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Burkhart Rüchel

AFRIKA
2016

arche-foto.com

in 1oo Tagen

von ehemals Deutsch Ostafrika ins frühere Deutsch Südwestafrika

(Mauszeiger auf Bild zeigt Bildtitel, unterstrichene u. fett gedruckte Wörter sind weiterführende links)

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Seite II

Tanzania

Moshi, paramilitärische Einheit bei Übung:

 

An dieser Stelle möchte ich etwas zur deutschen Vergangenheit Tanzanias bemerken. Aus dieser Zeit erinnern auf den ersten Blick nur noch bröckelnde Bauten sowie die Reste des von Deutschen erbauten Bahnnetzes. Im Bewußtsein der Bevölkerung spielt ihrer Natur gemäß die Vergangenheit ebenso wie die Zukunft keine große Rolle, lebt doch der Schwarzafrikaner ausschließlich der Gegenwart. Doch wenn man fragt sind sie des Lobes voll über die geleistete Kulturarbeit während der kurzen deutschen Episode zwischen 1885 und 1914: neben der intensiven wirtschaftlichen Entwicklung des Landes gaben die Deutschen den verschiedenen Völkern des Landes eine gemeinsame Sprache - das Kiswahili, brachten Bildung und Wissenschaft, bauten das Gesundheitswesen auf, und vieles mehr. Kein Deutschenhaß und kein Wort von angeblich verübten Gräueltaten!

Natürlich fragt man sich wie Carl Peters in der kurzen Zeit die Schutz-Verträge mit den einheimischen Oberhäuptern gemacht haben will, da kann nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein. Nicht umsonst sträubte sich Reichskanzler Fürst Bismarck lange gegen die Übernahme der ursprünglich von privaten Wirtschaftunternehmern betriebenen Aktivitäten durch das Deutsche Reich. Dazu lese man am besten selbst einmal Carl Peters: Wie Deutsch Ostafrika entstand oder besser: Die Gründung von Deutsch-Ostafrika. Die deutsche Linke hat ihn schon zu Lebzeiten als Hänge-Peters zu verunglimpfen versucht, die wirklichen Hintergründe - ob wirklich nur eine Eifersuchts-Geschichte dahinter steckt oder es für diese Vorgänge handfeste Gründe gegeben hat - kann man heute nicht mehr ermitteln. Reine antideutsche Hetze im Stile des Ersten Weltkrieges wie etwa der Film unter der Leitung des berüchtigten Guido Knopp: Das Weltreich der Deutschen, Teil: "Kopfjagd in Ostafrika" sind nicht ernst zu nehmende, übelste Propagandawerke!

Als ich den ehemaligen deutschen Verwaltungssitz - immerhin ein öffentliches Gebäude - fotografieren will kommt natürlich sofort jemand an und verlangt wieder einmal ein "permit"! Ignoriere den Mann, gehe in eines der Büros und frage dort nach einer Foto-Erlaubnis. Die Angestellte führt mich jedoch wieder hinaus und verweist mich an genau denselben Mann: der würde mich durch die Stadt führen zu demjenigen der mir ein permit ausstellen würde! Na, auf die Nummer habe ich keine Lust und lasse den Mann stehen, fahre einfach weiter...

Moshi, alte Boma (früherer deutscher Verwaltungssitz):

       

Moshi, deutsche Kriegsgräberstätten des Ersten Weltkrieges:

Die Anlage des Platzes weist auf einen Friedhof mit Einzelgräbern hin. Offensichtlich hat die britische Kolonialmacht nach dem Ersten Weltkrieg die deutschen Gräber verkommen lassen, später wurde nur dieser eine große Denkstein errichtet. So sind die Namen der 57 Soldaten und Askaris hier leider nicht überliefert.  
Zum ehrenden Gedenken

An die hier ruhenden, im Weltkrieg 1914/18
gefallenen und im Lazarett Moshi verstorbenen
57 Deutschen Soldaten und Askari

Beschriftung in Kisuahili und Englisch:

Kumbukumbu

Ya wajerumani 57 wanajeshi mashujaa waliouawa vitani au kufariki dunia wakiwa katika hospitali ya kueshi Moshi wakati wa vita kuu ya kwanza ya dunia na wamepumzika kwa amani katika kaburi hili

in memory

of the 57 geman soldiers and askari who gave their lives in action or who died in teh Moshi military hospital during word war I and who are laid to eternal rest in this cemetery

