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Rauchen mit Format

Text/Foto: Burkhart Rüchel

Viele werden den Rummel, den man vor einiger Zeit um das Cigarre-Rauchen gemacht hat, noch in Erinnerung haben. Unzählige Artikel sollten den Laien begeistern und als Konsumenten gewinnen, zweifelhafte Fabrikate werden mit peppiger Werbung und den verrücktesten Accesoires beispielsweise an Tankstellen und bei den verschiedenen PR-Veranstaltungen unters Volk gebracht.
Nun wird der eine oder andere trend-setter den Verlockungen nicht widerstehen gekonnt und sich mal so ein Teil mit ausladender, bedeutungsschwangerer Geste ins kecke Milchgesicht gesteckt haben; selbst ein gewisser Typ Weiblichkeit fand sich plötzlich ungemein anziehend damit - doch nach nicht allzu langer Zeit verschwanden solche Allüren klammheimlich wieder.
Das liegt nun nicht nur an der minderen Qualität vieler Produkte, sondern auch daran, daß der neue Raucher mit seinem Latein schon anfangs am Ende war, lieferte doch die großartige Werbung keine einführenden Grundkenntnisse weder der Auswahl noch des Gebrauchs.
Meines Erachtens ist doch dies erst mal entscheidend. Hier ein paar kleine Tips für Einsteiger:

Zuerst: Die Auswahl
Cigarren sind keine billige Leidenschaft. Nun sollten die sparsamen Leute unter uns nicht gleich die Flinte ins Korn werfen - Cigarren raucht man ja schließlich nicht wie Zigaretten weg. Die Einzelanschaffung - unbedingt im Fachgeschäft oder spezialisierten Laden, nicht im X-beliebigen Zeitungsshop - beginnt bei ungefähr 2 Euro das Stück und sollte schon aus Übersee sein, das heißt den karibischen Landen dort wie etwa Cuba, Nicaragua, Honduras, Dominikanische Republik usw. Auch sollte man sich darüber klar sein, daß der gute Geschmack kein Industrieprodukt sondern handmade sein sollte. Die Art der Verpackung spielt keine große Rolle, oft ist es wie überall anders auch - großartige Verpackung entlarvt schnell den Blender, ist teuer und macht längst kein gutes Stück; andererseits können anspruchsvolle Cigarren auch edel in Holzkistchen verpackt sein.

Die Grundauswahl beginnt bei den Tabak-Farben Sumatra (etwa rehbraun, glatt) und Brazil (tiefbraun, rauh). Erstere sind in der Regel etwas milder, jedoch nicht ohne Tiefe; Brazil sind häufig schwere Knaster die auch schon mal ein Kratzen im Halse herausfordern - eher etwas für starke Raucher. Allerdings handelt es sich hier nur um das äußere Deckblatt, das nicht allzuviel über die Füllung aussagt. Diese besteht aus gerollten Tabakblättern, was sich an der bereits konfektioniert angeschnittenen Seite erkennen läßt. Auch wurden schon modische Cigarren mit eingearbeiteten Filtern angeboten. © Burkhart Rüchel
Es gibt die unterschiedlichsten Formate, die hinsichtlich Stärke, Länge, Form usw. sehr stark variieren, angefangen von zierlichen beinahe-Cigarrillos über etwa die "Churchill" bis hin zu schweren Dekorations- oder Jubiläumsstücken. Oft bietet man einzelne Sorten in verschiedenen Kalibern an. Es empfiehlt sich, erst einmal verschiedene Marken, Hersteller, Länder oder Formate zu probieren, um so seinen eigenen, speziellen Geschmack herauszufinden und sollte bei den ersten Einkäufen eine Auswahl an Einzelstücken treffen. Kundige Beratung bekommt man sowieso nur in entsprechenden Fach-Geschäften: eine Zeitungsverkäuferin, die noch nie eine Cigarre probiert hat, wird wohl kaum eine brauchbare Auskunft geben sondern bestenfalls die Werbung zitieren können.
Kleine Formate oder Cigarrillos, letztere oft zweifelhafter Qualität, raucht man schnell mal zwischendurch und das hat dann bald nichts mehr mit Genuß zu tun. Lange, dünne Cigarren neigen leicht zum Verlöschen was den Geschmack verdirbt.

