Die Darstellung dieser Seite ist für Nutzer der browser "Firefox", auch "Safari" oder "Chrome", optimiert (sicherer und kostenloser download Deutsche Version hier) // The presentation of this page is for users of the browsers "Firefox", "Safari" or "Chrome" optimized (safe and free download English version here).


Burkhart Rüchel

NAMIBIA
2012

arche-foto.com

3 Wochen im Oktober

Seite V

You can use the translator from German to English
Jy kan gebruik maak van die vertaler van Duits na Afrikaans

Mauszeiger auf Bild zeigt Bildtitel, unterstrichene u. fett gedruckte Wörter sind weiterführende links

* * *

20.10.2012 Samstag
Früh besuche ich das Freiluft-Museum in Helmeringhausen, später fährt mich Björn noch zum Friedhof. Im Laden Helmeringhausen kaufe ich etwas ein, in der kleinen Poststelle bekomme ich bei Charlotte Briefmarken - und dann geht es auch schon wieder auf Pad!

                                                                   

Wir sind den ganzen Tag unterwegs, durch Maltahöhe geht es ohne Stop, in Marienthal zieht Jens-Uwe nur schnell am Automaten Geld, ich schaue kurz in den Supermarkt (hier hat das Personal rote Weihnachtsmützen auf), der Agra-Markt hat leider Samstag Nachmittag schon zu - hatte eigentlich vor mir ein Paar Landarbeiterschuhe zu kaufen - mit Autoreifen als Sohle! Die gibts aber leider nie in meiner Größe.
Marienthal ist ein hübscher Ort mit vielen sehr schönen Menschen, farbenfroh und lebendig. Doch schon geht es wieder weiter. Wir fahren noch bis zum Camp Bagatelle das in einem Nationalpark liegt. Der Stellplatz für die Nacht incl. WC/Dusche, Wasser und Feuerholz kostet umgerechnet 12 Eu.

           

21.10.2012 Sonntag

       

Gegen Mittag kommen wir auf Farm "Heimat" an, werden von Marianne Seifart gleich zum Mittagessen eingeladen. So sitzen wir mit Rainer und Marianne mit ihren Gästen zusammen an der langen Mittagstafel und erfahren was es hier Neues gibt.
Später zieht mich der sandfarbene Unimog S 404 mit Funkkoffer an (so einen hatte ich auch mal) - damit sind Götz und seine Frau aus Alt-Landsberg in Afrika unterwegs, der LKW ist in Namibia zugelassen und hat einen Benzinmotor mit 156 PS, das ist die Doppelte des Original-Motors der nur 80 PS leistet.
Heute fliegt Jens-Uwe wieder nach Deutschland zurück und er fährt nach Mittag mit dem Toyota Hilux nach Windhoek. Ich bleibe noch eine Woche im Lande und habe in dieser Zeit den Isuzu-Geländewagen von Lothar und Sabine geliehen bekommen. Weil er nicht anspringt muß der allerdings aus seinem Stellplatz herausgeschleppt werden. Ob das ein Omen ist?

                         

Von Rainer Seifart erfahre ich einiges zur Geschichte Namibias und über seine Vorfahren. Sein Urgroßvater kam über die Rheinische Mission nach Wuppertal am Kap, ließ sich später als Ökonom und Händler in der alten Landeshauptstadt Otjimbingwe nieder. Erst 1890 machte Kurt von Francois Windhoek zur neuen Hauptstadt und Otjimbingwe ist heute ein armseliger, unbedeutender Ort.   Nachdem Rainers Urgroßvater 1928 in Otjimbingwe das Komissariat abgerissen hatte baute sein Großvater eine Handfertigkeitsschule und brachte Schwarzafrikanern das Tischlern bei, es entstanden Möbel und Musikinstrumente. Allerdings brachte die Ausbildung nichts, die Lehrlinge machten nichts daraus. Rainers Großvater ist darüber depressiv geworden. Die Schule gibt es schon lange nicht mehr, nur noch ein Lehmhaufen zeigt wo sie früher gestanden hat.

