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Burkhart Rüchel

NAMIBIA
2014

arche-foto.com

mit dem Fahrrad durch die Namib...

Seite IV

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© Burkhart Rüchel04.04.2014 Freitag
Wunderbar geschlafen auf dem Gelände der Farm Albrechtshöhe, weitab von Straße und Bahnstrecke. Bin schon kurz nach 7.30 Uhr reiseferig und schiebe zurück zur Pad, kontrolliere bevor ich aufsteige wie üblich meine Reifen auf Dornen. Einen muß ich dann doch übersehen haben und noch auf der Gravelroad verliere ich vorn Luft, muß das Rad rausnehmen und den Schlauch flicken. Das geht ja recht fix und bald fahre ich wieder. Doch kaum 4 oder 5 Kilometer weiter macht es vorne Pfffft und die Luft ist wieder raus. Als ich den Schlauch herausnehme stellt sich heraus daß er am Ventilstutzen eingerissen ist, das kann man heutzutage nicht mehr reparieren und so hole ich den Ersatzschlauch aus den Tiefen meiner Packtaschen. Mit dem neuen Schlauch komme ich allerdings auch kaum 10 Kilometer weit - wieder dasselbe Problem! Nun versuche ich um den Stutzen einen Flicken zu setzen doch das hält auch nur wenige hundert Meter. Irgendwie ist da heute wohl der Wurm drin (beide Schläuche waren von der Firma Schwalbe anläßlich meiner Tretroller-Tour 2010 gesponsert). So bleibt mir nichts weiter übrig als den Daumen rauszuhalten und mich samt Fahrrad nach Okahandja mitnehmen zu lassen.
Keine Viertelstunde stehe ich da hält schon ein Truck. Der Fahrer - Marc van der Merwe - meint ich solle die Packtaschen ins Fahrerhaus tun, als dann auch das ganze Fahrrad da hinein soll gucke ich etwas ungläubig! Ein anderer Mitfahrer nimmt oben das sperrige Ungetüm entgegen, ich baue das Vorderrad raus und nun haben wir zu dritt einigermaßen Platz. So geht es die ca. 75 km bis Okahandja!

   

In Okahandja kommen wir bereits 11.oo Uhr an und werden am Ausspannplatz in Nähe des Bahnhofes rausgelassen. Das Rad schiebe ich zu Schwarzkopf Hardware, kaufe dort 2 neue Schläuche (Made in China) und montiere gleich einen. Allerdings ist der Ventilstutzen für meine Kammerfelge zu kurz und die Luftpumpe greift kaum, außerdem ist das Ventil extrem schwergängig. Nicht weit entfernt ist ein Reifenservice und ich lasse das Ventil aus meinem alten Reifen tauschen und mittels Kompressor Luft aufpumpen.
Später fahre ich nach Veddersdal und treffe in der dortigen Schule die Nichten vom Walter wieder. Im Hostel nahebei stelle ich mich anschließend vor, darf dann mit den Mädchen in einem nahen Laden eine Cola trinken gehen, kaufe uns ein paar Kekse. Leider gibt es hier nicht einmal frisches Obst, echte Milch oder richtigen Fruchtsaft sondern bloß dieses billige Zeug das größten Teils nur aus Stärke, Zucker und Chemie besteht. Die Matron India und ihr Mann Richard kommen schnell hinzu und es geht nun mit deren Auto auf eine kleine Tour in die Stadt, wir löffeln im Park eine Familienpackung Schokoeis zusammen aus, zwischendurch telefoniere ich mit Walter. Am Nachmittag darf ich dann im Hostel ein kleines, sehr einfaches Gästezimmer beziehen. Es ist ein schöner Tag miteinander. Bin froh daß ich einige Tage Reserve eingeplant habe und werde wohl erst Montag oder Dienstag weiter fahren.

                                   

05.04.2014 Samstag
Morgens will die Frau daß ich mit in die Kirche zur Trauerfeier für die verstorbene Regina Baba Podewiltz komme. Lasse mich breitschlagen und wir werden von ihrem Mann hingefahren. Das Gotteshaus ist voll, Pastoor Festus /Uirab spricht. Die weitläufige Verwandtschaft der Toten ist anwesend und wird nacheinander vorgestellt, die Lebensgeschichte der Verblichenen vorgetragen. Die Gemeinde singt sehr schön: Tonaufnahme 1, Tonaufnahme 2, Tonaufnahme 3. Zeitweise bin ich sehr bewegt da ich an die Beerdigung meiner eigenen, sehr geliebten Großmutter erinnert werde. Nach drei langen Stunden auf harter Kirchenbank geht es zurück zum Hostel.

           

© Burkhart Rüchel Am Nachmittag fahre ich mit dem Rad in die Stadt. Streetart ist in Namibia sehr selten. Zu diesem Graffito (Schablone, gesprüht) erfahre ich kurze Zeit später die Geschichte:

Zugrunde liegt ein südafrikanischer Spielfilm. Das Bild zeigt ein Brüderpaar das in Südafrika mittels Selbstjustiz Kriminalität bekämpft. Die beiden sind als Rächer unterwegs und töten Mörder und andere Schwerverbrecher da die südafrikanische Polizei kaum in der Lage ist etwa in den Ghettos für Recht und Ordnung zu sorgen.

Die Realität sieht allerdings teils weniger romantisch aus: wie ich höre soll Selbstjustiz nicht gerade selten in SA sein (bekannter ist vielleicht die "Halskrause" - ein brennender Autoreifen um den Hals). So sollen Verbrecher gelegentlich von der betroffenen Gemeinde gestellt, totgeschlagen, anschließend mit Benzin übergossen und verbrannt werden - und das angesichts von Kindern und Jugend zwecks Abschreckung!

         

Auch zum Heldenfriedhof pilgere ich wieder. Hier liegen einige bekannte Chiefs der Herero begraben.

