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Burkhart Rüchel

NAMIBIA
2015

arche-foto.com

Sieben Wochen mit dem Fahrrad unterwegs...

Seite IV

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ein Tag in Windhoek:

Gegen Mittag geht es also nach Windhoek. Der Transkalahari Highway wird stark ausgebaut und ein Großteil der Strecke Baustelle. Die Fotos entstehen meist im Vorbeifahren aus dem Auto heraus. Klappern nacheinander die Fahrradläden ab. Ein Fuß ist von den neuen Swakopmunder Schuhen wund gelaufen und geschwollen, hinke mächtig durch die Gegend. Rainer erzählte von pannensicheren Reifeneinlagen. Das hört sich ja gut an, nie wieder einen Platten? Diese Einlagen soll es in verschiedenen Härtegraden geben: Weich, Mittel und Hart. Bei Cymot fragen wir danach - die haben in ihrer Fahrradwerkstatt genau 1 Stück! Eine Härteangabe gibt es dazu nicht. Na, ich nehme diese Einlage, dann ist leider komplett Stromausfall und wir versuchen uns mit unseren Handy-Lampen zu orientieren. Das ist hier zwar eine sehr große Fahrradabteilung doch über die einfachsten Radersatzteile geht das Angebot nicht hinaus. Nur tolle, teure Fahrräder kann man hier kaufen - sowie schöne bunte Anbauteile!
Nach dem 3. Radladen und einem Autozubehörgeschäft (hier kaufe ich eine Ventilstutzen-Verlängerung) habe ich wohl alles was ich brauche. Es gibt nämlich nirgendwo Schläuche mit langen Ventilstutzen, es heißt überall die kurzen wären MTB-Standard! Was soll man denn mit einer Kammerfelge machen? Der Stutzen ist dann so kurz daß keine Pumpe greift.
In einem Shop in dem Rainer Gaze kaufen will werden wir von einer blonden, blauäugigen Frau bedient - wie ich hinterher erfahre ist das Gaby Ahrens, eine bekannte Sport-Schützin. Die Familie betreibt in Windhoek ein großes Waffengeschäft.
Als wir uns in einem kleinen Lebensmittelmarkt ein Mittagessen holen fallen mir Beamte in schicken, grünen Uniformen auf - Wachleute vom nahen Gefängnis.

                               

In Windhoek herrscht eine regelrechte Bauwut, ein riesiges Shopping-Center nach dem anderen entsteht, ebenso neue Wohnviertel. Kapitalismus ist hier voll angekommen - samt Spekulation und Gentrifizierung, die Grundstückspreise explodieren.

         

wieder Okahandja:

Am späten Nachmittag geht es zurück nach Okahandja. Die blaue Reifen-Einlage ist im Vorderrad schnell montiert und ich mache gleich eine Probefahrt (unbeladen), das Fahrgefühl ist allerdings sehr schwammig und ich stelle mir lieber nicht vor wie das erst auf der gravel road oder im Sand ist. Schneide einen meiner defekten Schläuche der Länge nach auf und lege den um die Einlage, nun sitzt die ein wenig strammer im Reifen und es fährt sich etwas besser. Später wechsle ich den Hinterradreifen nach vorne - der ist minimal kleiner. Komische Geräusche macht der Reifen dann immer noch. Großes Vertrauen hab ich in die Sache nicht.

         

Die Rheinische Missionskirche ist abgeschlossen. Auf dem Friedhof sind viele gefallene Schutztruppler und Chiefs der Herero begraben, ebenso Missionar Carl Gottlieb Viehe mit seiner Frau.

