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Burkhart Rüchel

NAMIBIA
2012

arche-foto.com

3 Wochen im Oktober

Seite VI

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Auf der D1353 nach Karibib, hier tanke ich und kaufe im Agra-Shop endlich eine neue Autobatterie. Die ist schnell eingebaut und ab jetzt wird das Starten kein Problem mehr sein. Karibib ist ein hübsches Kleinstädtchen, sauber u. adrett, ein paar alte Häuser aus der Kolonialzeit gibt es um den Bahnhof herum. Auf den Gleisen steht ein großer Reisezug ohne Lokomotive unter Strom mit laufender Klimaanlage, wer weiß wie lange der schon - oder noch - steht.
Die Christus-Kirche wurde von Gottlieb Redecker gebaut (einem Großonkel von Rainer Seifart), ebenso die Christus-Kirche in Windhoek, beide 1910 eingeweiht. Auch der "Tintenpalast" in Windhoek stammt von ihm.
Das kleine Museum ist geschlossen, es gibt eine Telefonnummer für Interessenten, es ist schon bald 18.00 Uhr und ich will noch etwas weiter kommen Richtung Waterberg.

                               

Die B2 nach Okahandja ist eine sehr gute Asphalt-Fernstraße allererster Güte, 2-spurig mit breitem Standstreifen, parallel dazu eine Eisenbahnstrecke. Es geht über das trockene Bett des Okakoara, fahre mit 110-115 Kilomerer per Stunde, 120 dürfte ich. Überquere das Rivier des Joachims, dann bei Albrechtshöhe den Albrechts. Gelegentlich ist an der Bahnlinie ein Haltepunkt zu sehen, leider nicht was auf den Stationsschildern steht. Ein Bahnhof oder Bahnsteig fehlt meist, nur gelegentlich mal ein Haus oder eine kleine Ansammlung von Hütten. Rechts von der Abendsonne schön zartgelb beleuchtet viele Termiten-Bauten (die sind des Innenklimas wegen alle nach Norden geneigt, daran kann man sich orientieren), spitzer als Zuckerhüte und 1-2 Meter hoch. Eine Horde Affen belagert den Straßenrand, habe die dunklen Flecken bei Tempo Hundert erst gar nicht erkannt. Und wieder viel verbranntes Land, oft durch Fahrlässigkeit verursachte Buschbrände. Es geht über die Riviere Okasise, Otjitundo, Otjikako, Onduobapa, Okanganga, Otsonbamba, Ikaruru. Etwa 30 km vor Okahandja wechselt die Landschaft in hügeliges, dichtes Buschland, ein paar Bäume dazwischen, mit gelegentlich herausragenden Felsen. Von der Straße aus sehe ich einen Sendemast, mache mal schnell das Telefon an und empfange prompt eine SMS von Jens-Uwe der mir seine Landung in Berlin bei Nieselregen mitteilte.
10 km vor Okahandja ist immmer noch keine Gelegenheit für einen Schlafplatz etwas abseits der Straße da die Farmzäune wieder bis ca. 20 m heranreichen. Veddersdal, benannt nach dem deutschen Missionar, Sprachforscher, Ethnologen und Historiker Heinrich Vedder ist ein Vorort von Okahandja, hier lebt nichtweißer Mittelstand, kurve dort bischen herum, macht einen guten Eindruck.

Okahandja liegt ebenfalls am Swakop, ich tanke hier wieder und erkunde mit dem Wagen den Ort, finde auf einem Freigelände neben der Friedenskirche - zwar eingezäunt doch das Tor ist offen - vis a vis der Rheinischen Missionskirche in der "Straße der Heroen" kurz nach Sieben einen Platz zum Hinstellen, es dämmert längst und ich hoffe die Anwohner nicht zu beunruhigen. Nach dem Abendbrot im Auto schicke ich Jens-Uwe noch eine SMS, bin schon recht müde 20.30 Uhr.

25.10.2012 Donnerstag
Morgens krähen hier die Hähne und so ist schon ab halb Sechs nicht mehr an Schlaf zu denken, noch andere Vögel machen Krach. So bin ich mit der Morgendämmerung schon wach. Auf dem Friedhof neben der Friedenskirche sind die Gräber einiger Chiefs der Herero. An der Rheinischen Missionskirche sehe ich mir die deutschen Kriegsgräber an, hier liegt sogar ein Werner Schenk Freiherr zu Stauffenberg (1878-1904) begraben.

Das ist hier wohl ein besseres Viertel mit teils sehr schmucken Einfamilienhäusern, auch wird hier noch einiges gebaut, es gibt sogar zweistöckige Häuser und recht große Anwesen. Vor der Friedenskirche warnt ein Schild vor Diebstahl - doch seien wir ehrlich: In Deutschland braucht man auch nicht lange warten wenn man Kamera oder Brieftasche im Auto sichtbar liegen läßt, da ist es ebenso sehr wahrscheinlich daß eingebrochen wird!
Morgens laufe ich etwas durch Okahandja, es gibt ein Hospital, ein "Ministry of work". Die Häuser sind natürlich entsprechend gesichert wenn auch nicht so bewehrt und stachelverdrahtet wie etwa in Windhoek. Sogar einige Gäste-Pensionen gibt es im Ort. Das nächste Mal werde ich mich sicher auch mal bei afrikanischen Gastgebern einquartieren.