     
   

Als ich über der Zaun des Autoverwerters fotografiere bekomme ich mächtig eine gewischt - der ist elektrisch geladen! Hoffe daß der Kamera nichts geschehen ist, schalte sie aus und wieder an - sie funktioniert noch.
Am Militärmuseum erkunde ich mich einmal wieder ob man das besichtigen könne - doch genau wie vor anderthalb Jahren sei das nicht möglich. Warum nur? Was haben die zu verbergen? Haben sie die Geschichte nun schon soweit umgeschrieben daß sie niemand außenstehenden mehr zuzumuten ist? Die Gestaltung der Fassade läßt zumindest solche Deutung zu. Abgesehen davon würde mich mal interessieren was in den Schulen mittlerweile über die kurze deutsche Zeit gelehrt wird!
Die Feste Okahandja hat man ja längst abgerissen und sich somit - genau wie man das in Deutschland praktiziert - eines Teils der eigenen Geschichte entledigt. Komisch nur daß dieser häßliche Neubau von der Form her grob an die alte Feste erinnert.
Mit dem Wachhabenden schwatze ich etwas, zeige mich geschichtskundig bei der Benennung der auf den Reliefs abgebildeten "Helden". Frage ob ich wenigstens ihn fotografieren darf - und packe ihn damit bei seiner Eitelkeit. Ganz schnell kann ich wenigstens die paar Außenaufnahmen machen.

         

Einige histoische Aufnahmen Okahandjas:

           

Im "Rhinos" kehre ich ein, lerne den deutschstämmigen Josef Schönmetzler und seine Frau kennen. Der kommt später noch einmal wieder und schenkt mir einige Bücher die seinem Vater gehörten, Bücher zur Geschichte Namibias. So u.a. einige Hefte aus der Reihe "Aus alten Tagen in Südwest" sowie die "Geschichte und Entwicklung der Stadt Okahandja".
Dann geht es zurück ins Hostel nach Veddersdal.

                 

© Burkhart Rüchel© Burkhart Rüchel06.04.2014 Sonntag
Nach Mittag kommt die Matron übel gelaunt vom Kirchgang zurück und ich werde plötzlich - ohne irgendeinen ersichtlichen Grund - zur unerwünschten Person erklärt und hinausgeworfen! Lag es daran daß ich der Frau nicht auch noch für ihre Kollekte Geld mitgegeben habe? Überhaupt hat es mich sehr verwundert wofür ich die Tage andauernd bezahlen sollte! Zweimal mußte ich allein Benzingeld geben - dabei brauche ich überhaupt kein Auto, schon gar nicht in dieser Kleinstadt. Verstehe sowieso nicht daß die jeden Schritt mit dem Auto machen müssen. Auch wenn wir mal irgendwohin unterwegs waren habe ich immer die Rechnung übernehmen sollen. Schon eigenartig mit welcher Selbstverständlichkeit man als Gast die Leute hier freizuhalten hat! Im Prinzip wollten die nichts weiter als andauernd Geld, haben teilweise die Mädchen vorgeschickt um welches von mir zu kriegen!
Na, ich packe fix meine Siebensachen zusammen, sattle auf und fahre ohne noch einen Blick oder Gruß zu verschwenden von dannen. Diese komische Matrone und ihr Mann sind die einzigen meiner Reise die ich nicht wiedersehen möchte! So eine falsche Bande! Noch nicht einmal von den Mädchen Maria und Magdalena verabschieden darf ich mich. Hatte die beiden ohnehin das ganze Wochenende kaum zu Gesicht bekommen.

Am Stadtrand von Okahandja halte ich bei einem kleinen Einkaufsladen um etwas zum Abendbrot einzukaufen, werde vor dem Eingang gleich wieder von einem Mann angebettelt - er müsse was zu Essen kaufen. Hole mir im Laden eine Büchse Fleisch, zwei Zwiebeln und ein paar Brötchen, überlege kurz und kaufe für den Bettler auch zwei Brötchen und einen gegrillten Hähnchenschenkel den ich sogar warm machen lasse. Draußen drücke ich dem dann die Tüte ohne Aufsehens in die Hand, gehe zu meinem Rad. Er kommt gleich hinterher und verlangt dreist ich solle ihm noch Geld dazu geben damit er Butter zum Brot hätte! Soviel Unverschämtheit ist mir dann doch zuviel und ich nehme dem die Tüte wieder aus der Hand. Doch er hält seine Beute fest, die Tüte zerreißt, ich nehme die Sachen wieder an mich - auf seine frechen Sprüche bekommt er nun aber auch etwas von mir zu hören! Doch er nimmts gelassen und meint: Dann kämen eben andere Deutsche...

Habe bisher in meinen Reisebericht nicht erwähnt daß man als Weißer sehr, sehr oft penetrant angebettelt wird - doch nach so vielen Erlebnissen will ich das nun nicht mehr unerwähnt lassen. Das kann einem das Dasein hier schon verleiden. Vor allem die Dreistigkeit mit der man angegangen wird. Schon viele Kinder fordern: "Give me one Dollar!" Oder gleich zehn. In Otjimbingwe habe ich die Jungs Patronenhülsen suchen geschickt damit sie wenigstens etwas dafür tun - jedoch nicht eine einzige bekommen, die lagen lieber faul irgendwo im Schatten. Wildfremde Menschen quatschen einen an daß man sie unterstützen soll. Ob es das kaputte Haus ist oder die desolate Wirtschaft, das alte Auto oder sonstwas. Das Wörtchen "Bitte" ist hier völlig unbekannt. In Karibib forderte ein junger Mann: Gib mir das Fahrrad! Dem habe ich entgegnet daß er zuerst einmal "Guten Tag" sagen könne! Jedenfalls habe ich langsam mehr als genug von dieser ewigen Bettelei.

