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3 Wochen im OktoberSeite V
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20.10.2012 Samstag
Wir sind den ganzen Tag unterwegs, durch Maltahöhe geht es ohne Stop, in Marienthal zieht Jens-Uwe nur schnell am Automaten Geld, ich schaue kurz in den Supermarkt (hier hat das Personal rote Weihnachtsmützen auf), der Agra-Markt hat leider Samstag Nachmittag schon zu - hatte eigentlich vor mir ein Paar Landarbeiterschuhe zu kaufen - mit Autoreifen als Sohle! Die gibts aber leider nie in meiner Größe.
21.10.2012 Sonntag
Gegen Mittag kommen wir auf Farm "Heimat" an, werden von Marianne Seifart gleich zum Mittagessen eingeladen. So sitzen wir mit Rainer und Marianne mit ihren Gästen zusammen an der langen Mittagstafel und erfahren was es hier Neues gibt.
Überhaupt klagen weiße Farmer daß viele Schwarzafrikaner sich schlecht anstellen und wenig arbeitsam sind.
Ich beschließe heute noch hier zu bleiben, erst am nächsten Tag weiter zu fahren. Es geht mit einem der Pickups zu einem Rastplatz, dort gibt es ein ganz leckeres Abendessen aus dem Potjie, dem traditionellen gusseisernen Kochkessel. Den ganzen Abend wird erzählt, Rainer gibt so manche Anekdote zum Besten, berichtet sehr anschaulich über Land und Leute, so erfahren wir vieles was in keinem Reiseführer steht.
22.10.2012 Montag
Das trockene Rivier des Schaap wird überquert, damit bin ich im Rehoboth-Distrikt. Der 12 Kilometer außerhalb von Rehoboth gelegene Bahnhof macht einen trostlosen Eindruck, es sieht nicht aus als ob hier Zugverkehr stattfindet. Es geht über das Flußbett des Kalknaute, durch Rehoboth fließt der Swartsand - wenn er denn mal Wasser führt.
In Rehoboth stelle ich fest daß die Heckklappen des Wagens nicht richtig schließen, die Verriegelung löst sich beim Fahren auf den Pisten, auch wenn abgeschlossen ist - es heißt also beim Parken immer aufpassen ob auch noch alles zu ist, muß notfalls erneut abschließen. Die untere Klappe ging sogar einmal während der Fahrt auf.
Namibia gefällt mir sehr - auch wenn die Weißen hier meist lästern über schwarze Mentalität, Lebensansichten, Lebensweisheiten - es geht hier sehr geruhsam und natürlich zu, ist nicht alles nur gewinnorientiert und auf Profitmaximierung ausgelegt. Die Lebensart hier passt zu Landschaft und Klima.
23.10.2012 Dienstag
Am Straßenrand stehen gelegentlich Kühe, bleiben zum Glück stehen. Kaum vorstellbar wie die in dieser Einöde ab und zu ein Büschel Gras finden.
Als ich 9.40 Uhr reisefertig bin tritt der Ernstfall ein und die Batterie läßt den Anlasser noch nicht mal müde klicken! Immerhin leuchten die Armaturen. Nun heißt es also: Warten bis ein Auto vorbei und Hilfe kommt. Stecke mir ein Pfeifchen an (im Laden auf Farm Heimat gekauft, zusammen mit billigem "Indianer-Tabak". Die Zeit nutze ich und schreibe ein paar Briefe an meine Lieben zu Hause. 11.30 Uhr höre ich Motorgeräusche näher kommen, ich laufe mein T-Shirt schwenkend zur Straße und stoppe einen weißen Jeep mit 4 jungen Männern. Drei Deutsche und ein Afro-Amerikaner, Austauschstudenten (ich glaube Betriebswirtschaft), für vier Monate in Windhoek die in ihrer Freizeit das Land erkunden. Ein Starter-Kabel haben sie, es bringt aber meinen Motor nicht zum Laufen, zum Glück haben sie noch ein Abschleppseil dabei. Kurz entschlossen hängen wir das hinten an den Isuzu (er steht mit dem Heck zur Straße) und ich werde rückwärts aus dem Flußbett geschleppt. Auf der Piste starte ich mit Rückwärtsgang und Einkuppeln den Motor - nun läuft der Wagen wieder. Für mich war es die Rettung - und für die Vier eine kleine Abwechslung auf ihrer Tour. Ein paar Tage später mailen sie mir das Foto, in ihrem blog erwähnen sie die Aktion kurz: Auf dem Weg haben wir noch einen Deutschen aus nem Flussbett gezogen, der dort Frühstück machen wollte, dessen Anlasser plötzlich kaputt gegangen ist und er schon 3h gewartet hat. Der Hilux hat ihn problemlos rausgeholt, auf der Straße gegen die Fahrtrichtung grade gezogen und den Berg hoch angezogen bis er wieder angesprungen ist - was eine Maschine! Nehme mir nun vor den Wagen nicht mehr auszumachen bzw. nur noch am Hang wo ich mit Anrollen und Gangeinlegen starten kann - bis ich in der nächsten Stadt dann doch eine neue Batterie kaufe.