         
                         

An der Hauptstraße an der auch der Bahnhof liegt gibt es ein Militärmuseum, im Außengelände steht ein wohl russischer Salvenwerfer und paar Kanonen. Frage an der Pforte den Wachhabenden ob man das Museum besichtigen kann, der geht mit mir einige Schritte bis zum Helden-Denkmal inmitten des Hofes, auf dem Sockel sitzt im Schatten lässig ein Offizier. Der Soldat macht Meldung und trägt mein Anliegen vor, der Offizier meint zu ihm nur: "not for public", schaut mich nicht einmal an. Na, ich mache auf dem Absatz kehrt und steige wieder in den Wagen.

Vor dem lokalen Agra-shop sprechen mich zwei junge Afrikaner an - ob ich Arbeit hätte, ich sage daß ich als Tourist unterwegs bin und keine Arbeit zu vergeben habe. Okahandja hat auch noch einen großen Sportplatz, einiges Handwerk, etwas Industrie. Sogar einen Wohnmobile-Verleih gibt es. Interessant wäre auch einmal das gesellschaftliche Leben hier kennen zu lernen, ein Reitturnier, eine Landwirtschaftsausstellung oder Messe zum Beispiel.

     

Im Bliss-Antikhandel gibt es ein paar interessante Ausstellungsstücke, ich trinke hier aber bloß einen Kaffee. Hinter dem Grundstück liegt sogar eine großen Reit- und Rennbahn.

                                               

So verlasse ich gehen halb Zehn Okahandja, suche die Straße D2170, frage einen am Rand stehenden Polizisten der mich ganz zurück zur Straße nach Windhoek schickt. Es geht über den Fluß Okahandja, finde auch den Abzweig zur D2102, ein Schild weist auf "construction in process" hin. Mittlerweile ist es bereits halb Elf, der Himmel voll weißer Wolken - ein Wolkenmeer. Es geht auf die Berge oberhalb Okahandjas und ich habe einen weiten Blick über die Stadt. An der Straße ein weißer Geländewagen mit drum herum stehenden Touristen, sie fotografieren den südöstlich Okahandjas gelegenen Stausee!

Interessant sind die hier an der Straße stehenden, natürlichen Felsmauern. Hinterher erfahre ich daß es hier ganz in der Nähe, an der Mordkuppe, am 23. August 1850 ein Massaker an einer Gruppe Herero mit deren Chief Kahitjene gab, angerichtet von den Oorlam-Nama unter Kaptein Jonker Afrikaner (Quellen: Carl Hugo Hahn: Tagebücher 1837-1860; Heinrich Vedder: Tagebuch 1850 / Gondwana History Bd. 1).

   

Am Abzweig zur D2170 ist die "Midgard guest farm" angezeigt, quere das Swakop-Tal, es geht ungefähr 85 km auf der Straße, dann links ab die D2166 nach Hochfeld und Otjosondu.
Einen Hirten der hier an der Straße seine Herde hütet frage ich ob er eine Zigarette mag (hatte ich mir in Okahandja extra gekauft um mal was anbieten zu können - Zigaretten als internationale Währung). Reiche ihm die Schachtel, er fragt wieviel - just one, er bekommt noch Feuer und ich düse weiter. Der Isuzu tut nun treu seinen Dienst, wenn es auch jedesmal ein Kraftakt ist mit einem Knüppel dieses Stahl-Gestell hochzuhebeln um an die untere Klappen-Verriegelung zu kommen, meine Hand passt gerade so durch den Spalt und ich hoffe daß der Ast nicht bricht, dann muß ich nur noch die Verriegelung gedreht kriegen um an Lebensmittel, Kocher und Wasserflaschen ran zu kommen.
Mittlerweise ist es sehr vegetationsreich mit dichtem Buschwerk und Bäumen dazwischen, ob man das hier schon als Wald bezeichnet? Am nächsten gate steht "Engadin", so heißt die recht große Farm über die ich jetzt fahre. Die nächste nennt sich "Schweizerland", am Wege wieder eine Horde Affen, bis ich angehalten und die defekte Teleoptik angesetzt und scharf gestellt habe sind die natürlich im Busch verschwunden. "Geduld" steht an der nächsten Farm, an der nächsten "Marggraff", biege auf die D2166 nach Norden ab. Von Verkehr kann man hier kaum sprechen, außer einem LKW ist mir bisher kein Fahrzeug begegnet.

     

Übrigens - wenn man sich hierzulande "Gutes Wetter" wünscht meint man damit Regen statt Sonnenschein. Hängt doch hier alles vom seltenen Regen ab, die gesamte Landwirtschaft, das Klima usw., gilt hier im doppelten Sinne: "Regen bringt Segen"!