Aber die deutsche Regierung macht es ja vor, verschleudert ohne Ende sauer verdiente, deutsche Steuergelder - ohne jegliche Gegenleistung (Namibia ist größtes Nehmerland deutscher "Entwicklungshilfe" - bloß entwickeln tut sich kaum was - im Gegenteil! Nicht nur Bildungs- und Gesundheitswesen sind in desolatem Zustand...). Und das bei den dauernden Anfeindungen namibischer, demagogischer Politiker, gerade hinsichtlich diverser Wiedergutmachungsforderungen eines angeblich verübten "Genozids"! Deutsche Politiker sagen noch für jeden Arschtritt den sie bekommen "Dankeschön!" - und zücken erneut das Scheckbuch. Wenn ich was zu sagen hätte würde ich denen den Geldhahn rigoros zudrehen und erstmal deren Diplomaten antanzen lassen! Der deutsche Staat ist doch bloß ein zahnloser Papiertiger ohne Mumm in den morschen Knochen, tut nur stark wenn der große Bruder USA es befiehlt (wie früher in der DDR die Russen), dann läßt man etwa am Hindukusch schon mal die Säbel rasseln...

Die Schwarzafrikaner wurden ja quasi jahrzehntelang so sozialisiert daß jeder Weiße als dumme Kuh daher kommt die jeder nach Belieben melken kann! Anders läßt sich sowas nicht erklären. Da hilft auch kein Verweis auf die eigene prekäre Situation. Und wenn man erwähnt daß Deutschland 5 Millionen Arbeitslose hat, viele Hunderttausende obdachlos sind, von Kinder- und Altersarmut ganz zu schweigen etc. - dann schauen die einen an als ob man nicht bei Trost wäre. Macht man ihnen doch ihr schönes Bild vom gelobten Land madig. Kein Wunder daß die alle nach Europa einwandern (niemand braucht Heere unqualifizierter Arbeiter) und sich in die soziale Hängematte legen wollen...

Ich weiß schon daß ich in Deutschland wegen solch offener Worte einmal wieder übel als Rassist und Nazi beschimpft werde - doch diese selbsternannten Gutmenschen lassen sich auch teils lieber von Papa Staat alimentieren statt zu arbeiten (dabei gibt es noch nicht mal genug Arbeit) - oder haben wie viele Alt-1968er Karriere gemacht und sitzen längst selbst an den Fleischtöpfen! Daß solch verlogenes Pack - eine Bande von Landesverrätern - uns regiert ist eine einzige Zumutung. In den 1960/70ern haben die noch Steine auf Polizisten geschmissen (so z.B. der frühere Außenminiser Joschka Fischer) oder verteidigten als Anwälte RAF-Terroristen (wie etwa Otto Schily - als späterer Innenminister einer der größten Scharfmacher und für einen repressiven Überwachungsstaat verantwortlich) usw...

* * *

Später besuche ich nochmal den Heldenfriedhof. Auch die Grabstätte des Jonker Afrikaner befindet sich hier. Heute wird gerne vergessen daß die einzelnen Völker hier lange vor und teils während der kurzen deutschen Episode (1884 - 1915) sich andauernd gegenseitig heftig bekriegt haben. Selten gab es kurze Perioden des Friedens. Ein zehnjähriger Friede Mitte des 19. Jahrhunderts kam nur durch die Vermittlung der Missionen zustande. Die Protagonisten von damals in simpler Schwarz-Weiß-Malerei (Schwarz = Gut / Weiß = Böse) zum "Edlen Wilden" oder gar zu Volkshelden zu verklären geht an der historischen Wahrheit absolut vorbei.

© Burkhart Rüchel© Burkhart RüchelSo haben die Afrikaner unter Jonker Afrikaner Mitte des 19. Jahrhunderts die Herero nahezu ausgerottet. Auch Jan Jonker Afrikaner war als übler Schlächter bekannt, wo der auftauchte blieben nur Leichen zurück. Er wurde deshalb Katzenrippe genannt!

Genauso verhält es sich mit Hendrik Witbooi. Dessen Überfälle nur auf etwa Otjimbingwe sind legendär (u.a. 1886, 3 x 1887). Wenn er und seine Leute mal Durst auf Branntwein hatten stahlen sie einfach Rinder von den Herero (animiert von britischen Händlern), massakrierten die Hirten (was meinen die Touristen denn woher die Blutkoppe ihren Namen hat - mitnichten von den ach so schönen Sonnenuntergängen!) und tauschten das Vieh gegen Schnaps ein. Später paktierte er jahrelang mit den Deutschen um Ende 1904 dann ebenfalls einen Aufstand anzuzetteln. Geschichtsfälscher im SED-Parteiauftrag Horst Drechsler dazu lakonisch: "Seine vorübergehend falsche Politik der Zusammenarbeit mit den Deutschen korrigierte er durch die Auslösung des Namaaufstandes..." (Seite 112)(Anm. 1).

Als der Hererofürst vom Waterberg, Kambazembi, 1903 starb verkauften seine Söhne David Kaunjonjua und Salathiel im großen Stil Herero-Land an weiße Siedler und Gesellschaften. Da wundert es dann auch nicht mehr daß sie sich ein Jahr später dem Aufstand anschlossen um sich alles wieder zu holen, Siedler und Händler ermorden ließen.

Mit Samuel Maharero war das ähnlich. Waren, insbesondere Alkohol wurde mit Rindern bezahlt - deren Wert je nach Marktlage wechseln konnte. Drechsler konstruiert daraus daß man die Herero übervorteilt bzw. ihnen die Tiere weggenommen hat. Der alte Maharero verhandelte mit den Deutschen um einen Schutzvertrag und schloß hinter deren Rücken einen mit den Engländern. Als er von denen die Nase voll hatte gab es dann doch noch einen Schutzvertrag zwischen Herero und Deutschen. Um ein "standesgemäßes" Leben zu führen verhökerte dann Oberhäuptling Samuel Maharero Land und Vieh seines Volkes (das gibt sogar Drechsler zu: Seite 46)(Anm. 2). Den Herero passte das auf Dauer nicht und S. Maharero zerriß die Verträge, rief zum Aufstand, ließ Händler (bei denen er hoch verschuldet war) und Siedler (denen er zuvor Land verkauft hatte) ermorden. Demagoge Drechsler dazu wieder stereotyp: "... zog Samuel Maharero durch seinen mannhaften Entschluß einen Schlußstrich unter seine bisherige falsche Politik." (Seite 62)(Anm. 3)