*

Moshi, alliierte Kriegsgräberstätten des Ersten Weltkrieges (habe alle Gräber fotografiert, hier jedoch jeweils nur eine Auswahl):

                                     

Moshi, alliierte Kriegsgräberstätten des Zweiten Weltkrieges:

                             

Moshi, Kriegsgräber der Hindus, Sikhs und Mohammedaner:

Inschrift: god is one, his is the victory, in memory of the brave hindus sikhs muhammadans who sacrificed their lives in the great war for their king and their country

       

Lange vor der Morgendämmerung ruft der Muezzin. Am Vortag hatte es heftig geregnet, die unbefestigten Wege sind furchtbar verschlammt. Auf dem Friedhofsgelände setzen sich die Räder mit diesem berüchtigten, zähen Schlamm so zu daß sie blockieren und das Fahrrad mühsam durch die Gegend gezerrt werden muß. Je trockener der Schlamm desto härter wird er, muß zuletzt mühevoll zwischen Kotflügel und Reifen herausgeschlagen werden.

         

Dann geht es auf einer guten Teerstraße, gesäumt von blühenden Bäumen, weiter nach Arusha - so glaube ich zumindest. Viel Landwirtschaft, Bewässerungskanäle, Zuckerrohr-Anbau. Habe nach einer Woche mal Appetit auf einheimisches Bier. Habe keine Lust mehr auf diese furchtbaren softdrinks die nur aus Chemie und Zucker bestehen (ich nenne das immer Chemo-Therapie), da bekommt man wohl noch Diabetes. Trinke in einer Bar erst ein herrlich kaltes Serengeti, dann ein Castle. Als ich bezahle kostet das 5500 Shilling, gebe 6000 und die Frau freut sich fast ein Loch in den Bauch.
Erst am Abend stelle ich anhand des rechts befindlichen Höhenzuges sowie am Sonnenstand fest daß mich die Leute die ich in Moshi nach dem Weg fragte in die falsche Richtung geschickt hatten! Fuhr also statt nach Westen den Rest des Tages nach Süden!

Daß man sich nur selten auf Aussagen von Schwarzen verlassen kann wird mir in Ostafrika noch sehr häufig begegnen. Auch in Restaurants oder Bars bekommt man nicht immer das was man bestellte. Wie soll so ein Zusammenleben, überhaupt die ganze Wirtschaft funktionieren? Ein weißer Arbeitgeber wird immer überprüfen ob die Angaben stimmen, notfalls selbst die Arbeiten ausführen. Das wird bei einem schwarzen Arbeitgeber nicht unbedingt der Fall sein - und da wundern einen die desolaten Zustände in den Ländern hier nicht!
Doch über dieses Phänomen wurde schon vor mehr als hundert Jahren berichtet. Man solle sich hüten Fragen zu stellen die einfach mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden können - in der Regel wird einfach immer "Ja" gesagt...

Eine Feldbahn (600 mm Spurweite) kreuzt die Strasse, unweit davon ist Betrieb. Hier wird Zuckerrohr verladen, als ich Fotos mache betteln mich einige Arbeiter an. Die Loren werden teilweise mit Trailern heran gefahren und auf die Gleise abgesetzt, mittels Traktor bewegt bis die kleine Schöma-Lokomotive (Christoph Schöttler GmbH, Diepholz, Germany) erscheint. Erst drehen die Räder durch, doch dann zieht die Lok diesen langen Zug davon.

                                               

Einige Kilometer weiter dann die Zuckerfabrik, auch dort wiederholt sich die Bettelei einiger Arbeiter. Verdienen die hier so schlecht daß sie bei einfachen Reisenden schnorren müssen? Als ich frage wie der recht große Ort heißt wird geantwortet: das ist kein Ort, gehört alles zur Zuckerfabrik.

                 

Die Straße wird immer schlechter, geht in die berüchtigte gravel road über. Die Gegend bald recht ärmlich, die Dörfer bröckelnde Lehmhütten. Im Westen ein langer Höhenzug, im Osten das Nyumba ya Mungu Reservior. Viele kleine Siedlungen deren Namen keine Karte nennt. Fahre am Westufer des Sees entlang, in einem Dorf mache ich im Schatten eines Baumes Rast. Frage Mama Monika die gerade Wäsche macht ob sie mir ein paar Sachen mit durchspülen kann gegen einen kleinen Obulus. Ein Arzt schaut kurz vorbei, ich frage nach dem Namen der Ansiedlung - es klingt wie Ngorika Sea.