Überhaupt klagen weiße Farmer daß viele Schwarzafrikaner sich schlecht anstellen und wenig arbeitsam sind.
Marianne Seifart zog vor 25 Jahren aus der Stadt auf die Farm, bildete ebenfalls aus, gab Näh- und Batik-Kurse usw., doch auch hier war die Mühe meist vergeblich.

           

Ich beschließe heute noch hier zu bleiben, erst am nächsten Tag weiter zu fahren. Es geht mit einem der Pickups zu einem Rastplatz, dort gibt es ein ganz leckeres Abendessen aus dem Potjie, dem traditionellen gusseisernen Kochkessel. Den ganzen Abend wird erzählt, Rainer gibt so manche Anekdote zum Besten, berichtet sehr anschaulich über Land und Leute, so erfahren wir vieles was in keinem Reiseführer steht.
Zurück sind wir erst nach Einbruch der Dunkelheit. Der Einfachheit halber schlafe ich gleich auf den Rücksitzen des Isuzu.

           

22.10.2012 Montag
Den Vormittag über lade ich meine Akkus, checke kurz meine emails, schmökere in einigen interessanten Büchern über Namibia. Rainer ist früh nach Windhoek gefahren, so starten Marianne und Tochter Mareike mit mir den Isuzu mittels Überspielkabel und Strom von einem anderen Wagen, es dauert eine ganze Weile bis der Motor anspringt. Die Batterie ist wohl am Ende Ihrer Lebenszeit.
Dann verlasse ich Farm Heimat, fahre von der D1471 auf die D1482 über Dordabis nach Rehoboth, will dort Geld tauschen, tanken, vielleicht eine neue Batterie kaufen. Hinter Garib-Ost steht neben der Straße der runde Kuppelbau (ehemaliger Speicher?), mache die Luke vorsichtig auf und schaue wegen Schlangen aufmerksam auf den Boden - da sticht mich blitzschnell etwas unters Auge in die Wange, renne mit meinem Hut um mich schlagend einige Meter weit weg, als ich nun, noch vorsichtiger, nochmals nähertrete sehe ich über dem Türsturz mehrere Wespen-Nester, die Biester sind nicht nur äußerst agil sondern auch sehr wachsam. Die fühlten sich natürlich bedroht und flogen sofort Attacke. Den Stachel entferne ich aus der Haut und hoffe daß die Schwellung nicht zu groß wird, schließe auch die Tür wieder.
Als ich bei dem Verkehrsopfer-Kreuz zum Fotografieren mal rückwärts fahre klappen die Äste eines Strauches den linken Spiegel um und er fällt ab, sammle ihn auf um ihn gelegentlich wieder anzubauen.

           

Das trockene Rivier des Schaap wird überquert, damit bin ich im Rehoboth-Distrikt. Der 12 Kilometer außerhalb von Rehoboth gelegene Bahnhof macht einen trostlosen Eindruck, es sieht nicht aus als ob hier Zugverkehr stattfindet. Es geht über das Flußbett des Kalknaute, durch Rehoboth fließt der Swartsand - wenn er denn mal Wasser führt.
Rehoboth ist eine recht hübsche Kreisstadt mit kleinen, einstöckigen Häusern, einigen Wohlstand gibt es. Bei einer Bank dauert es eine halbe Stunde bis ich 300 Eu gewechselt bekomme - ich warte von allen am längsten, geduldig und gelassen. Später tanke ich für 350 Namibia-Dollar, finde auch noch ein Museum, habe jedoch keine Lust bei der Tageshitze mich jetzt lange aufzuhalten.