Weiter geht es auf der C26. Neben der Ruine eines kleinen Farmhauses (offensichtlich aus der Pionierzeit) am Wegesrand liegt ein großer, alter 6-Zylinder Buick-Motor. Etwas weiter ist dann ein hübsches Farmhaus: John R. M. Powell-Platz.
Inzwischen kam mir die Erleuchtung: Wenn noch nicht mal ein Klicken vom Anlasser her zu hören ist kann es ja nur am Magnetschalter liegen, da ist sicherlich ein Kabel lose! Halte also wieder an einem Hang an und sehe bei geöffneter Motorhaube wirklich ein loses, blaues Kabel beim Anlasser hängen. Krieche also unter den Wagen, drücke mit meinem Leatherman-Multitool den Kabelschuh etwas zusammen (nun kommt aus der Gegenrichtung auch ein Auto, fährt langsam vorbei). Nach einiger Fummelei gelingt es mir dann von oben (alles recht verbaut und der Motor noch heiß) das Kabel wieder am Magnetschalter zu befestigen. Man denkt ja immer zunächst eher an einen größeren Defekt als an was Profanes: Anlasser defekt, Kohlebürsten verschmutzt oder sowas. Hab zwar mal Autoschlosser gelernt aber nie in dem Beruf gearbeitet, brauche so meist etwas Zeit um mich in die Technik reinzudenken. Herrliche Landschaft später, die Straße geht wie bei einer Achterbahn hoch und runter, ich schmauche wieder ein Pfeifchen. Zum Bosua-Pass geht es auf der C28 teils im ersten Gang hinauf - so steil ist es. Später nehme ich die D1953 Richtung Otjimbingwe, die Strecke ist teilweise in sehr schlechtem Zustand, besteht streckenweise aus nacktem Fels. Mittlerweile ist es kurz vor 17.00 Uhr und ich fahre den Wagen etwas von der Straße weg zwischen die Büsche um hier die Nacht zu verbringen. Stelle fest daß ich am Nachmittag unterm Auto meinen fast neuen Leatherman hab liegen lassen! Immerhin findet sich im Handschuhfach ein billiges Baumarkt-Multitool und ein (fast stumpfes) Messer das sich am Gürtel befestigen läßt. Wie ich nun feststellen muß ist die untere Heckklappenverriegelung völlig blockiert! Wie soll ich nun an meine Wasserflaschen und Lebensmittel heran kommen? Ich räume das obere Fach mit dem Zelt und allem was dort lagert aus, nehme von der eingebauten Eisen-Bettkonstruktion den Sperrholzboden heraus und es gelingt mir mit dem Kreuzschraubendreher vom Multitool (das Ding taugt auch nichts, dauernd klappt das Werkzeug ein bzw. anderes aus und man klemmt sich jedesmal fast die Finger) die 12 Schrauben der Heckklappen-Verkleidung zu lösen. Nun läßt sich mit einiger Gewalt der Verriegelungsmechanismus per Hand drehen! Eine dreiviertel Stunde habe ich hier dran gebastelt, teilweise ganz schön geflucht dabei...