                                         

Will eigentlich direkt weiter nach Süden fahren, doch wird der erst breite Fahrweg von Kilometer zu Kilometer schmaler, ist irgendwann nur noch ein Trampelpfad. Überall Schlamm, irgendwann stehe ich dann auch noch vor einem hochwasserführenden Fluß, hier ist kein Übergang möglich. Immerhin sehe ich die erste Horde Affen auf meiner Tour.
Muß also alles wieder zurück. Nehme im Dorf erstmal zwei Bier, als ich sehe daß es auch etwas Warmes zu Essen gibt bestelle ich eine Portion. Es wird extra nochmal Feuer angefacht, schmurgelt eine Weile - dann bekomme ich einiges zentimeterlanges, grünliches, schlauchartiges mit trompetenförmigen Öffnungen, gummiartig, etwas nach Fleisch schmeckendes ich weiß nicht was. Es gibt eine aufgeschnittene Limette, Chili und Salz dazu, kaue ewig darauf herum - keine Ahnung was ich da eigentlich gegessen habe!

Nach einer Weile kommen mehrere Massai in traditioneller Kleidung samt Hirtenstöcken die sich teils sehr laut, teils flüsternd unterhalten, natürlich verstehe ich kein Wort. Bei mehreren ist das rechte Auge milchig trübe, im Dämmer der Kneipe komme ich mir zwischen den 12 oder 13 Männern vor wie unter den 40 Räubern...

Mache mich später auf den Weg zur Hauptstraße B1.

               

Treffe plötzlich nach langer Zeit auf einen Weißen, zufällig auch noch aus Deutschland. Jonas macht an einer Schule hier ein Volontariat, wir unterhalten uns eine Weile. Das Besondere an dieser Schule: hier wird nicht geschlagen! Frage ihn ob ich eventuell dort anderthalb Stunden rasten und meine Akkus laden könnte, doch ist ihm das sichtlich unangenehm - und ich fahre weiter.

Die Hauptstraße B1 ist eine sehr gut ausgebaute Asphaltstraße und es geht ganz gut voran - über Same nach Korogwe. In diesem Landesteil wird hauptsächlich Sisal angebaut.

                     

Südlich Same, abseits der Straße am Bahndamm wieder einmal mein ungestörtes Nachtlager. Die Straße B1 ist ist sehr gutem Zustand und nagelneu, wenig Verkehr und sicher mit dem Rad zu fahren, auch wenn manches Überholmanöver der Kraftfahrzeuge recht gewagt ist. Die Orte Nkwini, Sawemi, Hedaru, Chekereni, Gama.

         

An dieser Stelle hatte ich eigentlich die aktuellen tansanischen Geldscheine vorgestellt, doch ist eine Abbildung wohl verboten. Umrechnungskurs am 27. Januar 2016: 1 Euro = ca. 2.335 Shilling. Hatte in Moshi 350 Euro getauscht und war mit 817.250 Shilling fast Millionär.

Bahnstation Keringjiko, südlich von Same: (mehr Details zur Eisenbahn hier)

                 

             

Bahnstation Buiko, südlich Same: (mehr Details zur Eisenbahn hier)

Bis auf das Hauptgleis sind alle Gleise abgeräumt, alle Bahnanlagen außer Betrieb. Die Gebäude bewohnt, ich werde wieder mal angebettelt: "Give money!". Doch ich gebe den Spruch zurück: "Give me money!" - da sind sie still...

                                                                                                                                         

Die Orte Makayo, Mkomazi (östlich davon der Mkomazi National Park), Manga, Goha, Mkumbara.

                 

Bahnstation Mkumbara: (mehr Details zur Eisenbahn hier)

Bis auf das Hauptgleis sind auch hier alle Gleise abgeräumt, sämtliche Bahnanlagen außer Betrieb. Die Gebäude auch hier bewohnt.