                           

In Rehoboth stelle ich fest daß die Heckklappen des Wagens nicht richtig schließen, die Verriegelung löst sich beim Fahren auf den Pisten, auch wenn abgeschlossen ist - es heißt also beim Parken immer aufpassen ob auch noch alles zu ist, muß notfalls erneut abschließen. Die untere Klappe ging sogar einmal während der Fahrt auf.
Im Agra-shop gibt es eine große Auswahl an Autobatterien verschiedener Hersteller und ich bin etwas verunsichert welche ich nehmen soll. Kaufe also noch keine neue Batterie, hoffe daß die alte nun erstmal richtig durchgeladen ist, der Motor sprang ja gut an die letzten Male.
Auf der D1237 geht es Richtung Nordwesten und an den Bismarck-Felsen vorbei, es gibt schöne Wolken und ist sehr heiß, biege später links auf die C26 Richtung Westen ab und fahre über das Khomas-Hochland.
Nachmittag überquere ich bei Farm Weißenfels den trockenen Flußlauf Weißenfels, die Farm ist eine sehr große Tourismus-Anlage mit vielen lodges. Ein einfaches Camp mit eventuell Familienanschluß wäre mir lieber als Massentourismus mit dienstbeflissenem Service-Personal.
Am Abend bin ich am Gamsberg-Pass (2347 Meter), einige Meter abseits der Straße stelle ich den Wagen an einem leichten Hang ab - falls der Motor morgens nicht anspringen will! Obwohl im Wagen hinten eine Campingausrüstung verstaut ist schlafe ich wieder auf den Rücksitzen, genieße den Abend, die menschenleere Weite um mich herum (kann mich kaum erinnern ob ich überhaupt einem anderen Auto auf der Strecke begegnet bin).

               

Namibia gefällt mir sehr - auch wenn die Weißen hier meist lästern über schwarze Mentalität, Lebensansichten, Lebensweisheiten - es geht hier sehr geruhsam und natürlich zu, ist nicht alles nur gewinnorientiert und auf Profitmaximierung ausgelegt. Die Lebensart hier passt zu Landschaft und Klima.

23.10.2012 Dienstag
Morgens springt der Motor sofort an und ich fahre 6.45 Uhr weiter. Die Sonne steigt über die Berge und ich genieße das herrliche Panorama. Die Straße windet sich um die Berge herum, ist teilweise abgebrochen oder weggespült, es gibt keine Fahrbahnbegrenzungen oder Markierungen, nur gelegentlich einmal einen markieren Stein oder Schild mit rotem Pfeil.
Gestern abend entdeckte ich rechts vom Lenkrad einen Drehknopf mit einem Drosselklappen-Symbol, als ich dann mal dran drehte stellte ich fest daß die Motorleistung scheinbar besser, möglicherweise auch der Diesel-Verbrauch etwas niedriger wurde. Insgesamt schien mir ja der Turbo-Diesel recht schwachbrüstig zu sein, vielleicht stimmt auch etwas mit der Motortemperaturregelung nicht da die Anzeige zwischenzeitlich mal ganz runter geht.

Am Straßenrand stehen gelegentlich Kühe, bleiben zum Glück stehen. Kaum vorstellbar wie die in dieser Einöde ab und zu ein Büschel Gras finden.
Frühstück mache ich ein paar Meter ab von der Straße in einem trockenen Rivier, koche dazu mit dem im Wagen vorhandenen Gaskocher Tee und Kaffee. Da es kein Bordwerkzeug gibt was den Namen verdient (ein Wagenheber, ein Schraubendreher Kreuz/Schlitz, ein 10er Maul-/Ringschlüssel, ein Radmutter-Schlüssel und eine kleine, verstellbare Zange ist alles was ich finde) repariere ich hier auf recht archaische Weise den abgefallenen Außenspiegel: aus einem umgefallenen Farmzaun nehme ich etwa anderthalb Meter Draht, biege den zu einer Schlinge, stecke diese von unten durch den hohlen Spiegel-Fuß, lege das Spiegelgehäuse auf und die hohle Halterung die eine sehr starke Feder aufnehmen soll, lege einen kleinen Kiesel zwischen Halterung und Drahtschlinge, drücke mit dem Fuß unten in die Schlinge und es gelingt mir so die Feder zu spannen, dabei die Halterung mitsamt dem Spiegelgehäuse zu drehen bis das Bajonett im Spiegel-Fuß einrastet.

Als ich 9.40 Uhr reisefertig bin tritt der Ernstfall ein und die Batterie läßt den Anlasser noch nicht mal müde klicken! Immerhin leuchten die Armaturen. Nun heißt es also: Warten bis ein Auto vorbei und Hilfe kommt. Stecke mir ein Pfeifchen an (im Laden auf Farm Heimat gekauft, zusammen mit billigem "Indianer-Tabak". Die Zeit nutze ich und schreibe ein paar Briefe an meine Lieben zu Hause.