24.10.2012 Mittwoch
Den ganzen Vormittag u. Mittag muß ich warten, überstehe auch die Mittagshitze, gegen halb Eins etwa höre ich ein Fahrzeug näher kommen, ich renne zur Straße und schwenke mein shirt - da ist das ein Polizeiwagen mit 3 Polizisten! Nachdem mein Problem erklärt ist fahren sie von der Straße herunter zu meinem Wagen. Sie haben jedoch selbst weder Starter-Kabel noch Abschleppseil dabei, machen mir aber den Vorschlag ihre Batterie auszubauen und meinen Motor damit zu starten! Ich baue also meine defekte Batterie aus, deren Batterie bei Ihnen aus, deren Batterie bei mir ein, starte, klemme deren Batterie bei mir ab und baue meine wieder bei mir, dann ihre Batterie wieder bei Ihnen ein. Ich mache noch ein Gruppenfoto (will ich Ihnen zuschicken) und dann fährt jeder seiner Wege. Hier gilt also noch: "die Polizei - dein Freund und Helfer"!
Bis Otjimbingwe sind es nur noch wenige Kilometer. Zwischendurch geht der Fensterheber der Fahrertür nicht mehr, zum Glück funktionieren die Heber der anderen Türen noch.
Durch Otjimbingwe führt der Swakop der natürlich zur Zeit kein Wasser hat, immerhin ist es an einigen Stellen etwas feucht. Ich versuche eine Tankstelle zu finden, es gibt jedoch keine, könnte über paar Ecken Treibstoff in Kanistern irgendwo bekommen was ich aber nicht mache. Der Ort besteht aus vielen einfachen Hütten und Häusern, hat ein paar neuere Verwaltungsgebäude, Polizei usw., ein kleines Gesundheitszentrum (unterstützt vom "Kulturverein Deutschland-Namibia" e.V.), ein Neubau ist in Arbeit. Das alte Zentrum um die Rheinische Missionskirche mit lutherischer Gemeinde, hier stehen noch einige historische Häuser und Ruinen aus der Pionierzeit. Im Hof der ehemaligen Wagenbauerei von Eduard Hälbich liegen die Reste des Windmotors von 1897 der die Maschinen und eine Wasserpumpe antrieb und als Nationales Denkmal verzeichnet ist, leider zerstörten Schrottdiebe 2008 dieses technische Wunderwerk.
In der Rheinischen Missionskirche ist gerade der Gottesdienst zu Ende und ich schaue kurz hinein. Später spricht mich die Frau mit dem kleinen Mädchen an der Hand an und lädt mich ein die nahe Schule zu besuchen. Etwas zögerlich folge ich der Einladung (nachdem der Wagen etwas näher abgestellt - mit laufendem Motor da es schwierig werden wird hier jemanden zwecks Starthilfe zu finden).
Die Einrichtung heißt Friedenheim-Hostel (wird unterstützt vom Kulturverein Deutschland-Namibia e.V.). Ich darf mir alles ansehen und fotografieren, die Einrichtung ist Heim und Internat für die nahegelegene Schule. Alles ist sehr einfach eingerichtet und sauber. Die Kinder sind sehr zutraulich und alle wollen fotografiert werden. Ich staune wie artig die vielen Kinder sind, dabei fröhlich und ausgelassen, doch bemerke ich manchmal auch Traurigkeit und unkindlichen Ernst.
Ich darf sogar mit den Kindern zusammen essen, wasche mir vorher wie alle anderen die Hände in der grünen Schüssel. Es gibt Reis mit Zwiebelfett, etwas Maisbrei dazu und ein Stück Wildfleisch. Gegessen wird ganz praktisch mit den Fingern, bekomme wie die großen Kinder aber einen Löffel.
Nach fast drei Stunden fällt es mir schwer Abschied zu nehmen, ich lasse mir die Postanschrift geben und werde die vielen Fotos gelegentlich schicken. Die ganze Zeit stand das Auto mit laufendem Motor im Schatten eines Baumes. Nun verlasse ich diese gastliche Stätte - vielleicht werde ich einmal wiederkommen.
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