                                 

Bahnstation südlich Mkomazi: (mehr Details zur Eisenbahn hier)

Diese Art von Station mit den typischen Häusern und ihrer Anordnung sieht man sehr häufig, offensichtlich handelt es sich hier um standardisierte Typenbauten aus der britischen Kolonialzeit.

   

In Mazinde nehme ich noch ein Abendbrot zu mir: chips & eggs. Neben mir lungert ein junger Mann der immerzu auf meinen Teller schielt, offensichtlich Hunger hat. Vom Betreiber der Garküche wird er weggejagt, doch kommt er wieder. Lasse etwas übrig und reiche ihm den Teller herüber, wort- und blicklos nimmt er ihn entgegen, als er aufgegessen hat entfernt er sich.
Mazinde hat auch eine Bahnstation, doch dunkelt es bereits und ich muß mich um einen Lagerplatz kümmern. Baue heute mein Zelt in einem Sisalfeld.

Heute ist der erste Februar. Schlief wieder ungestört in einem Sisalfeld, nur morgens kommen ein paar Leute von der Straße her neugierig an. Später ein Frühstück im "Liverpool Restaurant" wo ich einen Deutschen treffe der in der Gegend mit einem geliehenen Motorrad unterwegs ist.

           

Vor Mombo eine Polizeisperre, ich werde durch gewunken. Ich grüße freundlich - sie grüßen freundlich zurück.

Mombo, Bahnhof: (mehr Details zur Eisenbahn hier)

                                                                                     

                         

Im Archiv finden sich neben fünf alten, ausgemusterten Stempeln auch noch einige interessante Eisenbahn-Bücher. Das ganze Zeugs wird mein Reisegepäck und -Volumen um einiges erhöhen!

             

   

In Mombo treffe ich auch einen türkischen Tramper der nach dem Kongo unterwegs ist. Yussuf war bereits 5 Monate in Kenya unterwegs, ist gut drauf doch scheint er etwas desorientiert. Er spendiert eine Zigarette, fragt ob ich was zu kiffen habe - doch ist er da bei mir an der falschen Adresse. Allerdings kann ich ihm den Mann empfehlen den ich zuvor auf der Eisenbahnbrücke traf. Nun spult er die Litanei der angeblichen Vorteile von Marihuana ab, es heißt ja es soll Geist oder Bewußtsein erweitern. Doch wo nichts ist kann sich auch nichts erweitern! Der Mann mit dem Hut hört aufmerksam zu. Der Konsum ist, ich glaube auch in Tanzania "Dagga" (gesprochen: Dacha) genannt, soweit ich weiß illegal.

         

Mittlerweile nervt es daß überall die Kinder, sobald sie meiner ansichtig werden, "Mzungu" schreiend zur Straße gerannt kommen und meistens "money" verlangen.

Nächster Ort: Chekelei. Ich glaube in Makuyuni spricht mich eine junge Frau an die mich mit ihrem Mann bekannt machen möchte. Peter zählt als Missionar zu den Honoratioren der Gegend und weiß einiges zur Geschichte zu berichten. Neben einer Menge alter Geldscheine zeigt er die abgebildete Silbermünze. Empfielt in der katholischen Mission in Hale mich nach einem Nachtlager zu erkundigen.

       

Spätabends komme ich nach Korogwe, habe keine Lust im Dunkeln noch lange durch die unbekannte Stadt zu irren und nehme ein Hotelzimmer. Das Fahrrad kommt wie immer mit hinein.

Als ich am nächsten Tag die Feuerwehr fotografiere kommt sofort ein Uniformierter mit grimmem Gesicht, meint ich dürfe das nicht! Biete an das Bild zu löschen, das ist dann jedoch nicht nötig.

                                             

Korogwe, Bahnhof: (mehr Details zur Eisenbahn hier)

Auch hier wieder nur noch das Hauptgleis durchgehend. Der Sicherheitsangestellte macht ein finsteres Gesicht, der Bahnhofsvorsteher will einen US-Dollar, dann gibt es keine Probleme mehr.

                                                                                                                                             

Als ich am Abend nach Hale komme fällt mir ein daß einige Orte zuvor der Peter empfohlen hatte hier in der katholischen Mission nach einem Nachtquartier zu fragen. Fahre auf das Gelände, doch habe ich ein ungutes Bauchgefühl und fahre lieber weiter, kümmere mich nicht darum was eine Schwester und ein Mann noch rufen.

                 

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