Allein dieser Fakt daß die Herero um 1860 "als Volk aufgehört hatten zu existieren" (siehe Heinrich Vedder: Das alte Südwestafrika: Südwestafrikas Geschichte bis zum Tode Mahareros 1890) lassen Zahlenspiele von angeblich beim Aufstand 1904 von 80-100.000 durch Deutsche umgekommene Herero (einer schreibt vom andern ab und tut noch ein paar Tausende mehr dazu; Herero-Vertreter Vekuii Rukoro phantasiert dann im Juli 2015 bereits von "Hundertausenden" sowie "brutal ermordet und Opfer grausamer Menschenexperimente geworden") als reine Hirngespinste erscheinen. So eine Reproduktionsrate hat kein Volk! Zumal Ende der 1890er Jahre neben der Rinderseuche noch diverse andere, verbunden mit großen Hungersnöten, die Bevölkerung Südwestafrikas drastisch reduzierten. Von einer damals bei den mangelnden hygienischen u. medizinischer Zuständen weltweit hohen Kindersterblichkeit ganz zu schweigen. Habe die Bücher von Claus Nordbruch und vom Rainer Schneider-Waterberg, natürlich auch den Horst Drechsler gelesen (der fabuliert und nennt für die allermeisten seiner Behauptungen keine Belege). Letzteres ist eher was für schlichte Gemüter - ein übles Machwerk das nicht mehr als Karl-May-Niveau hat (der ja auch erst bekanntlich nach Herausgabe seiner Bücher die Stätten seiner Romanhandlungen besucht hat). Gerade als selbst in der DDR aufgewachsen kenne ich mehr als mir lieb ist solche Art der Geschichtsverfälschung, diese Sorte von Agitation und Propaganda! Die Stasi hatte dafür spezielle Dienstanweisungen. Alles von Moskau gesteuert. Eigenartig daß die westdeutsche Linke das alles so widerspruchslos hinnimmt. Dabei hat die Sowjetunion und deren verlogene Ideale einer besseren Gesellschaftsform bereits vor bald 30 Jahren aufgehört zu existieren! Somit sind diese Leute getrost als ewig Gestrige zu bezeichnen...

Die Deutschen sind - eigentlich seit die Römer den Germanen die Flausen austrieben - ein Volk von Knechten, dermaßen was von opportunistisch und obrigkeitshörig, die meisten schrammen mit der vorgeblich "eigenen Meinung" doch bloß immer schön mit dem Arsch an der Wand entlang. Kaum eigenes Denken - sondern nur Reproduktion dessen was man ihnen eingetrichtert. Die eingeimpfte innere Zensur funktioniert - dazu immer der Abgleich mit der allgemeinen Meinung (brainstream). Und die alten Ost-Deutschen die sich soviel auf ihre polytechnische Bildung einbilden! Dazu sage ich nur: Von vielem ein bisschen, aber von nichts richtig Ahnung. Schon Heinrich Heine sprach in seinem nach wie vor aktuellen "Ein Wintermärchen" über die Deutschen:

... als hätten sie verschluckt den Stock,
womit man sie einst geprügelt.

Allein daß der Drechsler andauernd auf der Mähre des "deutschen Imperialismus" herumreitet! Ein Imperium stellt man sich anders vor. Angesichts dieser paar verlorenen Missionare, Siedler und Schutztruppler in den endlosen Weiten der südwestafrikanischen Wüste! Wo eigentlich nichts zu holen war. Schon Lüderitz ging dort pleite, ebenso viele andere Gesellschaften. Die Deutschen als Friedensstifter unter seit alters her verfeindeten Völkern konnten ja nur zwischen den Fronten zerrieben werden (Drechsler konstruiert daraus ein deutsches "divide et impera"). Diamanten wurden erst ab 1908 gefunden - meiner Ansicht nach einer der Gründe warum die Südafrikanische Union / die Briten mit Beginn des Ersten Weltkrieges in DSWA einmarschierten - entgegen aller internationaler Abmachungen. Die Beteiligung vom damals global operierenden Bankhaus Sal. Oppenheim (siehe auch die Diskussionsseite zum Artikel) und Konsorten (der Diamantenabbau ging 1920 an Ernest Oppenheimer, Besitzer des Unternehmens Consolidated Diamond Mines of South West Africa, später Teil des De-Beers-Konzerns) sollte mal ein unvoreingenommener Historiker untersuchen...

Die Herero haben 1904 einen Krieg angefangen und letztlich verloren. Ihre Forderungen nach Wiedergutmachung sind so abstrus als wenn Deutschland für die vom Alliierten Bombenterror verursachten Opfer und Verluste oder für die nach der deutschen Kapitulation 1945 in alliierten Kriegsgefangenenlagern an den unsäglichen Internierungsbedingungen verstorbenen zigtausenden deutschen Soldaten Entschädigungen verlangen würde! Und daß man angesichts der Fotos von aus der Wüste zurückgekehrten, ausgemergelten Herero an Überlebende von Konzentrationslagern denkt ist eine zwangsläufige Assoziation (Pawlowscher Reflex wäre angebrachter), wurde doch in Deutschland dieses Thema jahrzehntelang überstrapaziert...

Niemand sollte vergessen daß nur Dank Missionierung und durch den kurzen deutschen Kultureinfluss Südwestafrika eine Insel relativen Friedens im krisen- und bürgerkriegsgeplagten Afrika blieb! Obwohl der Ostblock samt Cuba versuchte etwa über die SWAPO von Angola aus den Klassenkampf und die Weltrevolution auch dort hinein zu tragen. Seinerzeit mußten wir dafür in der DDR noch Soli-Marken kleben...

(Anmerkung 1-3) zitiert aus: Horst Drechsler: Aufstände in Südwestafrika, Taschenbuch-Ausgabe, Dietz-Verlag, Berlin 1984 (Erstausgabe 1966).