11.30 Uhr höre ich Motorgeräusche näher kommen, ich laufe mein T-Shirt schwenkend zur Straße und stoppe einen weißen Jeep mit 4 jungen Männern. Drei Deutsche und ein Afro-Amerikaner, Austauschstudenten (ich glaube Betriebswirtschaft), für vier Monate in Windhoek die in ihrer Freizeit das Land erkunden. Ein Starter-Kabel haben sie, es bringt aber meinen Motor nicht zum Laufen, zum Glück haben sie noch ein Abschleppseil dabei. Kurz entschlossen hängen wir das hinten an den Isuzu (er steht mit dem Heck zur Straße) und ich werde rückwärts aus dem Flußbett geschleppt. Auf der Piste starte ich mit Rückwärtsgang und Einkuppeln den Motor - nun läuft der Wagen wieder. Für mich war es die Rettung - und für die Vier eine kleine Abwechslung auf ihrer Tour.

Ein paar Tage später mailen sie mir das Foto, in ihrem blog erwähnen sie die Aktion kurz:

Auf dem Weg haben wir noch einen Deutschen aus nem Flussbett gezogen, der dort Frühstück machen wollte, dessen Anlasser plötzlich kaputt gegangen ist und er schon 3h gewartet hat. Der Hilux hat ihn problemlos rausgeholt, auf der Straße gegen die Fahrtrichtung grade gezogen und den Berg hoch angezogen bis er wieder angesprungen ist - was eine Maschine!

Nehme mir nun vor den Wagen nicht mehr auszumachen bzw. nur noch am Hang wo ich mit Anrollen und Gangeinlegen starten kann - bis ich in der nächsten Stadt dann doch eine neue Batterie kaufe.

Weiter geht es auf der C26. Neben der Ruine eines kleinen Farmhauses (offensichtlich aus der Pionierzeit) am Wegesrand liegt ein großer, alter 6-Zylinder Buick-Motor. Etwas weiter ist dann ein hübsches Farmhaus: John R. M. Powell-Platz.
Auf der C14 - hier ist etwas mehr Verkehr, ein Geländewagen kommt mir als Geisterfahrer entgegen bevor er schnell wieder auf seine Seite (rechts von mir) ausweicht. Sogar ein Reisebus fährt hier. Nun geht es über den Fluß Kuiseb (hier bin ich ja mit Jens-Uwe kürzlich schon lang gefahren). Da in der Karte die D1998 nicht durchgezeichnet ist will ich die nächste Straße nach Norden nehmen (ohne Bezeichnung auf der Karte). Da auch keine Markierung an der Straße nach Gansab und Hotsas zu sehen ist fahre ich am Abzweig vorbei und einen insgesamt sehr großen Umweg (etwa 150 Kilometer), gelange erst auf der D1982 wieder Richtung Osten. Die Landschaft ist hier Wüste, nur ein paar Gräser stehen vereinzelt. Die Pad geht schnurgerade nach Osten, links nur von Strommasten flankiert, sonst gibt es nichts erwähnenswertes. An einem kleinen Hang halte ich um nochmal einen Startversuch zu machen, doch nichts tut sich, kein Klicken des Anlassers ist zu vernehmen, mit einiger Mühe bringe ich den schweren Wagen zum Rollen und kann so wieder mit Zweiten-Gang-Einlegen der Motor starten. Später geht es über die D1980 wieder nach Norden, mein Ziel ist Otjimbingwe, die ehemalige Landeshauptstadt.

