengt - angeblich wegen Baufälligkeit. Wo die beiden Anzug-Typen stehen stand seinerzeit der Führer! Das gesamte Gelände steht unter Denkmalschutz.
Ausserhalb der Stadt stehen vor einer Werbefirma zwei kleine LKW-Oldtimer. In Altenfurt suche ich mir auf einer grossen Freifläche einen Platz für mein Zelt.

Kilometerstand heute: 0675 km.

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2010_04_28 - Mittwoch, Reisetag 017

Relativ früh stehe ich heute auf, warte bis meine Wäsche trocken ist (gestern zwischen den Bäumen aufgehängt). Die grosse Wiese - das Moorenbrunner Feld - wird wie letzten Abend sehr von Leuten mit zudringlichen Kötern frequentiert, anscheinend hat hier jeder einen. Ich erfahre später: Die Leute halten hier grosse Hunde um sich vor international tätigen Verbrecherbanden zu schützen - es gibt viele Wohnungs-Einbrüche von kleinen Banden die hier gar keinen Wohnsitz haben, ganz vom Ausland agieren.
In Feucht finde ich einen netten Bäckerladen wo man mich lange sitzen lässt - so kann ich nicht nur hier aktualisieren sondern auch die Akkus von netbook und Kamera nachladen. Nun muss ich nur wieder irgendwo einen Internet-Zugang finden.
Weiter geht es jetzt über die Dörfer: Lindelburg, Unterfrieden, Kemnath (dort steht ein Buddha an einer Brücke), Postbauer-Heng, Köstbach. Auf den Tyrolsberg quäle ich mich, finde dort jedoch keinen Platz zum Zelten, erst am Osthang gegenüber Rittershof ist ein geeigneter Waldrand, vom Zelt aus sehe ich den Mond aufgehen.

Kilometerstand: 0706 km.

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2010_04_29 - Donnerstag, Reisetag 018

In Neumarkt suche ich lange nach einem Internet-Cafe, vergeblich, immerhin hat der Ort 140ooo Einwohner. Im Laden der Firma Max Lindner - die stellen weltweit Socken her - darf ich w-lan nutzen, ich erfahre einiges über hiesige Verhältnisse von der Chefin (in 4. Generation). Der riesige Hund ist zurückhaltend, ich bekomme zwei Kaffee spendiert, die Frau Lindner will mich in ihren blog einbauen, zuletzt schenkt sie mir noch 3 Paar Socken!