Übrigens: Das Drechslersche Propagandawerk hat noch einen Vorläufer: Maximilian Scheer: Schwarz und Weiß am Waterberg, Petermänken-Verlag, Schwerin 1952. Als angeblicher Tatsachen-Bericht legt es dieses Buch genau so nur darauf an die bösen, bösen Deutschen zu verteufeln und allesamt als Massenmörder, Räuber, Vergewaltiger etc. hinzustellen. Dazu bedarf es wohl noch nicht einmal Belege. Offensichtlich stand auch hier schon das britische Blaubuch (antideutsche Propagandaschrift aus dem Ersten Weltkrieg) Pate. Bereits hier wird die Ideologie vorgegeben - eine Linie bis nach Auschwitz zu ziehen. Auf der letzten Seite, unter der angefügten Karte, enthüllt sich dann der eigentliche Auftraggeber dieses Machwerkes: Das MdI der DDR (MdI = Ministerum des Innern)! Auch da führte also die ostdeutsche Stasi wieder einmal die Feder...

* * *

Na, bald habe ich meinen Ärger vergessen und erkundige mich in Okahandja nach einem Zimmer für die Nacht. Das finde ich auch schnell und checke in der "Auberge Omulonga" für 360 Namibdollar per Nacht bei dem französischen Paar Christine und Jean-Paul ein die seit acht Jahren in Namibia leben. Habe nun ein riesiges Zimmer mit Doppelbett und allem Comfort. Mit Goldfischteich, alles hübsch dekoriert, sauber und heil (dabei hatte ich mich da drüben in Veddersdal erst so wohl gefühlt). Hätte mich mal gleich hier einmieten sollen, wäre mir der ganze Ärger erspart geblieben - und preiswerter wäre es allemal gewesen...

       

07.04.2014 Montag
Habe wunderbar geschlafen in der Auberge Omulonga. Nach dem reichhaltigen Frühstück fahre ich mit dem Rad ganz unbeschwert zum Holzmarkt am Orteingang. Setze mich in den "Brewed Awakening Coffee Shop" zwecks Internet-Nutzung, doch trotz guter Signalstärke kommt keine Verbindung zustande. Vom Nachbar-Cafe, dem "Steers", hole ich mir danach den Code - aber auch dort geht nichts.
Erst im Computer-Shop kommt eine Verbindung zustande und ich kann wenigstens meine emails checken, doch trotz bester Signalstärke gelingt der Transfer meiner Fotos nicht. Trotz anderthalb Stunden hier rumsitzen (alles wieder mal verlorene Lebenszeit) klappt nix! Immerhin muß ich nichts für bezahlen. Das ist eben Afrika...
Will es später nochmal im Cafe des großen Spar-Marktes versuchen. Als ich dort ankomme sehe ich davor schon diesen widerlichen Bettler von gestern stehen und seinem "Gewerbe" nachgehen. Mir kommt sofort die Galle hoch. Der versucht auch gleich mich "ob unserer Bekanntschaft" anzuquatschen - doch ich spucke bloß aus!
Auch bei Spar gibts kein Internet. Kann so erst wieder von Windhoek ein Lebenszeichen senden. Immerhin ist die per NamDollar zu entriegelnde Toilettentür eindrucksvoll und man befürchtet ob diese Zellentür sich auch wirklich wieder öffnen wird: Tonaufnahme

   

Später kaufe ich im Agra-shop (Kette für landwirtschaflichen Bedarf) ein Paar neuer Swakopmunder Schuhe (aus Kudu-Leder), bei den alten ist bei einem das Leder am Hacken abgerissen. Fahre mit dem Rad durch paar Seitengassen und entdecke über die Bahngleise ein bekanntes Gebäude. Dort war ich 2012 schon mal, damals war hier der "Bliss - Antikhandel". Der ist inzwischen leider nach Omaruru umgezogen und das Haus ist nun nur noch Reitklub. Vor dem Eingang grasen Pferde, ein schönes Bild. Hier residierte vor ungefähr 110 Jahren der erste Gouverneur von Okahandja (Dr. Fock, ein Veterinär), hier wurden die Zugtiere im Frachtverkehr ausgewechselt, geimpft usw. Da es wider Erwarten w-lan gibt entschließe ich mich auf ein Bier zu bleiben und meinen online-Bericht zu aktualisieren. Na, lange geht das auch nicht gut - nach ein paar Bildübertragungen streikt wie schon gewohnt der Transfer. Und das wieder bei bester Signalstärke. Auch ein Rechner-Neustart bringt keine Besserung. Muß wohl was mit begrenztem Übertragungs-Volumen zu tun haben.
Anschließend schaue ich noch übers Gelände, spreche mit Jürgen der die weitläufigen Anlagen in Ordnung hält. Für ihn bin ich Dank der Allgemeinen Zeitung kein Unbekannter. Er ist seit Ende der 1950er Jahre in Südwestafrika, war in der Fischereiwirtschaft als Elektriker tätig - wir unterhalten uns eine ganze Weile über Land und Leute.

     

08.04.2014 Dienstag
10.oo Uhr checke ich in der Auberge aus, lasse allerdings mein Gepäck vorerst dort um den Tag über hier noch unbeschwert mobil zu sein. Als ich in der Mittagszeit durch die Wohngegend der Ärmsten fahre gibt es schon wieder einen Platten. Zum Glück ist im kleinen Gepäck Pumpe und Flickzeug, doch als ich den Schlauch raus habe stelle ich fest daß einmal mehr der Ventilstutzen ausgerissen ist.
Die hygienischen Zustände sind natürlich hier katastrophal, überall Müll, die Hütten teilweise darauf errichtet. Es riecht meist recht unangenehm, in einem Rinnsal stinkende Abwässer. Zwischendurch wird Mais und anderes angebaut. Hunde wühlen in qualmenden Müllhaufen. Ein paar kleine Läden, eine Schule, viele Menschen und vor allem: viele Kinder.