Inzwischen kam mir die Erleuchtung: Wenn noch nicht mal ein Klicken vom Anlasser her zu hören ist kann es ja nur am Magnetschalter liegen, da ist sicherlich ein Kabel lose! Halte also wieder an einem Hang an und sehe bei geöffneter Motorhaube wirklich ein loses, blaues Kabel beim Anlasser hängen. Krieche also unter den Wagen, drücke mit meinem Leatherman-Multitool den Kabelschuh etwas zusammen (nun kommt aus der Gegenrichtung auch ein Auto, fährt langsam vorbei). Nach einiger Fummelei gelingt es mir dann von oben (alles recht verbaut und der Motor noch heiß) das Kabel wieder am Magnetschalter zu befestigen. Man denkt ja immer zunächst eher an einen größeren Defekt als an was Profanes: Anlasser defekt, Kohlebürsten verschmutzt oder sowas. Hab zwar mal Autoschlosser gelernt aber nie in dem Beruf gearbeitet, brauche so meist etwas Zeit um mich in die Technik reinzudenken.

Herrliche Landschaft später, die Straße geht wie bei einer Achterbahn hoch und runter, ich schmauche wieder ein Pfeifchen. Zum Bosua-Pass geht es auf der C28 teils im ersten Gang hinauf - so steil ist es. Später nehme ich die D1953 Richtung Otjimbingwe, die Strecke ist teilweise in sehr schlechtem Zustand, besteht streckenweise aus nacktem Fels. Mittlerweile ist es kurz vor 17.00 Uhr und ich fahre den Wagen etwas von der Straße weg zwischen die Büsche um hier die Nacht zu verbringen. Stelle fest daß ich am Nachmittag unterm Auto meinen fast neuen Leatherman hab liegen lassen! Immerhin findet sich im Handschuhfach ein billiges Baumarkt-Multitool und ein (fast stumpfes) Messer das sich am Gürtel befestigen läßt.

Wie ich nun feststellen muß ist die untere Heckklappenverriegelung völlig blockiert! Wie soll ich nun an meine Wasserflaschen und Lebensmittel heran kommen? Ich räume das obere Fach mit dem Zelt und allem was dort lagert aus, nehme von der eingebauten Eisen-Bettkonstruktion den Sperrholzboden heraus und es gelingt mir mit dem Kreuzschraubendreher vom Multitool (das Ding taugt auch nichts, dauernd klappt das Werkzeug ein bzw. anderes aus und man klemmt sich jedesmal fast die Finger) die 12 Schrauben der Heckklappen-Verkleidung zu lösen. Nun läßt sich mit einiger Gewalt der Verriegelungsmechanismus per Hand drehen! Eine dreiviertel Stunde habe ich hier dran gebastelt, teilweise ganz schön geflucht dabei...

24.10.2012 Mittwoch
Kurz bevor ich gegen halb Acht reisefertig bin fährt das erste Fahrzeug des Tages vorbei (wohl ein Farmer). Kaum ist der durch will ich starten - und wie schon fast befürchtet ist die Batterie wieder leer, hat sich über Nacht entladen, nichts passiert. Stehe ca. 30-50 Meter von der Straße weg - wer weiß wann das nächste Auto kommt zur Start- oder Anschlepphilfe. So habe ich wieder viel Zeit Briefe zu schreiben.

Den ganzen Vormittag u. Mittag muß ich warten, überstehe auch die Mittagshitze, gegen halb Eins etwa höre ich ein Fahrzeug näher kommen, ich renne zur Straße und schwenke mein shirt - da ist das ein Polizeiwagen mit 3 Polizisten! Nachdem mein Problem erklärt ist fahren sie von der Straße herunter zu meinem Wagen. Sie haben jedoch selbst weder Starter-Kabel noch Abschleppseil dabei, machen mir aber den Vorschlag ihre Batterie auszubauen und meinen Motor damit zu starten! Ich baue also meine defekte Batterie aus, deren Batterie bei Ihnen aus, deren Batterie bei mir ein, starte, klemme deren Batterie bei mir ab und baue meine wieder bei mir, dann ihre Batterie wieder bei Ihnen ein. Ich mache noch ein Gruppenfoto (will ich Ihnen zuschicken) und dann fährt jeder seiner Wege. Hier gilt also noch: "die Polizei - dein Freund und Helfer"!

 

Bis Otjimbingwe sind es nur noch wenige Kilometer. Zwischendurch geht der Fensterheber der Fahrertür nicht mehr, zum Glück funktionieren die Heber der anderen Türen noch.