     
                           

     

Götz und Ute sind wieder mit ihrem Unimog unterwegs (so einen hatte ich auch mal), 2012 lernte ich sie auf Farm Heimat kennen. Kaufe ein Paar Flip-Flops die ich bis zum Ende der Reise tragen werde.
Später heißt es wieder einmal Abschied nehmen und ich starte vom Reitclub zum zweiten Mal Richtung Waterberg:

         

Diesmal fahre ich jedoch lieber gleich auf dem Transkalahari Highway. Als ich am zweiten Rastplatz der wieder neu verdreckt ist ausruhe hält ein Wagen - Pieter Krone fragt ob ich mitgenommen werden mag. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und so fahre ich mit bis zum Abzweig C22, hole auf diese Weise wieder einen Tag auf. Pieter kommt von einem Farmerkongress in Windhoek.
Am nächsten Tag frage ich an der C22 den Herero Ben dessen VW Jetta einen Motorschaden hat ob er etwas braucht, als er meint er hätte Hunger und Durst gebe ich ihm einen dreiviertel Liter Wasser (mit Kaktusfeigensirup), Brot und eine Büchse Bohnen. Um einen neuen Zylinderkopf zu besorgen schickte er jemanden nach Windhoek, nun wartet er auf dessen Rückkehr und übernachtet solange im Auto.

           

am Waterberg:

Ein kleiner Rastplatz an der Straße ist wieder einmal total vermüllt, die Steinbänke so dreckig daß man sich kaum hinsetzen mag, geschweige denn hinlegen. Das Dach fehlt - ist bestimmt geklaut.

Am Kleinen Waterberg besuche ich H.R. Schneider-Waterberg auf seiner Farm. Es ist ein schönes Bild wie er lesend, die Beine übereinander geschlagen, auf der Terrasse sitzt. Stelle mein Fahrrad ab, steige die Stufen hoch, stelle mich vor und werde herzlich aufgenommen, später sogar zum privaten, gutbürgerlichen, sonntäglichen Mittagessen eingeladen (es gibt leckere Kohlrouladen). Viele Stunden unterhalten wir uns vor allem über die Geschichte Namibias, damit mir kein Wort entgeht und ich nicht die Finger wundschreiben muß mache ich Tonaufnahmen. Leider möchte Herr Schneider-Waterberg nicht fotografiert werden, doch signiert er mir sein Buch: "Der Wahrheit eine Gasse" das ich extra mitgebracht habe. Auf meinem notebook sehen wir uns meine große digitale Sammlung historischer Fotos und Dokumente Deutsch Südwestafrikas an.

                       

weitere historische Aufnahmen:

          © Otto Neumeister  © Otto Neumeister  © Otto Neumeister  © Otto Neumeister        © Steinhoff  © Otto Neumeister   

Fundstücke im Gelände (zwischen Kleinem Waterberg und Sandstein-Plateau):

 

Um mir den großen Friedhof der Schutztruppe sowie die Gräber der Kambazembi-Fürsten anzusehen fahre ich zum großen, von der Regierung betriebenen "Waterberg Plateau Park". Nicht nur daß man hier 80 NamDollar Eintritt zahlen muß kostet eine Nacht auf dem etwas verwahrlosten Campingplatz 231 ND und ich habe den Eindruck daß ich hier als einziger Camper (die Saison hat noch nicht begonnen) diesen ganzen Touristenbetrieb alleine finanzieren soll. Ich staune über den hohen Personalbestand dieser Einrichtung, davon sind viele für die Sicherheit zuständig. Nachdem ich mein Zelt aufgebaut kommt dann doch noch ein deutsches Päärchen im üblichen Leihwagen mit Dachzelt. Bei vielen Standplätzen sind die Elektroanschlüsse defekt was man an herausgerissenen Kabeln sehen kann. Immerhin sind die Sanitär-Häuser in gutem Zustand, alles ist dort sauber und funktioniert meist.

versuchter Diebstahl - Zelt zerschnitten...

Gegen 2.oo Uhr werde ich plötzlich wach als in meinem Zelt Bewegung ist. Etwas schlaftrunken kann ich an einer Stelle hindurchsehen wo normalerweise geschlossene Zeltwand ist. Erst als ich am Zeltboden ein winziges Lichtlein wahrnehme bekomme ich mit daß jemand das Zelt aufgeschlitzt hat und in meinen Sachen wühlt! Da ich nicht sehen kann was außen vor sich geht, auch nicht weiß wie viele dort sind und ich nicht so schnell aus dem Zelt komme bleibt mir erstmal nichts weiter übrig als laut zu schreien, als ich dann endlich draußen bin sehe ich einen Mann der sich entfernt...
An Schlaf ist natürlich in dieser Nacht nicht mehr zu denken und bin am nächsten Morgen wie gerädert. Morgens geht einer der uniformierten Angestellten den Campingplatz ab, dem erzähle ich von der Sache - er meint nur er wolle den "footprints" folgen die sich deutlich auf dem Sand abzeichnen.