                 

Was angenehm auffällt: ich werde in diesem Viertel nicht ein einziges Mal angebettelt! Schiebe mit dem platten Vorderrad einige Kilometer zurück ins Zentrum, komme genau beim Bahnhof heraus. Schaue ins Bahnhofsgebäude und treffe den Officer wieder der 2012 hier schon Dienst tat. Der ist allerdings kaum wieder zu erkennen, hat in den anderthalb Jahren ganz schön zugenommen. Da ich mein notebook dabei habe zeige ich ihm, einem Arbeiter und dem Sicherheits-Mann die Fotos von damals.
Bei Schwarzkopf Hardware kaufe ich später den dritten chinesischen Schlauch. Schiebe weiter zur Tankstelle und nehme mich der Sache nun richtig an. Da die Ventilstutzen der chin. Schläuche so kurz sind baue ich aus dem Hinterrad den Schlauch aus und ins Vorderrad (mit der Kammerfelge). Obwohl an der Bohrung der Vorderfelge immer noch kein Grat fühlbar ist erhält sie mittels Messer jetzt eine Fase. Hinten kommt der chinesische Schlauch rein. Ordentlich aufgepumpt und ab da habe ich keine Ausrisse mehr!

Okahandja ist wie man sehen kann ein aufstrebender Ort. Viele große Geschäfte, mehrere, teils neue Tankstellen. In der Hauptstraße drei von Chinesen betriebene Läden mit den üblichen Billigprodukten. Dazwischen auch viele kleine, ambulante Händler, Garküchen usw.
Beim Holzschnitzer-Markt setze ich mich noch einmal ins Cafe, natürlich funktioniert kein Internet. Die Bedienung ist heute absolut mies, bin fast der einzige Gast, 3 oder 4 Angestellte haben die Ruhe weg, könnten ihre Schuhe im Laufen besohlen lassen.
Am Nachmittag hole ich meine Sachen aus der Auberge ab und verlasse Okahandja. Überquere das Rivier Okahandja, es geht erst einige Kilometer auf der B1. Den Transkalahari Highway mag ich nicht nochmal fahren, nehme lieber den Umweg über die Onjatiberge und schiebe erstmal eine Stunde die D2102 bergauf. Sehe auf das im Gegenlicht liegende Okahandja hinab. Zwischen den Bergen der große Stausee.

   

Als es dämmert baue ich neben einem Farmweg einige hundert Meter abseits der Straße im Gebüsch mein Zelt auf. Der Platz ist voller Geröll, die größten Steine räume ich beiseite.

09.04.2014 Mittwoch
Die Nacht hat es mehrfach geregnet (Tonaufnahme) und so dauert es morgens bis alles trocken ist. Eine große Spinne sitzt mit ihrem Netz im Busch und lauert auf Beute. Die Fahrradkette rostet und muß natürlich schon wieder eingesprüht werden. Kurz nach Acht gehts weiter, die Pad ist hier recht gut, gestern ja frisch begradigt. Der Fahrer des Planierfahrzeuges hat in einer Art Bauwagen direkt an der Straße ebenfalls hier die Nacht verbracht, nun startet er seine Maschine und macht weiter seine Arbeit.

     

© Burkhart Rüchel The Elegant Farmstead - hier wehen verschiedene Flaggen: neben der namibischen die deutsche, die niederländische und die südafrikanische. Entschließe mich zu einer kurzen Rast, habe Appetit auf einen Cooldrink, vielleicht erfahre ich etwas Neues. Wie dann Paul Preller (Südafrikaner, seine Familie ist Ende des 18. Jahrhunderts aus Halle/Saale nach SA eingewandert, seit 20 Jahren lebt er in Namibia - in 10ter Generation) in sehr gutem Deutsch erzählt war das hier früher die rheinische Missionsstation Otjosasu (der Name bedeutet: rote Rinder). 1872 vom Missionar Johann Jakob Irle gegründet der die Herero unter Maharero betreute. Die Station wurde 1904 beim Hereroaufstand geplündert und zerstört, war dann Ausgangspunkt für verschiedene Aktivitäten der Schutztruppe. Später nutzte man die Gebäude als Post- und Polizeistation, danach als Farmhaus. Auf dem Signalberg befand sich eine Telegrafenstation (optische Telegraphie mittels Heliographen). Zuletzt war das hier Jagd- und Reptilienfarm, heute nur noch Gästefarm. Einige Schlangen gibt es noch in großen Terrarien, in der Sonne liegt eine Schildnasenschlange. Eine große Puffotter soll in einem Busch sitzen, Paul zeigt auf sie doch ich kann lange nichts entdecken. Dann sehe ich das Tier doch und staune einmal wieder über die vorzügliche Tarnung!

     

Es gibt einen kleinen Friedhof mit Gräbern der Missionarsfamilien Irle und Detering.

 

Nach etwa drei Stunden geht es weiter. Die Pad geht nun direkt nach Süden Richtung der B6 und ist absolut schlecht zu fahren, quäle mich in niedrigem, untersetzten Gang mühsam voran, ein elendes Gestucker ist das auf der D2102. Selbst bergab muß ich strampeln um nicht im Sande stecken zu bleiben. Habe keine Lust mehr, aber ich muß ja weiter kommen...

Komme noch an den Farmen Asgard und Midgard vorbei, am Abend ist dann mein Lagerplatz gegenüber der Farm Voigts, nur einen Steinwurf von der Straße entfernt.

10.04.2014 Donnerstag
Die 58 Kilometer bis zur B6 heute sind der echte Hammer! Endlose Berge zu erklimmen, die Pad meist schlecht und scheint kein Ende zu nehmen. Nichts als Sand und Steine - von Horizont zu Horizont. Teils steile, lange Anstiege die Berge hoch. Vormittags ist der Himmel völlig wolkenlos. Diese absolute Ruhe auf dem Lande - nur die Stimmen der Natur. Vogelruf und Grillenzirp. Nicht ein Kondensstreifen am Himmel, nur ganz, ganz selten mal ein Auto. Ein Labsal für die Sinne.
Rechts gehts zum Hans-Grimm-Wildpark.

     

Da ich mit dem Fahrrad sehr leise daherkomme quert gemächlich eine Affenhorde die Pad. Alle schaffen es wohl nicht und so fahre ich unvermutet zwischen ihnen hindurch. Nun ist natürlich das Geschrei von beiden Seiten groß! So sind sie - unsere Vettern...