Grundsätzlich passt die Cigarre zum schon etwas reiferen Herrn, denn ähnlich wie Pfeife verträgt sich sowas nun mal nicht unbedingt mit dem Gehabe von Grünschnäblern. Man sollte sich auch bewußt sein, daß Cigarre rauchen eine zeitintensive Beschäftigung ist und bei mittleren leicht eine Stunde dauern kann, also nichts für die kurze Pause zwischendurch. Es soll ja nicht in Streß ausarten oder gar auf den Magen schlagen, nur um noch zu Ende zu kommen bis zum nächsten Termin. Am besten macht man es sich im bequemen Lehnstuhl richtig gemütlich, optimal ist ein extra Rauch- oder Bücherzimmer, in der Küche und sowieso unterwegs raucht man eigentlich nicht. Cigarren werden nie auf nüchternen Magen, sondern meist erst nach Mittag, etwa nach einem guten Essen oder ab der Tee- oder Kaffeezeit, gereicht.

Beim Anschnitt wird vorsichtig die stumpfe, geschlossene Seite durch eine scharfe Klinge mit einer länglichen Kerbe versehen. Natürlich gibt es diverse Anschneider, doch auch hier ist nicht alles Gold was glänzt - vor dem Kauf sollte man sie an verschiedenen Mundstücken hinsichtlich Funktionalität ausprobiert haben. Anschließend sollte die Cigarre mit Hölzern gleichmäßig durch etwas Drehen angepafft werden und braucht eine gewisse Zeit, um durchgehend warmgeraucht zu werden - erst dann entfaltet sich ihr Aroma. Für den Anfänger empfiehlt sich eher ein Paffen, mit der Zeit wird man sehen, wieviel man zu inhalieren verträgt. "Voll Lunge" rauchen wohl auch jahrzentelange Smoker nicht. Das glühende Ende der Cigarre wird leicht hoch gehalten, sie verträgt keinen Zug und sollte zwischenzeitlich nicht verlöschen. Falls sie mal schlecht Glut hält: keinesfalls quälen damit sie wieder richtig brennt, sondern lieber noch ein Streichholz bemühen. Allerdings sollte auch nicht zu heiß geraucht werden. Die Asche bleibt bei einem guten Stück leicht bis drei Zentimeter fest haften, sie sollte ruhig dran bleiben, nervöses Aschen ist wenig stilvoll.

Eine bessere Cigarre erkennt man unter anderem daran, daß sie nicht zu fest oder zu lose gewickelt ist, sie gleichmäßig brennt und ihren besonderen Charakter nicht nur im ersten Viertel entfaltet, sondern auch bis zum Ende behält und nicht etwa anfängt, zu "Suppen". Essen, dazu zählt auch Naschwerk, empfiehlt sich nicht beim Rauchen - Zucker greift wie auch Wein-Säure nur unnötig die beim Rauchen sensibilisierten Zähne an; passende Getränke dazu sind eher Kaffee, Tee, ein Glas Rum, Whisky oder Cognac.
Zum Ende wird die Cigarre nicht ausgedrückt - wie häßlich sieht sowas aus, sondern einfach im Aschenbecher, der bald entleert werden sollte, abgelegt - sie verlischt umgehend selbst. Nun ist auch Gelegenheit zum ausgiebigen Lüften.

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Anmerkung:
Der Artikel entstand bereits in den 1990er Jahren - heute würde ich das so nicht mehr schreiben.
Ich schickte seinerzeit Text und Foto an mehrere Zeitschriften und Zeitungen. Die Ostsee-Zeitung veröffentlichte daraufhin einen in Gliederung und Inhalt gleichen Beitrag, der letzte Teil war nahezu wortwörtlich übernommen! Die Ostsee-Zeitung gehörte damals zu einer Hamburger Verlagsgruppe - auch an die hatte ich meinen Artikel geschickt. Urheberrechts-Diskussionen und die massenhafte Aufdeckung von Plagiaten gab es damals noch nicht, doch auch heute wird noch munter geistiges Eigentum geklaut und die eigentlichen Urheber um die Früchte ihrer Arbeit betrogen - eine in der Medienbranche weiterhin übliche Praxis...

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