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Am Ortsausgang schaue ich noch über einen Schrottplatz, da gibts natürlich keine Oldtimerteile. Vor einem Alfa-Romeo Autohaus steht ein schöner alter Alfa, ein Mercedes-Taxi ziert eine Hausfassade, bei einem Opel Autohaus stehen auch Oldtimer.
Ab Weichselstein fahre ich über Land, es gibt keine Einfamilienhaussiedlungen mehr sondern wieder richtige Höfe. Ab Sengenthal gehts am Alten Kanal - dem König-Ludwig-Kanal - entlang, da gibts viele grosse Fische. König Ludwig I. von Bayern erfüllte mit dem Bau des Alten Kanals (Bauzeit 1836-1846) einen lang gehegten Menschheitstraum - eine durchgängige Verbindung zwischen dem Schwarzen Meer und der Nordsee! Beim Bau waren sogar schon italienische Gastarbeiter beschäftigt, das Projekt gab nicht nur vielen lokalen Handwerkern Arbeit sondern überhaupt der ganzen Region grossen Aufschwung. Das Eis aus dem Kanal wurde in Kellern oder Berg-Stollen eingelagert und zum Kühlen von Fleisch und Bier bis lange in den Sommer hinein verwendet. Abgesehen davon gedieh Fischerei und Wassersport. 1945 wurde der Kanal nach den durch den Krieg erfolgten Beschädigungen sowie steter Transportrückgänge (die Kanal-Breite genügte den gewachsenen Ansprüchen nicht mehr) aufgelassen.
In der Bilanz war der Alte Kanal ein Verlustgeschäft - jedoch diente der Bau per Gesetz der "Förderung des äusseren und inneren Verkehrs", war eine gemeinnützige und öffentliche Anstalt.
Ich unterhalte mich mit einem alten Mann der mit einem elektr. Wägelchen unterwegs ist - ein Donauschwabe aus dem Banat, der war als junger Mann Grenadier bei der Prinz-Eugen: 1943 bei der Partisanenbekämpfung, 1944 in Ungarn schlecht ausgerüstet im Abwehrkampf gegen die Russen, anschliessend in Italien im Einsatz. Er hat noch 20 lange Jahre von seinen Kriegserlebnissen geträumt! Nun ist er nach einem Schlaganfall mit diesem Fahrzeug unterwegs.
Am Kanal sind teils recht skurile Plastiken aufgereiht.
Beim Netto in Mühlhausen unterhalte ich mich mit einem Hausmeister der sich für die Roller-Tour interessiert, als ich abfahre schenkt er mir spontan 20 Eus für die Reisekasse!
In Berching treffe ich ein älteres Ehepaar - Deutsche aus Siebenbürgen / Rumänien, die erzählen mir einiges aus ihrer alten Heimat und von den Verfolgungen denen sie nach dem Krieg ausgesetzt waren, viele pauschal nach Russland zur Zwangsarbeit verschleppt, Enteignung usw.
Bei einer KFZ-Werkstatt mit Autoverwertung frage ich mal ob da irgendwelche Oldtimer zu sehen sind - das älteste was die haben ist ein Mexiko-Käfer. Mit meinem Roller mache ich da ziemlichen Eindruck, werde zum Bier eingeladen, jemand hat auch noch Geburtstag und so wird es eine lange Nacht mit Andreas und Peter. Mit dabei: 2 grosse Hunde und 5 Katzen. Ein Bett bekomme ich im Keller, da gibt es eine Art Gästezimmer, komme mir ein bischen vor wie im Bunker, schlafe jedoch sehr gut. Morgens eine warme Dusche.

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2010_04_30 - Freitag, Reisetag 019

Kann in der Werkstatt noch eine Weile sitzen und schreiben, unterhalte mich mit 2 Libanesen die hier Kunden sind - die empfehlen mir lieber durch den Libanon zu reisen. Mittag komme ich erst los, es ist wieder ein heisser Tag. Der Alte Kanal ist schon lange nicht mehr schiffbar, mehrfach unterbrochen, teils verlandet - dabei wäre der ideal für Wassersport: Paddler, Kanufahrer usw. So nutzen den bloss die Angler, und die Wasserwanderer müssen mit dem grossen Kanal vorlieb nehmen - das ist wie Autobahnfahren, immer bloss geradeaus. Der neue Kanal hat sich so schnell rentiert - da hätte man eigentlich den Alten Kanal mit erhalten können.
In Plankstetten sind an der grossen Brücke Figuren aufgestellt, ich besichtige die Benediktiner-Abtei "Sankt Gregor" und deren Ikonensammlung, frage auch nach Arbeit. Fahre dann aber doch weiter, hatte ja gerade erst ein Quartier und will auch weiter kommen. Nun ist morgen auch Samstag der 1. Mai, und ob hier Sonntag gearbeitet wird?
Weiter über Bittelbach-Gries nach Beilngries: da gibts eine alte Stadtmauer mit dem Strohbauernturm aus dem 15. Jahrh. und dem Sauhüterturm von 1525, da war seinerzeit die Dienstwohnung des städtischen Sauhüters, den Turm ziert ein Wappen (mit 3 Jakobsmuscheln) des Bauherrn Fürstbischof Gabriel von Eyb. Ich mache einen Abstecher nach Pfraundorf (da blüht schon der Flieder), hier hat ein Kies- und Schotterwerkbetreiber eine Oldtimersammlung. Freitag nachmittag ist da natürlich niemand mehr.
Zurück in Beilngries erklimme ich mit dem Roller den Wodansberg, da soll eine altgermanische Opfer- und Wall-Stätte gewesen sein, später Judenburg genannt - ein "Verschönerungsverein" hat 1901 eine Steinsäule aufgestellt. Hier schlage ich mein Zelt auf, in der Nacht regnet es - die Landwirtschaft hats nötig!