Kinderlied

Die Affen rasen durch den Wald
der eine macht den andern kalt
die ganze Affenbande brüllt:
"Wo ist die Kokosnuß,
wo ist die Kokosnuß,
wer hat die Kokosnuß geklaut?"

Die Affenmama sitzt am Fluß
und angelt nach der Kokosnuß
die ganze Affenbande brüllt:
"Wo ist die Kokosnuß,
wo ist die Kokosnuß,
wer hat die Kokosnuß geklaut?"

Der Affenopa kriegt ne Wut
die Wut ist groß, man sieht es gut
die ganze Affenbande brüllt:
"Wo ist die Kokosnuß,
wo ist die Kokosnuß,
wer hat die Kokosnuß geklaut?"

Der Affenonkel voll Verdruß
sucht in dem Wald die Kokosnuß
"Wo ist die Kokosnuß,
wo ist die Kokosnuß,
wer hat die Kokosnuß geklaut?"

Das Affenbaby voll Genuß
hält in der Hand die Kokosnuß
die ganze Affenbande brüllt:
"Es hat die Kokosnuß,
es hat die Kokosnuß,
es hat die Kokosnuß geklaut!"

Da ruft der Affenopapa
Die Kokosnuß ist wieder da
Die ganze Affenbande brüllt:
Ja, ja die Kokosnuß,
ja, ja, die Kokosnuß,
die Kokosnuß ist wieder da!


die drei weisen Affen:
nichts sagen, nichts hören, nichts sehen...
Erich Kästner:
Die Entwicklung der Menschheit

Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,
behaart und mit böser Visage.
Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt
und die Welt asphaltiert und aufgestockt,
bis zur dreißigsten Etage.

Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn,
in zentralgeheizten Räumen.
Da sitzen sie nun am Telefon.
Und es herrscht noch genau derselbe Ton
wie seinerzeit auf den Bäumen.

Sie hören weit. Sie sehen fern.
Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.
Sie putzen die Zähne. Sie atmen modern.
Die Erde ist ein gebildeter Stern
mit sehr viel Wasserspülung.

Sie schießen die Briefschaften durch ein Rohr.
Sie jagen und züchten Mikroben.
Sie versehn die Natur mit allem Komfort.
Sie fliegen steil in den Himmel empor
und bleiben zwei Wochen oben.

Was ihre Verdauung übrigläßt,
das verarbeiten sie zu Watte.
Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest.
Und sie stellen durch Stiluntersuchungen fest,
daß Cäsar Plattfüße hatte.

So haben sie mit dem Kopf und dem Mund
Den Fortschritt der Menschheit geschaffen.
Doch davon mal abgesehen und
bei Lichte betrachtet sind sie im Grund
noch immer die alten Affen.

Wer allerdings glaubt die Affen hier führen ein freies, sorgloses Leben dem seien seine Illusionen geraubt - die haben auch diesen ganzen sozialen Klumpatsch am Halse, genau wie wir - inclusive Bosheit, Neid, Gier, Dominanz usw...

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© Burkhart RüchelMittlerweile ist es stärker bewölkt und mich trifft so gelegentlich einmal Schatten. Quäle mich über die Otjihavera-Berge. Bei einer Farm wo groß am Tor steht: "game lodge" will ich fragen ob ich eine Tasse Kaffee bekomme, fahre die 200 Meter von der Straße zum Grundstück - da ist alles verriegelt und verrammelt. Eine Sprechanlage ist vorhanden, es kommt eine Verbindung zustande und ich trage mein Anliegen vor. Es folgt eine unverständliche Antwort, dann passiert eine Weile nichts, überlege schon weiter zu fahren da kommt ein Weißer und eine Farbige mit 6 großen Hunden die mächtig anschlagen. Über den Zaun wird mir mitgeteilt daß das hier keine Lodge sei und schon gar nicht für jedermann, und Kaffee gibts keinen. Immerhin füllt man mir meine Wasserflaschen die über den Zaun gereicht werden.

Überquere den Nossob, da ist sogar Wasser drin und beim Durchfahren werden meine Füße nass. Links ein Farmhaus, rechts ein paar Hütten, es sieht aber nicht sehr einladend aus daß ich ein paar Minuten sitzen würde.

Gut daß ich hier nicht gleich am Anfang meiner Tour lang bin - diese streckenweise üble Pad hätte mir das Radfahren in Namibia ziemlich verleidet. Kein Platz an dem man mal Rast machen könnte. So brauche ich für die paar Kilometer von 8.oo bis fast 15.oo Uhr (bei insgesamt vielleicht 30 min Pause)! Irgendwann höre und sehe ich ein startendes Flugzeug das so langsam ist daß man sich wundert daß es überhaupt fliegt. Die Straße heißt nun D1510 und ist auch nicht besser. Komme bei einer großen Schule an die B6 die den Flughafen mit Windhoek verbindet. Kann mich kaum noch auf den Beinen halten.

Und dann die 10 km auf der B6 bis zum Flughafen sind wieder höchst lebensgefährlich wegen diverser absolut verrückter Autofahrer. Habe ein paar horrible Erlebnisse von überholendem Gegenverkehr - diese Vollidioten können auch keine 10 Sekunden warten! Einer macht dann wild Lichthupe als er mir direkt entgegen rast! Danach sammle ich erst mal paar Steine auf - dem Nächsten werde ich aber eine Klamotte entgegen schleudern! Wenn der dann auch noch ankommt wird mir ganz schnell das Messer aufklappen!!! Die Drohung hilft und ich komme unbeschadet am Hosea-Kutaku-Airport an.

Im Flughafen-Restaurant nehme ich erstmal ein Magnum-Eis, trinke 3 halbe Liter Hansa Draught, esse einen Burger mit Pommes die ich in Mayo u. Ketschup bade. Hänge total müde in den Polstern und schreibe diese Zeilen hier. Internetzugang funktioniert wie gewöhnlich nicht. Bald ist es draußen dunkel und es wird Zeit mir einen Schlafplatz zu suchen. Das Zelt baue ich dann auf einem Farmgelände im Mondlicht auf.