In Hochfeld steht ein großer Sendemast, die kleine Tankstelle hat gerade Mittagspause, ein Stück weiter steht bei einer Autowerkstatt der Steyr-Pinzgauer. Dieser kleine Geländewagen kommt aus Reutlingen und ist gerade vakant nachdem der Besitzer vor zwei Jahren erkrankte, der Wagen wurde seinerzeit direkt vom Werk gekauft. Mit Fritz Metzger komme ich ins Gespräch und er zeigt mir ein Album mit sehr alten, hochwertigen Fotos aus der Kolonialzeit, weiß auch viele Geschichten zu erzählen. Er führt die Chronik seiner Familie und berichtet wie seine Vorfahren ins Land gekommen sind, das Land mit aufgebaut haben. Sein Urgroßvater kam 1906/07 nach Deutsch-Südwest, er holte bald seine Familie nach und war in der Landwirtschaft tätig.
Erst halb Drei komme ich weiter, nun hat auch die Tankstelle auf und der angeschlossene Laden wo ich neben anderem Briefmarken kaufe.

                     

Auf der C30 geht es nach Otjosondu. An dem havarierten LKW schrauben vier Männer, sehe mir die Sache an, mache paar Fotos, erfahre daß diese amerikanischen Freightliner-Trucks nicht den besten Ruf haben und gar nicht weit weg noch ein zweiter mit dem gleichen Defekt liegen geblieben ist. Zum Abschied hole ich für jeden eine Büchse Bier aus dem Auto.

       

In Otjosondu angelangt erkundige ich mich beim Werkschutz eines Bergbaubetriebes nach dem alten deutschen Friedhof der Schutztruppe, der fragt eine Gruppe Arbeiter die in einem Sammeltaxi, einem ausgedienten Ambulanz-Wagen, unterwegs sind. Einer der Männer bietet an mich da hin zu führen, das ist mir aber etwas suspekt zumal der nur Afrikaans spricht und ich auch nicht weiß wie er wieder zurück kommt, wortlos quetscht er sich wieder zu den anderen in den Kleinbus und weg sind sie. So fahre ich also allein weiter, frage bei der Groenewaldt-Farm nach dem Friedhof. Der ist gar nicht weit, etwas abseits der Straße, es gibt nicht mal ein Tor und ich steige durch den Zaun, nach etwa hundert Metern finde ich die eingehegte Anlage, sehe auch gleich das Grab eines (ganz entfernten) Verwandten: Marine-Assistenzarzt Franz Tiburtius (eigenartigerweise steht jedoch auf dem Grabstein Hermann), Sohn von Arzt und Schriftsteller Karl Tiburtius und seiner Frau Henriette Hirschfeld-Tiburtius (erste deutsche Zahnärztin), Neffe von Franziska Tiburtius (erste deutsche Ärztin). Im Buch des evangelischen Feldgeistlichen Max Schmidt: Aus unserem Kriegsleben in Südwest-Afrika, Verlag Edwin Runge, Berlin 1907 auf Seite 63 ist Dr. Tiburtius als Oberarzt angegeben. Franz Tiburtius starb am 5. Juli 1904 im Feldlazarett Otjosondu an Typhus. Der Grabstein ist ganz warm, lege einen kleinen Stein als Zeichen daß ich da war drauf. Viele Verwandte werden sich sicher nicht hierher verirrt und das Grab besucht haben. Mögen alle hier so fern der Heimat in Frieden ruhen...  

 

Außer dem Friedhof deutet nichts auf die Anlage eines Lazaretts hin, finde nur zwei oder drei Flaschenscherben, auch an der Wasserstelle sind keine Spuren zu finden.

         

Zur Groenewaldt-Farm kehre ich noch einmal zurück, vielleicht erfahre ich hier noch mehr über den Friedhof und die Ereignisse damals. Mit der Wirtschafterin unterhalte ich mich lange, sie ist seit 20 Jahren hier auf der Farm und erzählt daß die Herero bei ihrem Rückzug die Wasserstellen vergifteten und deshalb hier viele Soldaten starben.

Nun wird es auch schon wieder Zeit mich nach einem Schlafplatz umzusehen. Die Farmzäune lassen mich nicht von der Straße weg, alle gates sind abgeschlossen. Als ich eines der Tore in der Dämmerung probiere faucht mich vom Boden her etwas an - das ist eine cirka 1 Meter lange Schlange, beige mit leicht kupfrigem Schimmer und kleinen schwarzen Flecken an den Seiten. Bin natürlich froh und dankbar daß die mich auf diese Weise warnt, vorsichig weichen wir beide voreinander zurück. Schlangenbisse werden hier im Lande mindestens sehr unangenehm!

Auf der D2460 fahre ich noch ein Stück, finde einen kleinen Trampelpfad auf dem ich den Wagen ein paar Meter von der Straße hinter einigen Büschen vor dem Farmzaun abstelle.
Morgen geht es über Otjiwarongo zum Waterberg. Eigentlich wollte ich noch ins "Maisdreieck" nach Otavi, Tsumeb und Grootfontain, doch leider geht meine Zeit hier im Lande langsam zu Ende.

   

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