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2010_05_01 - Samstag, Reisetag 020

Als die Sonne wieder scheint habe ich eine herrliche Aussicht über Beilngries. Als mein Zelt trocken ist packe ich und ziehe weiter. Am Stadtrand sind schon die Golfer in Aktion, ich sehe eine Weile zu, kann aber keine Begeisterung aufbringen, laufe lieber ein paar hundert Meter über einen gepflügten Acker. Ein paar glasierte Steingutscherben finde ich, 2 dicke Scherben blauen und grünen alten Glases, einen Knochen - und 5 Golfbälle (4 davon liegen wohl schon länger), keinen Topf mit Gickerlingen!
Die Wege am Neuen Kanal - der nennt sich nun "Europa Kanal" - sind wesentlich besser, da sind auch die ganzen Radfahrer unterwegs - ich bleibe lieber am Alten Kanal, da ists viel schöner.
In Ottmaring ist im alten Kanal lautes Krötenkonzert und ich mache eine Tonaufnahme, im Ort lese ich am Kriegerdenkmal den Namen Michael Wittmann. Beim Maifest unterm Maibaum frage ich Anwohner ob das das bekannte Panzer-As ist, es stellt sich heraus dass der bewusste aus Vogeltal stammt - das ist ein Ort ganz in der Nähe. Der Name "Wittmann" ist in der Gegend sehr verbreitet. Ein Stück weiter gibt es Osterlämmer: Tonaufnahme, dann ist am Alten Kanal ein Keltenhaus "Alcmona" nachgebaut, an einer Infotafel steht dass das Altmühltal das ehemalige Bett der Donau war - vor Millionen Jahren! Am Zusammenfluss der Altmühl, des König-Ludwig-Kanals und des MDK sind an den Altwasserarmen Biberspuren nicht zu übersehen.
In Griesstetten ist die Wallfahrerkirche (erbaut 1740-1750) "Zu Den Drei Elenden Heiligen": Marinius, Vimius und Zimius, irische Mönche aus dem 12. Jahrh. vom Kloster Sankt Jakob / Regensburg; etwas weiter quäle ich mich den mächtig steilen Wanderweg zum Eggersberg hinauf, weil es regnet sind Wiese und Steine total glatt und ich rutsche mehrfach aus, falle samt Roller auf die Seite. Dabei bekomme ich auch noch einen Platten vorn, wie sich dann herausstellt ein seitlicher Einstich, da hilft auch kein Pannenschutz. Oben im Schloss ist Maifest mit Starkbier und ein Jaguar - Oldtimer-Treffen mit Blasmusik, Bierzelt und Security. Ich unterhalte mich lange mit den ehrenamtlichen DRK-Rettungssanitätern, die organisieren mir auch ein Bier während ich den Schlauch im Nieselregen wechsle.
Später entdecke ich am Rand von Ober-Eggersberg auf einer Wiese ein Häuschen auf einem alten Bundeswehr-Anhänger - die Nato-Kupplung erinnert mich sehr an meinen Unimog-Funkkoffer. Jedenfalls wird das mein Nachtquartier, zwar hart aber trocken, mag auf keiner durchgeweichten Wiese im Regen mein Zelt aufbauen, zumal es sich richtig einregnet.

Kilometerstand: 0797 km.

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2010_05_02 - Sonntag, Reisetag 021

Sitze im Schlosshof Eggersberg mittags beim Weissbier unter einem Partyzelt, eine bayrische Blaskapelle spielt auf. War gerade im Hofmark-Museum, da sind u.a. Funde der Ausgrabungen die beim Bau des Main-Donau-Kanals gemacht wurden ausgestellt, ausserdem Exponate zur Erdgeschichte - in der Gegend sind die Versteinerungen der Flugsaurier entdeckt worden, das ist unbedingt sehenswert. Eine Weile schwatze ich mit einem der Sicherheitsleute, die Löhne in der Branche sind hier nicht viel besser als in Berlin. Später treten noch Schuhplattler auf! Da mache ich natürlich Film- und und mit dem Telefon Tonaufnahmen: Tonaufnahme-1, Tonaufnahme-2, Tonaufnahme-3, Tonaufnahme-4. Und es regnet und regnet...

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