Auch wenn ich erstmal keinen Verlust feststellen kann habe ich weder Lust länger zu bleiben noch mein Zelt dort unbeaufsichtigt stehen zu lassen, packe also zusammen und melde die ganze Geschichte an der Rezeption. Die hören sich zwar alles kommentarlos an aber ansonsten interessiert das auch niemand weiter...

   

Drehe am Morgen mit dem Fahrrad eine große Runde. Ein Autowrack steht auch wieder in der Landschaft herum.

     

Von der alten Missionsstation ist nichts übrig als ein paar Fundamente. Einige alte Scherben von Glasflaschen liegen dabei:

         

Lasse später das fertig gepackte Fahrrad an der Rezeption stehen und mache mich nun zu Fuß auf den Weg zu den Gräbern des Kambazembi-Clans. Kambazembi wa Kangombe (geboren 1843), einer der reichsten und einflussreichsten Herero-Fürsten, war ein Gegner von Landverkäufen und führte die traditionelle Lebensweise seines Volkes fort. Bereits vor seinem Tod 1903 begannen seine Söhne Salatiel und David damit Land zu verkaufen was sie nach seinem Tode in großem Stil fortsetzten! Im Januar des folgenden Jahres schlossen sie sich dann dem Aufstand an um sich alles wieder zu holen...

historische Aufnahmen Kambazembi wa Kangombes:

   

Paul Rohrbach schreibt im November 1903 über das Grab Kambazembis ("Aus Südwest-Afrikas schweren Tagen", Verlag Wilhelm Weicher, Berlin 1909, Seite 24): Kambasembis weißgetünchte Grabhütte steht inmitten seiner alten, mit dem Tode des "Omuhona" verlassenen Werft, und noch immer sind die mannigfaltigen, über einen langen Zeitraum hin verteilten Totengebräuche, die auf das Hinscheiden eines so großen Kapitäns folgen, nicht zu Ende.

An Stelle der genannten Grabhütte wurde in den 1920er Jahren die heutige Grabanlage des Kambazembi-Clans gestaltet:

           

Beerdigt sind hier außerdem:

Kombamba Salatiel Kambazembi (1868-1941), Karise Windel Kambazembi (1877-1926), Alexander Kambazembi (1905-1975), Maveipi Josephat Kambazembi (1917-1960), David Kambazembi (1932-2006), Julius Kambazembi (1937-1969), Kutjo Kambazembi (1968-2014)

Renhard Tjerije (1865-1943), Fritz Tjerije (1878-1964), Batholomeus Tjerije (1914-1981), Theophelus Tjerije (1918-2002), Kazandu Johannes Tjerije Tjerije (1919-2004), Elia Tjerije (1947-1982)

Tjanika Gabriel Ngavirue (1905-1992), Hijamoto Josephat Ngavirue (1910-1981), Daniel Tjivava (1911-2000), Kaposire Ewald Ngavirue (1927-1997), Benestus Uruanendo (Kandundu) (1946-1989), Tjiueza Tjerije Kavezepa (1974-1998), Steve Ellis (1943-1984)

Keine zweihundert Meter von den Herero-Gräbern befindet sich leider - wenig respektvoll - die große Müllkippe des Waterberg Plateau Parks! Abgesehen davon hat man hier offensichtlich von Trink- bzw. Grundwasserschutz noch nichts gehört...

 

Später besuche ich auch den Friedhof der bei den Gefechten am Waterberg 1904 gefallenen Soldaten der Schutztruppe, fotografiere alle Gräber.

                     

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