Durch Otjimbingwe führt der Swakop der natürlich zur Zeit kein Wasser hat, immerhin ist es an einigen Stellen etwas feucht. Ich versuche eine Tankstelle zu finden, es gibt jedoch keine, könnte über paar Ecken Treibstoff in Kanistern irgendwo bekommen was ich aber nicht mache. Der Ort besteht aus vielen einfachen Hütten und Häusern, hat ein paar neuere Verwaltungsgebäude, Polizei usw., ein kleines Gesundheitszentrum (unterstützt vom "Kulturverein Deutschland-Namibia" e.V.), ein Neubau ist in Arbeit. Das alte Zentrum um die Rheinische Missionskirche mit lutherischer Gemeinde, hier stehen noch einige historische Häuser und Ruinen aus der Pionierzeit. Im Hof der ehemaligen Wagenbauerei von Eduard Hälbich liegen die Reste des Windmotors von 1897 der die Maschinen und eine Wasserpumpe antrieb und als Nationales Denkmal verzeichnet ist, leider zerstörten Schrottdiebe 2008 dieses technische Wunderwerk.
Für die Rheinische Missionsgesellschaft war Otjimbingwe der zentrale Standort für ihre Missionstätigkeit ab 1849. Im Jahre 1860 errichtete der Jäger, Entdecker und Händler Charles John Andersson hier sein Hauptquartier, den ersten dauerhaften Handelsposten in der Region. Für den Schutz der Niederlassung und des Ortes unterhielt er eine kleine Privatarmee die sogar über Geschütze verfügte. Am 16. Juli 1888 wurde hier das erste Postamt Deutsch-Südwestafrikas eröffnet.

                           

In der Rheinischen Missionskirche ist gerade der Gottesdienst zu Ende und ich schaue kurz hinein. Später spricht mich die Frau mit dem kleinen Mädchen an der Hand an und lädt mich ein die nahe Schule zu besuchen. Etwas zögerlich folge ich der Einladung (nachdem der Wagen etwas näher abgestellt - mit laufendem Motor da es schwierig werden wird hier jemanden zwecks Starthilfe zu finden).

           

Die Einrichtung heißt Friedenheim-Hostel (wird unterstützt vom Kulturverein Deutschland-Namibia e.V.). Ich darf mir alles ansehen und fotografieren, die Einrichtung ist Heim und Internat für die nahegelegene Schule. Alles ist sehr einfach eingerichtet und sauber. Die Kinder sind sehr zutraulich und alle wollen fotografiert werden. Ich staune wie artig die vielen Kinder sind, dabei fröhlich und ausgelassen, doch bemerke ich manchmal auch Traurigkeit und unkindlichen Ernst.
Was auffällt: es gibt - bis auf die Spritzpistole des einen Jungen - keinerlei Spielzeug zu sehen. Und da muß ich natürlich an die Kinderzimmer in Deutschland denken wo die Kinder im Plastikspielzeug-Müll von Barbie über Lego bis Playmobil und dem ganzen Plunder zu ersticken drohen, dazu noch die ganzen seelenlosen gameboys, Computerspiele usw., Kinder bereits mit elektronischen Fußfesseln namens smart- oder iphone ausgestattet werden - und meist nichts weiter als jeder für sich alleine nur Knöpfe drücken können!

                                                                                                               

Ich darf sogar mit den Kindern zusammen essen, wasche mir vorher wie alle anderen die Hände in der grünen Schüssel. Es gibt Reis mit Zwiebelfett, etwas Maisbrei dazu und ein Stück Wildfleisch. Gegessen wird ganz praktisch mit den Fingern, bekomme wie die großen Kinder aber einen Löffel.

                                       

Nach fast drei Stunden fällt es mir schwer Abschied zu nehmen, ich lasse mir die Postanschrift geben und werde die vielen Fotos gelegentlich schicken. Die ganze Zeit stand das Auto mit laufendem Motor im Schatten eines Baumes. Nun verlasse ich diese gastliche Stätte - vielleicht werde ich einmal wiederkommen.

             

© 2012 Burkhart Rüchel      zur homepage