11.04.2014 Freitag
© Burkhart RüchelDie Nacht war es recht frisch, auch das Lager hart. Bin schon kurz nach Sieben fertig, lasse das Zelt zum Trocknen ausgebreitet auf dem Feld und fahre zum Frühstück ins Flughafen-Restaurant. Der Flugbetrieb hat schon begonnen, es starten zwei Flieger kurz nacheinander. Im Restaurant viele Menschen, ich wundere mich was die teils bergeweise Gepäck für 2-3 Wochen Urlaub dabei haben (die meinen sicherlich nur das allernotwendigste). Hatte falls es meine Zeit erlauben würde noch einen "Abstecher" zur Farm Heimat eingeplant. Nachdem ich meine Rechnung vom 13.03. auf der Etango-Ranch bezahlt und meine Wasserflaschen aufgefüllt habe starte ich 10.oo Uhr. Diese etwa 86 km nach Farm Heimat haben es echt in sich auf der Kies- und Sandpad da bis zum Abzweig der D1471 (geschätzte 70 km) ein starker Gegenwind weht! So komme ich erst gegen 17.oo Uhr auf der Farm an und werde von Tochter Mareike nett aufgenommen. Rainer und Marianne sind zu einer Funkversammlung und kommen erst spät zurück. Mein Zelt darf ich im Garten aufstellen, schlafe dann herrlich auf dem weichen Rasen.

13.04.2014 Sonntag
41 mm Niederschlag sind gestern und in der Nacht gefallen! Zum Frühstück gibt es wieder echte Milch (aus der Kuh und nicht aus der Fabrik) und Eier von den eigenen Hühnern. Später verarztet Marianne eine Kuh, wird dabei assistiert von Benjamin und einem zweiten Angestellten und ich staune wie schnell und fix der Eingriff vor sich geht! Anschließend schaue ich noch in den Isuzu ob da von meiner Reise 2012 nicht doch noch einer meiner Kameraspeicher zwischen die Sitze gerutscht war, leider finde ich nichts. Mache einen Spaziergang um die Pfanne (vom Regen gebildeter, kleiner See) und finde wieder drei Patronenhülsen, davon zwei ganz alte.

     

Am Abend muß dann die Kuh doch geschlachtet werden und bekommt den Gnadenschuß. Von den Angestellten wird das Rind recht schnell aus der Decke geschlagen und ausgenommen. So kann ich gleich meine Anatomiekenntnisse ein wenig auffrischen...

                           

14.04.2014 Montag
Am Vormittag mache ich mich wieder auf den Weg nach Windhuk da ja morgen leider schon wieder der Rückflug zurück nach Deutschland ist. Die Pad kenne ich ja nun schon, auch gibt es wieder die meiste Zeit Gegenwind. Treffe den Farmverwalter von Aida der mit zwei Arbeitern hinten auf dem Pick Up unterwegs zu einer seiner Baustellen unterwegs ist.

   

15.04.2014 Dienstag
Heute geht es gegen 15.oo Uhr via Johannesburg nach Frankfurt, von dort mit dem Fernbus nach Berlin. Habe überhaupt keine Sehnsucht nach zu Hause - am liebsten würde ich hier bleiben.
Das Einchecken geht recht schnell, auf dem Weg zum Flieger mache ich paar Aufnahmen bis mir eine Angestellte mitteilt das sei verboten.

                   

16.04.2014 Mittwoch
Die Landung kurz nach 6.oo Uhr in Frankfurt empfinde ich eher als kontrollierten Absturz. Von den Turbinen ist nichts mehr zu hören, nur der Wind rauscht an der Außenhaut - und wir fallen, fallen, fallen. Heftiger Druck in den Ohren und starke Kopfschmerzen machen die Sache höchst unangenehm und ich werde wieder tagelang damit zu tun haben. Als ich aus dem Flughafengebäude herauskomme sind 14 Grad Celsius und muß aus den Tiefen der Packtaschen die Jacke heraus kramen.
Mein-Fernbus nach Berlin fährt erst nach 11.oo Uhr und so nutze ich die Zeit zur Bildbearbeitung. Der Bus ist dann gegen 19.oo Uhr auf dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB), von dort aus sind es einige hundert Meter bis zur U-Bahn. Einen Fahrschein zu lösen - unmöglich, der Automat nimmt keine neuen 5-Euro-Scheine, keine 20er und keine 50er Scheine und ich muß wohl oder übel Schwarzfahren. Sowas wäre in Afrika nicht passiert - die haben keine Automaten sondern da steht ein echter Mensch der einem noch Fahrscheine verkauft!

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Es fällt mir schwer mich wieder in Berlin einzuleben. Hier wird gedrängelt, gerempelt und geschubst. Diese ganzen gestörten, egomanischen, aggressiven Menschen hier! Diese Profilneurotiker, jeder glaubt er wäre irgend etwas Besonderes. Jedem geht es nur um sich und jedes dritte Wort ist: Ich! Die Leute können oder wollen gar nicht zuhören, halten lieber selber ellenlange Monologe. So ist selten eine Art Dialog möglich. Wenn man auch mal was sagen will wird man gleich angebrüllt: Laß mich doch mal ausreden! Wo bin ich bloß gelandet - in Afrika sind die Menschen entspannter, umgänglicher, rücksichtsvoller - und haben weit bessere Umgangsformen!!!

Und so viele die einen permanent belehren wollen. Fragen haben die gar nicht - sondern zu allem nur Antworten! Anderen ungefragt andauernd ihrer Meinung nach "gute Ratschläge" geben. Ich hab den Einduck die halten einen für zu blöde geradeaus zu laufen. Und dabei bringen die selbst kaum etwas zustande. Je weniger Ahnung von etwas desto größer der Drang andern praktische Tipps geben zu wollen! Sowas nervt natürlich total - die kriegen noch nicht einmal mit wie lächerlich sie sich eigentlich machen...

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und hier der nächste Namibia-Reisebericht 2015:


7 Wochen mit dem Fahrrad in Namibia unterwegs

© 2014 Burkhart Rüchel      zur homepage